50 Jahre Reichsbahn=Bahnbetriebswerk Euskirchen








Im Jahre 1891 wurde die bis dahin bestehende Lokomotivstation Euskirchen zu einer selbständigen Betriebswerkmeisterei ausgebaut. „Somit kann mit vollem Recht das heutige Reichsbahn=Bahnbetriebswerk Euskirchen in diesem Jahre auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken; auf ein 50jähriges pausenloses Schaffen und Werken, das durch die Eigenart des Eisenbahnbetriebes nie, selbst an hohen Festtagen nicht, unterbrochen wurde“. So heißt es in einer aus diesem Anlaß erschienenen Festschrift, bis in jeder Hinsicht zu dem Besten gehört, was auf diesem Gebiete in unserer an denkwürdigen Jubiläen wahrlich reichen Vaterstadt Euskirchen bisher geboten wurde.

Zu dieser Festschrift hat Werner Küster, Lokomotivführer beim Bahnbetriebswerk Euskirchen, einen geschichtlichen Rückblick beigesteuert, der nach einer ausgezeichneten Zusammenfassung der Geschichte unserer Stadt die Entstehung und die Entwicklung des Jubilarwerkes in fesselnder Darstellung schildert. Aus kleinen Anfängen ist das Werk hervorgegangen: „Mit der Leistung der neuen Dienststelle wurde der Werkmeister Karl Priesmeyer betraut. Es waren bei der Gründung vier Tenderlokomotiven, zweifach gekuppelt, vorhanden und die Belegschaft bestand außer dem Dienststellenleiter und vier Lokomotivpersonalen aus acht Köpfen. An Gebäuden waren vorhanden der Langschuppen mit Wasserturm, in dessen unteren Räumen und daran anschließend sich die Werkstätten befanden, der Wagenschuppen und das vor einigen Jahren abgebrochene Magazin. Zwischen demselben und dem Langschuppen lag die kleine, von der Hand angetriebene Drehscheibe und in deren Nähe die Kohlenbansen. Bekohlt wurden die Lokomotiven mittels Kohlenkörben, die auf einer breiten Treppe hochgetragen und in den Tender gekippt wurden. Vor jeder Einfahrt am Langschuppen befand sich ein kleiner Kanal, auf dem man das Feuerreinigen der Lokomotiven vornahm. Auch die Einrichtung der Werkstätte war eine sehr primitive. Eine handgetriebene Bohrmaschine sowie ein Schmiedefeuer mit Blasebalg waren die einzigen maschinellen Anlagen. Im Anschluß an die Werkstätte befand sich das kleine Büro des Dienststellenleiters, damals Werkmeister betitelt. Bei dieser Belegschaft mußte jeder Einzelne sehr vielseitig sein, den an eine Spezialisierung war nicht zu denken. So mußte auch der Dienststellenleiter mehrere Aemter in seiner Person vereinigen. An sanitären Einrichtungen, wie Wasch= und Baderäume war natürlich nichts vorhanden. Die Kleiderschränke standen im Lokomotivschuppen und daselbst wurde sich in Eimern gewaschen.

Die Entwicklung des Werkes unter den elf Nachfolgern Priesmeyers bis zu seiner heutigen Bedeutung wird dann in lebendiger Darstellung geschildert. Seit Ende 1937 steht dem Werk als Dreizehnter in der Reihe der technische Reichsbahninspektor Josef Hecker vor, der am 20. April 1939 zum technischen Reichsbahn=Oberinspektor befördert wurde. Wir heben aus dem Berichte namentlich hervor, was über die Leistungen des Werkes im Weltkriege gesagt wird, und als besonderes Ruhmesblatt die Erinnerung an das Jahr des Ruhrkampfes 1923: „Immer unerträglicher wurden die Eingriffe der Besatzung, und als die Franzosen zur Besetzung des Ruhrgebietes schritten, antworteten die rheinischen Eisenbahner mit dem passiven Widerstand. Als aufrechte Deutsche verließ auch die gesamte Belegschaft des Bahnbetriebswerkes Euskirchen restlos ihre Arbeitsstätte. Der Vorstand des Maschinenamts Euskirchen, Reichsbahnrat Egenolf, sowie der technische Beamte des Amtes, Jakob Dahmen, wurden von den Franzosen verhaftet und drei Monate lang in Haft behalten. Der wiederholten Aufforderung der Franzosen zur Wiederaufnahme der Arbeit wurde nicht Folge geleistet, wodurch dann die Besatzung am 6. Mai 1923 mit der Ausweisung der Eisenbahner begann. Fast die gesamte Belegschaft, sowie sie in Euskirchen wohnte, mußte mit ihren Frauen und Kindern Haus und Hof verlassen“.

