Euskirchen vor 75 Jahren - Die Eifelbahn








Eine besondere Beachtung fanden im Euskirchener Wochenblatt des Jahres 1864 die Eisenbahnplanungen. Bekanntlich war die Strecke Düren=Euskirchen, die unserer Stadt den Verkehr mit Köln und Aachen vermitteln sollte, im Bau. Das besondere Interesse drehte sich um die weiteren Eisenbahnprojekte, insbesondere um die Fortführung der Bahn durch die Eifel und die direkte Verbindung mit Köln. Die Letztere wurde bis dahin durch einen regen Omnibusverkehr zwischen Euskirchen und Brühl aufrecht erhalten. In Brühl erreichen die Wagen den Anschluß an die bereits seit zwölf Jahren in Betrieb befindlichen Bahnstrecke Köln=Bonn. Die Fuhrunternehmer S. Hoffmann, B. Mattey und Gebr. Xxx *) ließen täglich vier Wagen beim Gastwirt Xxx Frings in der Neustraße nach Brühl abfahren, die Abfahrtzeiten lagen um 5 und 9 Uhr vormittags, 12,30 mittags und 3 Uhr nachmittags. Die Rückfahrt erfolgte von dem Gastwirte Xxx an der Barriere in Brühl um 10 Uhr vormittags, 12,45 Uhr mittags und um 3,30 und 6 Uhr nachmittags. Außerdem verkehrte ein Omnibus des Fuhrunternehmers Jakob Backhausen in Brühl, der täglich morgens um 8 Uhr von Brühl und nachmittags 5 Uhr von Euskirchen abfuhr. Zu diesen fünf Omnibus=Gelegenheiten kamen noch die Postwagen, die 12,40 Uhr mittags, 9,15 Uhr vormittags und 6.35 Uhr nachmittags abfuhren. Es fehlte also an Fahrgelegenheiten nach Köln und bezw. Brühl nicht. Trotzdem stand, wie gesagt, der Ausbau der Eisenbahn im Vordergrunde des Interesses.

Am 11. Januar 1864 war dem preußischen Abgeordnetenhause eine Gesetzesvorlage betreffend die Eifelbahn zugegangen, die folgenden Wortlaut hatte:

„Paragraph 1. Der Rheinischen Eisenbahngesellschaft wird behufs Uebernahme des Baues und Betriebes einer Eisenbahn von Trier durch die Eifel nach Kall die Garantie des Staates für einen jährlichen Reinertrag von 4 Prozent des in diesem Unternehmen zulegenden, vorläufig zu 11 Millionen Taler angenommenen Kapitals nach näherer Maßgabe des unterm 27. Februar 1863 mit der Direktion der Rheinischen Eisenbahn=Gesellschaft abgeschlossenen Vertrages hiermit bewilligt.

Paragraph 2. Unser Finanzminister und der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten sind mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.“

Das war der kurze Inhalt der Vorlage. Was es damit für eine Bewandtnis hatte, war aus den sog. Motiven herauszulesen. Das Wochenblatt berichtete darüber folgendes:

„Die direkte Eisenbahn zwischen Köln und Trier, deren Herstellung die gegenwärtige Vorlage bezweckt, mißt nur 23 ½ Meilen, während die jetzige Verbindung über Koblenz, Bingerbrück und Saarbrücken 51 Meilen ist. (Die direkte Bahn Koblenz=Trier war damals noch nicht gebaut. Eine Meile sind 7 ½ Kilometer. Die Schriftleitung.) In ähnlicher Weise wird der Weg von Köln nach Saarlouis und Saarbrücken um 10 ½ resp. 4 3/10 Meilen und selbst der von Koblenz nach Trier, welcher künftig über Kall führen wird, um 8 ½ Meilen abgekürzt. Zwischen der Regierung und der Rheinischen Eisenbahn=Gesellschaft ist am 27. Februar 1863 vereinbart worden, daß die Rheinische Eisenbahn=Gesellschaft nur für das Anlagekapital der Bahnstrecke von Kall nach Trier eine Zinsgarantie des Staates beansprucht, dagegen die Strecke von Kall bis zur Einmündung in ihre alte Bahn (von Köln nach Bonn) ohne jegliche finanzielle Staatsbeihilfe ausführen will.

