Euskirchens Wirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert


Von Ludwig Beutin


Der Großhandel


Einen beachtlichen Anteil am Wirtschaftsaufbau macht der Binnengroßhandel aus. Die Handelskammer Bonn verzeichnet gegenwärtig (Mitte 1952) in der Stadt 74 Firmen. Wie im Einzelhandel ist auch hier in den jüngsten Jahren eine starke Zunahme festzustellen, denn 1950 bestanden erst 59 Arbeitsstätten, die zum Großhandel gerechnet wurden. Das Schwergewicht liegt auf dem Gebiet der Ernährung in allen seinen Sparten vom Viehhandel bis zum Handel mit Genußmitteln; es stellt mit 40 Firmen (1952) mehr als die Hälfte, der Handel mit Lebens- und Genußmitteln allein 23. Der Handel mit Holz und Baustoffen beschäftigt 9 Firmen, der mit technischen Rohstoffen und Artikeln 16 Firmen.

Mit einem überschauenden Blick auf diese Bestandsaufnahme gesehen: es ist jene gesunde Verteilung zwischen Industrie, Handwerk, Handel festgehalten worden. Die sich in früheren zeiten herausgebildet hat. An keiner Stelle hat sich in ihr ein wirklich gefährlicher Punkt gezeigt. Man kann ohne Redensart sagen, daß der Aufbau dieser Stadt sich als ungemein widerstandsfähig erwiesen hat und daß er für die Zukunft günstige Prognosen bietet, wenn er in dieser Weise festgehalten wird. Dabei ist immer Voraussetzung, daß keine neuen politischen oder wirtschaftlichen Katastrophen eintreten. Es ist auch jener Kreise zu gedenken, die wirtschaftlich gesehen als reine Verbraucher auftreten, indem sie Dienst an Verkehr, Verwaltung, Erziehung leisten, Bahn, Post, Verwaltung, Unterrichts- und Gesundheitswesen stellen insgesamt Tausende von Verbrauchern, die für das Geben und Nehmen in der Wirtschaft bedeutsam sind.

Die Behörden auf der Kreisebene gliedern sich in

Kreisverwaltung
Arbeitsamt
Kulturamt
Katasteramt
Amtsgericht
Kreispolizei
Finanzamt
Zollamt

Auf der Ortsebene wirken

Stadtverwaltung
Städtische Sparkasse
Stadtwerke
Gasversorgung

Die in den Verwaltungen und Betrieben auf der Bundesebene (Bahn, Post), der des Kreises und der Stadt insgesamt Tätigen zählten 1950 rund 1.750 Personen. Daß diese Zweige des gesellschaftlichen Lebens in Euskirchen so lebhaft entfaltet sind, übt auf die Wirtschaft der Stadt einen zweifellos stark belebenden Einfluß aus. Man muß die Wirtschaft immer auch vom Verbrauch her ansehen, dann bekommt sie zuweilen überraschend neue Aspekte, neue Methoden des Verkaufs, der Werbung, neue Warengruppen führen sich ein.

Gerade in der heutigen Zeit mit ihren drängenden sozialen Problemen, deren wichtigstes doch immer das der Heimatvertriebenen bleibt, ist zu fragen, wie die Euskirchener Wirtschaft sich zu ihm verhält. Unter den 1950 arbeitenden rund 9.000 Menschen waren 682 Heimatvertriebene, davon 168 Frauen. Das sind 7,6 %. Eine recht stattliche Ziffer - doch gegen viele andere Gegenden in der Bundesrepublik steht sie weit zurück. Der Flüchtlingsstrom ist eben nicht so weit nach Westen gedrungen, und die bekannten Schwierigkeiten besonders in der Wohnungsbeschaffung haben die spätere Umsiedlung gehemmt, Verhältnismäßig arbeiten die meisten der Heimatvertriebenen in der Industrie, die 10 % unter den Beschäftigten zählte, und im Baugewerbe mit etwa 9 %.

Gegenüber der Zeit vor dem Kriege ist das Arbeitsleben viel dichter geworden, wie das der Zunahme der Bevölkerung entspricht. Es wird immer ein großartiger Eindruck bleiben, wie seit 1945 so viele Millionen Menschen an neuer Stelle in den Arbeitsprozeß eingegliedert worden sind; auch immer eine bedeutsame Erkenntnis, daß solche riesigen Vorgänge nicht nur Tatkraft, sondern auch Zeit und Geduld in ungewöhnlichem Maße erfordern. Sehen wir nur auf die Zahlen der im Kreis Euskirchen beschäftigten Arbeitnehmer: es waren




männliche


weibliche


Arbeit-nehmer


Juni




März

1938
1948
1949
1950
1951
1952


11.654
17.922
19.128
19.192
20.796
20.410


3.438
5.127
5.474
5.507
6.012
6.030


15.002
23.049
24.602
24,699
26.808
26.404











Das besagt, daß 1951 nicht viel weniger als die doppelte Zahl von Arbeitskräften im Kreis Euskirchen tätig war als 1938, in einer Zeit der vom Staat gelenkten Konjunktur. Das ist eine Leistung, auf die unsere Zeit stolz sein darf.

Wir haben dem freilich die Zahl der Erwerbslosen hinzuzufügen. Sie betrug im Kreis Euskirchen




männliche


weibliche




1948
1949

1950

1951

1952

Dez.
Aug.
Dez.
Aug.
Dez.
Aug.
Dez.
März


410
771
751
825
1.338
414
1.309
1.129


216
222
257
232
219
241
230
272


626
993
1.008
1.057
1.557
655
1.539
1.401











Schon in diesem kleinen Ausschnitt zeigt sich die wichtige Tatsache, daß die Zahlen der Beschäftigten und der Erwerbslosen sich nicht in entsprechender Relation vermehren und vermindern. Von 1950 auf 1951 z.B. stieg die Zahl der ersteren weit stärker an als diese sich minderte. Die mannigfachen Probleme dieser Lage können hier nur angedeutet werden.


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Entnommen: „650 Jahre - Stadt Euskirchen, 1302 - 1952, Festschrift zum Stadtjubiläum, 1952, Euskirchen


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