Auszug aus den stenografischen Berichten des Hauses der Abgeordneten








Sitzung vom 30. Januar 1868.

(Fortsetzung)

Präsident: Es ist von vier Seiten der Schluß der General=Diskussion beantragt von den Herren Abgeordneten Richter, v. Roebel, Drakich und v. Eichhorn. Auf der Rednerliste ist noch eingetragen der Herr Abgeordnete v. Guèrard.

Ich ersuche diejenigen Herren, welche dem Antrag auf Schluß unterstützen wollen, aufzustehen.

(Geschieht).

Die Unterstützung reicht aus. Ich habe die Rednerliste bereits mitgetheilt.

Ich bitte nunmehr diejenigen Herren, welche den Schluß der Generaldiskussion beschließen wollen, aufzustehen.

(Geschieht)

Das ist die große Majorität. Die General=Diskussion ist geschlossen. Ich ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort.

Berichterstatter Abgeordneter Dr. Hammacher: Meine Herren! Ich habe mich nur mit wenigen Worten gegen das von dem Herrn Abgeordneten Förster eingebrachte Amendement auszusprechen. Wie Sie aus dem gedruckten Berichte ersehen, lagen bereits ähnliche Anträge den vereinigten Kommissionen vor, und haben dieselben keine genügende Unterstützung gefunden. Sie sind vielmehr, wenn ich nicht irre, mit sämmtlichen gegen zwei Stimmen abgelehnt worden.

Meine Herren! Durch den vorliegenden Gesetz=Entwurf wird die Uebernahme vermehrter Lasten durch die Steuerzahler Seitens der Königlichen Staats=Regierung verlangt: Es wäre aber, wie mir scheint, vollständig unerhört in der Ausübung des Finanzrechtes durch eine Volksvertretung wenn, ohne daß Seitens der Staats=Regierung die Uebernahme weiterer Verpflichtungen verlangt würde, aus einer spontanen Willensregung eines einzelnen Mitgliedes des Hauses heraus eine Vermehrung dieser dem Lande angesonnenen Finanzlasten hervorginge. Als im Schooße der vereinigten Kommissionen die Aufmerksamkeit auf denselben Gegenstand gelenkt wurde, erklärte der Herr Vertreter des Finanz=Ministeriums, daß auch Seitens des Finanz=Ministeriums nicht die Neigung bestände, die fragliche Anträge regierungsseitig zu befürworten.

Es ist hiernach sonnenklar, daß unter solchen Umständen die Möglichkeit fehlt, derartigen Amendements, wie das Förster'sche ist, die Zustimmung zu ertheilen. Würde sich bei der Ausführung ergeben, daß die Nothstände, die der Herr Abgeordnete Förster hier entwickelt hat, wirklich vorliegen, und daß sich die Kreise in der Unmöglichkeit befinden, die von ihnen vertragsmäßig übernommenen Verbindlichkeiten zu erfüllen, dann, meine Herren, würde es Sache der Verhandlung zwischen den Interessenten und der Königlichen Regierung sein, ob und wie man die Wirkungen der Verträge aufheben könnte. Jetzt erscheint selbst die Erwägung gegenstandslos, da die genügende Information fehlt.

Ich muß sodann mit zwei Worten auf die Resolution kommen, die die vereinigten Kommissionen Ihrer Annahme empfehlen. Die Resolution geht dahin:

„die dringende Erwartung auszusprechen, die Königliche Staats=Regierung werde die Rheinische Eisenbahngesellschaft mit allen ihr zu Gebote stehenden gesetzlichen und vertragsmäßigen Mitteln dazu anhalten, nicht nur die Trier=Caller, sondern auch die Euskirchen=Brühler resp. Sechtemer Eisenbahn schleunigst in Angriff zu nehmen und sobald als möglich zu vollenden.“

