Für die Oleftalbahn ist der Nationalpark ein echter Glücksfall
von F. A. Heinen








Zugverkehr auf der Strecke rechnet sich

Zwei private Eisenbahnunternehmen stehen Gewehr bei Fuß, aber die Zeit läuft ihnen davon.

Gemünd - Ende der 90er Jahre lagen vier Gutachten auf dem Tisch, die belegten, dass sich die Reaktivierung der Oleftalbahn bis nach Hellenthal rechnen würde. Inzwischen haben sich dank des Nationalparks die Rahmenbedingungen weiter verbessert. Zwei Eisenbahnunternehmen stehen in den Startlöchern, um den Regelverkehr anzubieten. Tatsächlich rollt der Zug - fünft Jahre nach dem Kreistagsbeschluss zur Reaktivierung - aber nur von Kall bis Gemünd. Und auch das nur sonntags. Das Teilstück bis Schleiden liegt ungenutzt, der Rest bis nach Hellenthal gleicht einer Birkenplantage.

Am Dienstagabend versuchte die Bahn- und Bus-Initiative Schleidener Tal (BuBi) mit einer von Jürgen Gräper moderierten Podiumsdiskussion in Gemünd der Frage nachzugehen, woran die Reaktivierung gescheitert ist. Obwohl einige Plätze auf dem Podium wegen der allzu kurzfristigen Einladung leer blieben, wurde bald deutlich, dass es offenbar beim Kreis Euskirchen gehakt hat. Ebenso deutlich wiesen die Experten darauf hin, dass es fünf vor zwölf für die Oleftalbahn ist: Wenn jetzt nicht ganz schnell etwas angeschoben werde, sei der Zug abgefahren und das Schleidener Tal bahntechnisch endgültig im Abseits.

Landrat Günter Rosenke erklärte, die Kreisverwaltung setze „alles daran, den Reaktivierungsbeschluss umzusetzen“. Er schob dem Land Schuld in die Schuhe, weil es angeblich nur für jeweils ein Jahr Fördermittel für die Betriebskosten zusage. Nötig sei aber für ein Eisenbahnunternehmen eine Planungssicherheit von 15 Jahren. Daher fehle ein Eisenbahnunternehmen, das die Strecke betreibe. Der Kauf der Strecke sei bisher am Preis an den hohen Kosten im Rahmen der „Verkehrssicherungspflicht“ gescheitert. Weiter sagte der Landrat, dass der Kreis kein eigenes Geld in die Hand nehmen werde, um die Trasse zu kaufen. Das müsse schließlich von allen Kommunen gemeinsam über die ÖPNV-Umlage finanziert werden.

Winfried Hergarten (SPD) hatte bei der Landesregierung die Information bekommen, dass die Fördermittel für die Ertüchtigung der 17 Kilometer langen Strecke drei Jahre lang im Landeshaushalt bereitgestellt waren, aber nicht abgerufen wurden.

Währenddessen verhandelte der Kreis ergebnislos mit der Bahn wegen des Trassenkaufs. Beim Stand von 300000 Euro ließ der Kreis die Verhandlungen einschlafen.

Gisela Neveling, die Vorsitzende der BuBi, wies unter Berufung auf Gutachten darauf hin, dass sich der Bahnbetrieb früher „gerechnet“ hätte, obwohl man da nur vom Betrieb unter der Woche ausgegangen sei. Nachdem nun der Nationalpark-Verkehr am Wochenende hinzukomme, rechne sich der Betrieb umso mehr.

Das Land wollte laut Neveling im Jahr 2001 eine Pilotförderung von 15 Millionen Mark für die Strecke zahlen. „Da hätte man nur hinterher sein müssen, um es zu realisieren. Das ist nachher kaputtverhandelt worden.“ Der Geschäftsführer der Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) Rainer Bohnet, sagte: „Die DB Netz hat für Kall-Schleiden ein Stilllegungsverfahren ausgerechnet in dem Moment eingeleitet, wo hier die Post abgeht.“ Für die Bahn rechne sich diese Nebenstrecke vielleicht nicht. Aber kleine Unternehmen wie die RSE hätten keinen „Wasserkopf“. Inzwischen habe die Bahn allen Interessenten ein Übernahmeangebot unterbreitet - die RSE und die Rurtalbahn säßen als Partner mit in der Verhandlungsrunde. Die Idealvorstellung wäre laut Bohnet, dass der Kreis die Trasse kaufe und ein Unternehmen mit dem Fahrbetrieb beauftrage. Die Preisvorstellungen der Bahn bezeichnete Bohnet als „nicht utopisch“.



RSE-Geschäftsführer Rainer Bohnet

BuBi-Vorsitzende
Gisela Neveling



Den Nationalpark nannte Bohnet einen „reinen Glücksfall“ für die Strecke. Er rief dazu auf, den Zug auf jeden Fall bis Schleiden rollen zu lassen. Genau das hatten RSE und Rurtalbahn Anfang des Jahres dem Kreis angeboten. Das Angebot der beiden Bahnunternehmen liege auf dem Tisch, so Bohnet. Ziel der Unternehmen sei ein regelmäßiger Verkehr bis Hellenthal: „Die Strecke hat nicht nur Potential, sondern auch eine große Chance.“ Bohnet wünschte sich, dass von der Veranstaltung der Ruf „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ nach draußen gehe.

