Erlebnisse eines Buirer Eisenbahners in seiner 50-jährigen Dienstzeit
von Peter Müllenmeister




17. - III. Fahrt - Regulär genehmigte Fahrt in die russ. Zone zum Abholen unserer Nähmaschine (1948)




Im Jahre 1948 kam mein ältester Sohn, der seit 1942 Soldat und in den letzten Kriegsjahren Flugzeugführer war, schwer krank aus russ. Kriegsgefangenschaft auf der Krim (Sewastopol) nach Haus. Seit Anfang 1945 hatten wir von ihm keine Nachricht, er galt bei uns als vermißt. Durch seine Krankheit (Wasser) war er so dick, daß ihm von seinen Kleidern nichts passte. Von Amts wegen bekam er keine Einkaufsscheine, im übrigen gab es auch nichts in solcher Größe zu kaufen.

Während eines Urlaubs im letzten Kriegsjahr oder Ende 1944 hatte ich unsere Nähmaschine mit nach Sachsen genommen, weil meine Frau als gelernte Näherin für meine jüngste Tochter (6 Jahre alt) Kleider ändern konnte. Der ev. Pfarrer, bei dem wir in Arzberg gewohnt hatten, war inzwischen nach Sangerhausen versetzt worden und hatte unsere Nähmaschine nach Vereinbarung mitgenommen, beim Umzug s.Zt. hatten wir Briefverkehr mit dem Pfarrer.

Meine Frau vermißte die Nähmaschine sehr, weil sie manches selbst für unseren Sohn ändern konnte. Es dauerte ein Jahr bis mein Sohn sich von der Gefangenschaft erholt hatte. Eines Tages erhielt ich von dem Pfarrer eine Aufenthaltsgenehmigung für 3 Tage in Sangerhausen. In dieser Zeit gab es geregelten Zugverkehr mit der Ostzone, jedoch mit strenger Gepäckkontrolle an der Zonengrenze durch Russen und Ostzonenpolizei. Manch einer mußte auch eine Leibesvisitation über sich ergehen lassen, wobei sogar die Kleider aufgeschnitten wurden.

Ich bekam Urlaub und fuhr nach Sangerhausen zum Pfarrer. Nach den damaligen Bestimmungen durften Fahrräder, Radios, Nähmaschinen, Fotoapparate und viele andere Geräte nicht aus der Zone ausgeführt werden. Der Pfarrer war ängstlich und schickte mich zum Landratsamt zwecks Ausfuhrgenehmigungsschein, den ich jedoch nirgends erhalten konnte. Ich bat den Pfarrer, mir eine Bescheinigung zu geben, daß wir die Maschine mit in die Evakuierung gebracht hätten und zurücklassen mußten. Diese Bescheinigung versah der Pfarrer mit dem kirchlichen Siegel. Mit viel List brachte ich die Nähmaschine, das Werk in einer Decke verpackt im Rucksack, das Gestell zu einem Paket verschnürt, durch die Grenzkontrolle nach Hause. Meine Frau war glücklich, wieder im Besitz ihrer Nähmaschine zu sein, denn es war ihr Verlobungsgeschenk von mir.

Bei dieser Fahrt habe ich auf 'Gut Glück' das Grab meiner im Januar 1945 in Karsdorf (Unstrut) verstorbenen Schwiegermutter besucht, denn ich hatte nur Aufenthaltsgenehmigung in Sangershausen und mußte nun ohne Unterwegsaufenthalt zur Zonengrenze nach Marienborn zurück.




18. Dez. 1953, Schwerer Oststurm mit Vereisung,
.....3 km Telegrafengestänge umgeweht

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