Auch der Bau des Westwalles erforderte von der Dienststelle Euskirchen ein Höchstmaß von Leistungen, das durch die Verleihung von 47 Westwall=Ehrenzeichen an die Gefolgschaft des Bahnbetriebswerkes Euskirchen anerkannt wurde. Im jetzigen Kriege, der das Werk erneut vor großer Aufgaben stellte, hat ein Mitglieder der Gefolgschaft, Peter Decker, seine Treue für Führer, Volk und Vaterland mit dem Heldentod besiegelt. Ihm und den weiteren Kameraden, deren Leben der Krieg noch erfordern sollte, hat der Betriebsführer mit seiner Gefolgschaft als erstes im Bezirk der Reichsbahndirektion Köln, vielleicht der ganzen Deutschen Reichsbahn, ein würdiges Ehrenmal errichtet. In den gesamten Betriebsverhältnissen sind im Laufe der Zeit, namentlich in den letzten Jahren, soviel Verbesserungen geschaffen worden, daß dem Werke bei einer Beteiligung am Leistungskampf der Betriebe 1940-41 eine Leistungsurkunde verliehen und am 24. Mai 1941 in einer Feierstunde der DAF dem Betriebsführer durch den Kreisleiter der NSDAP Pg. Köppe, feierlich überreicht wurde. Der Bericht schließt mit einem Gelöbnis treuer Pflichterfüllung „jetzt und zu allen Zeiten, für unsern großen Führer, für unsere Reichsbahnverwaltung und nicht zuletzt für unser schönes geliebtes Vaterland, Großdeutschland!“

Die auch drucktechnisch höchsten Anforderungen genügende Festschrift ist geschmückt mit den Bildern des Führers, des Präsidenten der Reichsbahndirektion Köln Dr. Ing. Remy, der sonstigen Vorgesetzten innerhalb der Reichsbahndirektion, der dreizehn Dienststellenleiter des Jubilarwerkes, des Kreisleiters Köppe und des Kreisobmannes der DAF Becker, ferner mehreren vorzüglichen Ansichten aus Alt=Euskirchen und dem Blick vom Orchheimer Tor in die gleichnamige uralte Straße im benachbarten Münstereifel. Sie enthält außer dem geschichtlichen Rückblick schwungvolle Dichtungen des Betriebskameraden techn. Reichsbahninspektor Josef Frings und das Programm der für den 2., 3. und 4. August geplanten Jubiläumsfeier. Ein großzügiges Programm, beginnend mit sportlichen Wettkämpfen und einer Wiedersehensfeier am Samstag, dem 2. August, der Weihe des Ehrenmals, einer Ehrung der Jubilare, zwei mit 40 und sechs mit 25 Dienstjahren, und Festfeier am Sonntag vormittag, dem gemeinschaftlichen Mittagessen in der Werkküche und großem Fest= und Kameradschaftsabend. Den sehr reichen musikalischen und gesanglichen Teil des Programms bestreiten der Harmonie=Verein Euskirchen, Leitung Musikmeister Jean Dammberg und der seit 1925 innerhalb der Kameradschaft des Jubiläumswerkes gebildete Männerchor unter Leitung des Gefolgschaftsmitgliedes Wagenmeister Josef Heß. Die Tanzgruppe Gebrüder Stollwerk=Köln, bekannt durch die hochwertigen, künstlerischen Leistungen, hat ihr Erscheinen zugesagt und ist in mehrfachen Aufführungen vertreten. Als Solistin ist keine Geringere als unsere heimische Opern=Sängerin Maria Dahmen gewonnen, die von ihrem Gatten Leo Eysoldt am Klavier begleitet, Lieder von Schubert, Eysoldt und Bohm vortragen wird. Möge es den wackeren Männern vom Reichsbahn=Betriebswerk Euskirchen vergönnt sein, in der großen, ernsten Zeit ein würdiges Jubelfest zu feiern! Sie haben es wahrlich verdient.








Quelle: Euskirchener Volksblatt vom 26. Juli 1941
Archiv: Anton Könen Mechernich









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