Die goldenen Zeiten der Eisenbahn im Ahrtal sind längst vorbei
Heute passieren noch täglich 250 Fahrgäste den Bahnhof 'Wald'








Bis die Schienen verlegt wurden, kannten Eifeler Beamte nur vom Hören

Blankenheim Wald. (ro) Der Bahnhof Blankenheim Wald an der Eisenbahnlinie Köln-Trier wurde in den Jahren 1873-1875 erbaut. Kurz vorher war das Teilstück von Kall bis Gerolstein Betrieb genommen worden. Damit war eine durchgehende Verbindung von Köln nach Trier durch die Eifel geschaffen. Neben der Straße war dies für die damalige Zeit die schnellste Verkehrslinie, die für die Eifel von großer Bedeutung war.

Die Eifel, die damals schon zu den „Notstandsgebieten“ des Deutschen Reiches zählte, hatte den Anschluß an die bestehenden Eisenbahnen gefunden. Mit dieser Erschließung durch die Eisenbahn begann ein neues Zeitalter. Die Erwerbsmöglichkeiten stiegen, und viele Bürger fanden neue Arbeitsplätze bei der Eisenbahn. Es war damals eine Ehre, bei einem Staatsunternehmen wie Bahn oder Post zu arbeiten. Der bis dahin unbekannte „Beamte“ wurde für viele Arbeiter Wirklichkeit.

Mit der Eisenbahn begann auch die Industrialisierung im näheren und weiteren Umkreis. Sägewerke, Kalkwerke und sonstige Betriebe begannen ihre Tätigkeiten. Die Transporte erfolgten alle über die Schiene. Schon bald machte sich die Erschließung durch die Eisenbahn bemerkbar. Die wirtschaftliche schlechte „Lage“ wurde wesentlich verbessert. Für viele Personen war die Möglichkeit gegeben, mit der Eisenbahn die benachbarten Großstädte zu besuchen. Handel und Wandel blühten erneut auf.

In den Nachkriegsjahren wurde die Ahrstrecke wieder aufgebaut. Der Personenverkehr wurde aber von Bussen durchgeführt, die über die einzelnen Ortschaften bis zum Bahnhof nach Blankenheim Wald fuhren. Der Personenverkehr wurde deshalb nur bis Mülheim aufgenommen, doch wenig später ganz aufgehoben. Auch beim Güterverkehr zeigte sich eine rückläufige Entwicklung. Im Jahre 1960 wurde die gesamte Nebenstrecke stillgelegt. Nur ein Teilstück bis Blankenheim wird, als „Industriestammgleis“, noch befahren.

Die Eisenbahnzeit für den Oberahrbezirk war damit verhältnismäßig kurz. Von 1913 bis 1960, genau 47 Jahre, befuhr die Eisenbahn das romantische Oberahrtal. Dann trat an ihre Stelle der Pkw, Lkw und Omnibus. Der Bahnhof selbst erhielt 1962 ein modernes Gleisbildstellwerk, wodurch die anderen Betriebsstellen überflüssig wurden. Hierdurch bedingt, trat eine Personalverminderung ein. Zur Zeit sind etwa 8 Bedienstete beim Bahnhof beschäftigt. Die Bahnmeisterei unterhält etwa 35 bis 40 Bedienstete.

Im Zuge dieser Entwicklung ging man daran, von Blankenheim Wald eine neue Verbindung durch das Ahrtal nach Ahrdorf zu bauen, um dort weiter über Dümpelfeld nach Remagen zu gelangen. 1913 wurde die Ahrbahn in Betrieb genommen. Hiermit war eine Lücke geschlossen. Man konnte jetzt durch das Ahrtal an den Rhein gelangen.

Diese Eisenbahn hatte aber in erster Linie eine strategische Bedeutung. Im Falle eines Krieges konnte man auf schnellstem Wege Truppen und Material an die Westgrenze bringen. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges bestätigte diese Annahme. Einige Zahlen mögen als Vergleich dienen. Damals waren ungefähr 150 Beamte und Arbeiter im Dienst der damaligen Eisenbahn an der Ahr. Bei Kriegsende stand die Eisenbahn vor nahezu unlösbaren Aufgaben. Die Kriegslasten hemmten den gesamten Betrieb. Entlassungen waren an der Tagesordnung. Die allgemeine wirtschaftliche Lage tat ein übriges. Die Rheinbesetzung durch französische Soldaten hatte einen „Regiebetrieb“ zur Folge. Alle Eisenbahner, die sich den Befehlen der Militärverwaltung widersetzten, mußten innerhalb kürzester Zeit das besetzte Gebiet verlassen.

In den Jahren 1923 und 1924 traten weitere Umwälzungen im Bereich der Eisenbahn ein. Die bis dahin handgebremsten Züge wurden durch automatische Bremsen ersetzt. Ein großer Teil der „Bremser“ verlor seine Tätigkeit. Die Sicherungsanlagen wurden weiter verbessert. 1924 wurde die Reichsbahn eine AG. Weiterer Personalabbau war die Folge. Die Weltwirtschaftskrise zeigte sich überall.

Erst in den Jahren von 1936 bis 1937 begann eine Wiederbelebung des Eisenbahnwesens. Hinzu trat aber jetzt schon der Kraftwagen. Mit dem Bau der Autobahnen trat die Eisenbahn in den wirklichen Wettbewerb mit dem Kraftwagen, hinzu kam noch die Binnenschiffahrt.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges stellte die Eisenbahn nochmals vor große Aufgaben. Das Ende des Krieges sah eine zerstörte Eisenbahn. Mit größter Ausdauer und Fleiß begann man mit dem Aufbau der zerstörten Eisenbahn. Damals war es nur die Eisenbahn, die für viele Menschen Lebensretter und Retter in höchster Not war. Man kann sich die Zeiten kaum noch vorstellen, in denen als einziges Verkehrsunternehmen die Eisenbahn bei der damaligen Währung alle Pensionen beförderte ohne „Kompensationen“ dafür zu verlangen.

Mit dem wirtschaftlichen Aufstieg begann für die Eisenbahn eine andere Zeit. Im Zuge der Motorisierung verlor die Eisenbahn im Nah- und Bezirksverkehr ihr Verkehrsmonopol. Der verstärkte Ausbau von Autostraßen begünstigte den Kraftwagen erheblich. Ein großer Teil der Güter, die vorher mit der Eisenbahn befördert wurden, gingen auf den Lkw über. Neben der beförderten Gütermenge ging die Personenzahl auch zurück. Die Eisenbahnen (nicht allein in unserem Lande) befinden sich seit längerer Zeit in einem scharfen Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern.

Einige Daten im Reisezugverkehr mögen zeigen, das der Bahnhof für das Hinterland von großer Bedeutung ist. Etwa 25 Personenzüge und zwei Eilzüge in beiden Richtungen sorgen täglich für gute Verbindungen zu den benachbarten Städten. Der Schülerverkehr nimmt mit etwa 80 Schülern einen eigenen Platz ein. Der Berufsverkehr nimmt durch die ständige Zunahme von Pkw weiter ab. Durchschnittlich am Tage passieren etwa 250 Personen den Bahnhof.








Quelle: Kölnische Rundschau vom 26. August 1966
Archiv: Anton Könen Mechernich









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