Veranlassung zu dieser Resolution hat die von mehreren Seiten hervorgehobene Befürchtung gegeben, daß es der Rheinischen Eisenbahngesellschaft in Wirklichkeit mit der Ausführung des Trier=Caller Unternehmens nicht Ernst sei, daß es der Rhein. Eisenbahngesellschaft gelingen möge, ebenso wie seit dem Abschluß des ersten Vertrages, auch jetzt die Vollendung des Unternehmens hinauszuschieben. In dieser Richtung haben zwar die vom Vertreter der Königlichen Staatsregierung abgegebenen Erklärungen den Mitgliedern der beiden Kommissionen volle Beruhigung gegebenes schien aber von Bedeutung zu sein, daß die Staatsregierung in ihrer Absicht, die Rheinische Eisenbahngesellschaft anzuhalten, daß sie die Linie möglichst bald ausführe, von der Landesvertretung unterstützt werde. Zu diesem Zwecke wird die Staatsregierung geradenwegs dazu aufgefordert, mit allen gesetzlichen und vertragsmäßigen Mitteln die Rheinische Eisenbahngesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten anzuhalten. Meine Herren! Das gesetzliche Mittel, welches der Staatsregierung zusteht, findet sich in §. 21 des Gesetzes über Eisenbahn=Unternehmen vom 3. November 1838; und da von der einen oder der andern Seite des Hauses Bedenken obwalten mögen, ob dasselbe ausreichend sei, wenn es Seitens der Staats=Regierung zur Anwendung gebracht wird, so werde ich mir erlauben, den Paragraphen zu verlesen. Er lautet:

Das Handelsministerium wird die Fristen bestimmen, in welchen die Bahnanlage fortschreiten und vollendet werden soll, und kann für deren Einhaltung sich Bürgschaften stellen lassen. Im Fall der Nichtvollendung binnen der bestimmten Zeit, darf die Staatsregierung die Anlage so, wie sie liegt für Rechnung der Gesellschaft unter der Bedingung zur öffentlichen Versteigerung bringe, daß dieselbe von den Ankäufern ausgeführt werde.

Meine Herren! Das ist die allgemeine gesetzliche Vorschrift, die, wie mir scheint, vollkommen genügend ist, und der Regierung eine hinlängliche Handhabe gewährt, um darüber zu wachen, daß die mit der Ausführung von Eisenbahnen Konzessionierten auch von der Konzession Gebrauch machen und die konzessionirte Anlage ausführen.

Weiter sind aber im Hauptvertrag, um dessen Modifikation es sich im gegenwärtigen Falle handelt, spezielle Sicherungsvorschriften getroffen, namentlich ist im §. 7 vereinbart, daß, wenn die Rheinische Eisenbahn=Gesellschaft auf Aufforderung der Staats=Regierung den Bau nicht binnen einem Jahre beginnt und ununterbrochen fortsetzt, die Königliche Staats=Regierung das Recht hat, der Rheinischen Eisenbahn=Gesellschaft die Konzession zu entziehen, und den Theil der Bahn, welchen die Rheinische Eisenbahn=Gesellschaft bereits ausgeführt hat, mit Genehmigung der Häuser des Landtags für Staatsrechnung zu übernehmen. Aus diesen Gründen empfehle ich Ihnen neben der Annahme der Regierungsvorlage auch die Annahm der von der Kommission Ihnen vorgelegten Resolution.

(Schluß folgt.)








Quelle: Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden vom 21. Februar 1868
Archiv: Anton Könen Mechernich









Sammlung Anton Könen, Mechernich

- Die Euskirchener Kreisbahn
- Volkswirtschaftl. Artikel, Aufbau der Rheinischen Bahn, Verstaatlichung und Eifelbahn 1853 - 1875
- Die Rheinische Bahn - Bekanntmachungen und kleine Artikel von 1846 - 1933
- Inserate rund um die Rheinische Bahn und Eifelbahn 1865 - 1922
- Bau der Strecke Düren - Euskirchen - Call - Schleiden - Hellenthal 1867 - 1914
- Weiterführung in die Eifel und Weiterführung nach Münstereifel betreffend
- Französische Besatzungszeit und Artikel 30er Jahre
- 40er Jahre und Artikel der Nachkriegsjahre
- 50er und 60er Jahre, Artikel der 70er Jahre bis 2004

Zur allgemeinen Wisoveg-Sammlung rund um Wirtschaft und Verkehr im Kreise Euskirchen und der Eifel - aus Heimatkalendern, Zeitungen und Büchern.

© Copyright wisoveg.de