Die Eisenbahn wird von Trier im Anschluß an die Saarbrücken-Trierer Bahn zunächst der Mosel entlang bis Ehrang geführt werden. Alsdann folgt sie von der Mündung der Kyll dem Laufe dieses Flüßchens aufwärts durch das große Kylltal und steigt in einem Seitentale über Dahlem bis zur Wasserscheide zwischen den Nebengewässern der Mosel und der Roer, welche bei Schmidtheim, 14 Fuß höher als die Stadt Trier, überschritten wird. Alsdann folgt sie dem Urfttale und schließt sich bei Kall an die von der Rheinischen Bahn anzubauenden Strecken Kall-Euskirchen-Sechtem und Kall-Düren an. Es sind 19 Tunnels, 35 Brücken über die Kyll, 20 über die Urft vorgesehen. Die Bahn hat auf zwei Fünftel der Länge starke Kurven und fast durchgehend wenig günstige Steigungsverhältnisse.

Es wird durch die neue Vereinbarung die Rheinische Eisenbahn=Gesellschaft als Aequivalent für die Uebernahme des Baues der Strecke Kall-Euskirchen-Sechtem ohne Zinsgarantie der durch den Statut-Nachtrag vom 5. März 1856 auferlegten Verpflichtung zur Ausführung der Strecke Kall-Schleiden entbunden.“

Die Hoffnung des Schleidener Tales und besonders der immer stärker zusammenschrumpfenden dortigen Eisenindustrie, daß die neue Eifelbahn das Tal für den Verkehr aufschließen werde, wurde durch diese Verabredung zwischen der Regierung und der Rheinischen Eisenbahn=Gesellschaft jäh zerschlagen. Die Regierung begründete diesen Bruch einer durch die Verpflichtung der Rheinischen Eisenbahn=Gesellschaft gesicherten Zusage wie folgt:

„Die Führung der Bahn über Kall hinaus ist seiner Zeit nur in der Voraussetzung vorbedungen, daß die demnächstige Fortsetzung der Bahn nach Trier von Schleiden aus stattfinden werde. Die inzwischen ausgeführten technischen Vorarbeiten haben aber dargetan, daß diese Bahn zweckmäßig nur von Kall aus durch das Urfttal ohne Berührung Schleidens ausgeführt werden kann. Die Strecke Kall-Schleiden würde sonach eine Sackbahn bilden, welche für den Eisenbahnverkehr keine genügenden Elemente bietet. Die bedeutenden Eisensteingruben jener Gegend liegen aber so, wie die Bleierzgruben zwischen Kall und Düren, bei Kommern, und ist umso weniger Aussicht auf Etablierung einer erheblichen Industrie zwischen Kall und Schleiden vorhanden, als die wenigen größeren Werke daselbst bereits seit einigen Jahren nach einem anderen Orte verlegt worden sind.“

In diesem Absatz der „Motive“ der Vorlage drängt sich ein ganzes Kapitel der Eifeler Verkehrsnöte zusammen. Die Enttäuschung im Schleidener Tale war daher sehr groß. Die Eingesessenen des Kreises lasen es deshalb auch mit sehr gemischten Gefühlen, wenn im folgenden Abschnitte, der von der unentgeltlichen Bereitstellung des erforderlichen Grund und Bodens für die neue Strecke handelte, gesagt wurde, daß „bei der Armut der Kreise und in Anbetracht des Umstandes, daß die Bahn die Kreishauptstädte unberührt läßt, die Opferwilligkeit der Beteiligten als anerkennenswert bezeichnet werden müsse“.

Schließlich wurde bezüglich des Tempos der Ausführung der neuen Bahn noch Folgendes gesagt:

„Im Vertrage mit der Rheinischen Eisenbahn=Gesellschaft ist dieser aufgegeben, den Bau möglichst zu beschleunigen und auf den Strecken Düren-Euskirchen-Kall und Sechtem resp. Brühl-Euskirchen so zu fördern, daß deren Betrieb spätestens gleichzeitig mit Vollendung der Strecke Kall-Trier beginnen kann.“

Die Vorlage hat alsbald die Zustimmung des Abgeordnetenhauses gefunden. Die geplante Einmündung der Eifelbahn bei Sechtem oder Brühl ist später fallen gelassen und der direkte Anschluß nach Köln erreicht worden.

*) Textauslassungen durch unleserlichen Vorlage am linken Seitenrand (Ergänzung/Fotokopie erbeten)








Quelle: Euskirchener Volksblatt vom 16. Januar 1939
Archiv: Anton Könen Mechernich









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