Für den reinen Tourismus-Betrieb, der jetzt bis Oktober 2005 sonntags stattfindet, benötigten die Bahnunternehmen überhaupt keinen Zuschuss. Bohnet mahnte zur Eile: „Pausenlos auf Zeit spielen hilft im Zweifel nicht weiter. An den Unternehmen hakt es nicht.“

Thomas Mager, der vor zehn Jahren den ÖPNV für den Euskirchener Stadtverkehr aufbaute, legte dar, welche Rahmenbedingungen für die Reaktivierung erforderlich seien. Er nannte die drei großen „M“: „Macht, Moneten und Marketing“. Mager betonte, dass nicht nur der politische Wille zur Reaktivierung nötig sei, sondern auch die Bereitstellung von Geld und eine aggressive Werbung.






OLEFTALBAHN

Lachhaft

Die Fakten liegen auf dem Tisch: Die Reaktivierung der Oleftalbahn rechnet sich. Zwei Eisenbahnunternehmen wollen den Betrieb übernehmen. Der Kreistag hat sich einst für die Wiederinbetriebnahme ausgesprochen. Nun soll der große Wurf am Kaufpreis von 300000 Euro scheitern? Das darf nicht wahr sein.

Auch die vom Kreis angeführte angeblich teure „Verkehrssicherungspflicht“ für die Strecke kann nicht ernsthaft das Hindernis sein. Zur Erinnerung: Der Kreisbauhof schafft es leicht, den elf Kilometer langen Radweg an der Urfttalsperre im Truppenübungsplatz zweimal pro Woche komplett zu überprüfen und in Schuss zu halten. Die „Verkehrssicherung“ einer derzeit nicht befahrenen Bahnstrecke dürfte für dieses Team kein Problem sein.

Der Kreis baut für Millionen einen Radweg nach dem anderen, jeder Kreisverkehr ist teurer als der Kauf der Oleftalbahn. 300000 Euro sind in diesem Zusammenhang „Peanuts“, da kann der Landrat argumentieren, wie er will.

Die Diskussion in Gemünd machte auch deutlich, dass es offenbar ein Informationsdefizit gibt. So behauptete Rosenke, dass er in Düsseldorf auf seine Fragen andere Antworten bekommen habe als die Bus- und Bahn-Initiative. Die wiederum glaubt belegen zu können, dass der Kreis die falschen Fragen gestellt hat, statt das auf dem Tisch liegende Geld für die Reaktivierung anzufordern.

Es wäre wohl sinnvoll, wenn sich der beim Kreis für die Bahn zuständige Geschäftsbereichsleiter Franz Unterstetter und die BuBi-Aktivisten mal an einen Tisch setzten. Vielleicht sollte man auch mal nach Düsseldorf fahren und fragen, was denn jetzt überhaupt noch gilt von den früheren Förderzusagen des Landes.

Der jetzige, auf zwei Jahre begrenzte Touristenverkehr an Sonntagen kann ja wohl bestenfalls in Wahlkampfzeiten als „Reaktivierung“ bezeichnet werden. Wenn tatsächlich gewollt ist, dass Millionen Menschen jährlich den Nationalpark besuchen, kann man nicht die Bahnstrecke, die gleichsam vor der Haustür liegt, einfach verrotten lassen. Das ist nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich unsinnig. Wenigstens ein Teil des zu erwartenden Verkehrs kann über die Schiene statt über die Straße abgewickelt werden.

F. A. Heinen






Die Frist läuft bald ab

Das Teilstück Schleiden-Hellenthal der Oleftalbahn hat keinen Bestandsschutz mehr, nachdem der so genannte „Trassensicherungsvertrag“ des Landes nach mehrmaliger Verlängerung zum Jahreswechsel ausgelaufen ist. Die Strecke ist damit bereits formal stillgelegt.

Das Stilllegungsverfahren für das Teilstück Kall-Schleiden läuft am 23. Juli aus. Wenn sich bis dahin kein belastbarer Übernahmebeschluss abzeichnet, muss das Eisenbahnbundesamt dem Stilllegungswunsch der DB Netz zustimmen. Ähnlich sieht das bei der Bördebahn zwischen Zülpich und Euskirchen aus. Für diesen Streckenabschnitt ist die Frist für das Stilllegungsverfahren bereits am 26. Juni abgelaufen.

Das bedeutet zwar nicht, dass die Bahn die Gleise in den nächsten Monaten abreißen wird, aber die formelle Reaktivierung wird erschwert, wenn das Eisenbahnbundesamt der offiziellen Stilllegung zustimmt.

(fa)








Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger vom 15. Juli 2004
Archiv: Anton Könen Mechernich









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- Die Euskirchener Kreisbahn
- Volkswirtschaftl. Artikel, Aufbau der Rheinischen Bahn, Verstaatlichung und Eifelbahn 1853 - 1875
- Die Rheinische Bahn - Bekanntmachungen und kleine Artikel von 1846 - 1933
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