Kölnische Rundschau vom 22.4.1950

Omnibusbahnhof kommt - zunächst als Provisorium

Baubeginn östlich des Domhofs in Kürze - Inbetriebnahme bis zum 1. Juni - Neuartige Kombination


In Nr. 92 vom 20. April hat die (KR) sich mit den Voraussetzungen der Errichtung eines Omnibusbahnhofs unter besonderer Berücksichtigung der in Köln vorhandenen Verhältnisse befaßt. Soeben bestätigt nun das Nachrichtenamt der Stadt Köln, daß die Vorarbeiten für die „Errichtung einer zentralen Abfahrtstelle für die Omnibusse des öffentlichen Linienverkehrs“ abgeschlossen sind und daß mit dem Bau der Anlage in Kürze begonnen wird. Im einzelnen wird in der städtischen Verlautbarung (zum Teil in Übereinstimmung mit den bereits in der (KR) angestellten Erörterungen) ausgeführt:

In Besprechungen mit dem Straßenverkehrsamt und der Verkehrspolizei wurden die An- und Abfahrtwege der Omnibusse zum Omnibusbahnhof festgelegt. Die Omnibusse werden aus linksrheinischen Gebieten über die Bäche, über den Straßenzug Rudolfplatz - Neumarkt - Heumarkt und über den Deutschen Ring - Rheinuferstraße geleitet. Die rechtsrheinisch verkehrenden Omnibuslinien nehmen ihren Fahrweg über die Deutzer Brücke und den Heumarkt zum Omnibusbahnhof.

Der Planungsausschuß der Stadt Köln, die Hauptverwaltungen der Post und der Bundesbahn sowie die Kraftverkehrsgesellschaft Wupper-Sieg AG haben dem Plan zugestimmt. In vorbildlicher Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung und den Verkehrsträgergesellschaften, die

gemeinsam die Kosten tragen,

wird das Baudezernat die Anlage erstellen, deren Inbetriebnahme bis zum 1.6.50 erfolgen soll.

Die Notwendigkeit für die Anlage ergibt sich aus der ständig steigenden Zunahme des Kraftverkehrs und den bisherigen unhaltbaren Verhältnissen. Die verschiedenen Verkehrsgesellschaften benutzen z.Zt. Vier An- bzw. Abfahrtsstellen für ihre Überlandlinien im linksrheinischen Stadtgebiet. Besonders ungünstig sind die Verhältnisse am Hauptpostamt, wo nicht nur der Straßenverkehr auf das stärkste durch die parkenden Omnibusse behindert wird, sondern auch kein Raum für die Abstellung der Omnibusse nach beendeter Fahrt vorhanden ist. Höchst nachteilig wirken sich die verschiedenen Abfahrtsstellen für die Benutzer der Verkehrseinrichtungen aus, da sie nur eine unzulängliche Übersicht über die in Köln insgesamt gebotenen Verkehrsverbindungen mit Kraftomnibussen haben. Die Zusammenfassung der Abfahrtsstellen an einem zentralen Punkt wird viele Unzulänglichkeiten beheben und dem Kraftverkehr einen neuen Impuls geben.

Das für den Omnibusbahnhof vorgesehene

Gelände östlich des Domhofs

zwischen der Bischofsgartenstraße und dem Bahnkörper der Bundesbahn erfüllt in idealer Weise alle Bedingungen, die an die Lage eines Omnibusbahnhofes gestellt werden müssen. Das rund 10.000 qm große Gelände bietet genügend Raum für eine leistungsfähige Betriebsanlage. Ein Grundstück gleicher Größe ist für diesen Zweck im linksrheinischen Stadtgebiet nicht vorhanden. Der neue Omnibusbahnhof liegt in der Nähe des Hauptbahnhofes, des Endpunktes der Rheinuferbahn und der Schiffahrtsanlegestellen, was sehr wesentlich ist für den Übergangsverkehr. Da der Bahnhof in der Nähe wichtiger Geschäftsviertel der Altstadt gelegen ist, darf auch der Geschäftswelt aus dieser neuen Anlage Vorteile erwarten.


Eröffnung des Omnibusbahnhof
Foto: Bundesbahndirektion Köln - 2. 7. 1950
Sammlung Josef Rubel, Golzheim

Für die Verkehrsentwicklung der zahlreichen Omnibusse ist es vorteilhaft, daß die Bahnhofsanlage im Osten von der sehr leistungsfähigen Uferstraße begrenzt wird, während der Bahnhof selbst

gewissermaßen im Verkehrsschatten

liegt, so daß durch den Bahnhofsbetrieb der übrige Straßenverkehr nicht belastet wird. Durch die Lage des Bahnhofs an dieser Stelle wird sich auch eine Entlastung der engen Straßen in der Altstadt, insbesondere des Straßenzuges Unter Sachsenhausen - Christophstraße ergeben.


Die Skizze gibt einen Aufriß der zunächst in Angriff zu nehmenden provisorischen Omnibusbahnhof-Anlage zwischen Bahndamm bzw. Auffahrt zur Hohenzollernbrücke und Bischofsgartenstraße. Nach oben, also unterhalb des Domhofes, liegen die fünf Bahnsteige, darunter befindet sich der Parkplatz für die Omnibusse, die von dort aus parallel zur Brückenrampe in die Bahnsteige ein- und zur Bischofsgartenstraße hin wieder ausfahren.


Die Bahnhofsanlage trägt zunächst den Charakter eines Provisoriums. (Das heißt vor allem, daß irgendwelche Aufbauten vorerst nicht geplant sind. Red.) Sie besteht aus fünft Fahrspuren von je 6,5 m Breite und fünft Bahnsteigen mit insgesamt 250 m Kantenlänge und einem Parkplatz von und 3000 qm Größe. Die Kombination von Bahnsteiganlage für die Fahrgäste und Parkplatz für die Omnibusse ist eine neue Lösung, die

in dieser Form erstmalig

in Deutschland angewandt wird. Die Omnibusse sollen an den Bahnsteigen nur so lange Aufenthalt nehmen, als sei für das Aus- bzw. Einsteigen der Fahrgäste benötigen. Nach beendeter Fahrt werden sie auf dem Parkplatz abgestellt, von dem sie einige Minuten vor der Abfahrtszeit an den Bahnsteigen vorfahren. Dadurch ergibt sich eine sehr gute Ausnutzung der Bahnsteigkanten .Es kann mit verhältnismäßig wenig Bahnsteigen eine sehr große Zahl Omnibusse abgefertigt werden, was besonders für die Flutstunden von größter Bedeutung ist.

Der Betrieb in den Flutstunden

ist jetzt schon sehr beachtlich. Die Hauptverkehrsspitze fällt in die Zeit von 16 bis 18 Uhr, in der allein 20 Busse bzw. Omnibuszüge abfahren. Bei den Fahrzeug- bzw. Zuglängen ergibt sich bei gleichzeitiger Ausstellung dieser Omnibusse unter Berücksichtigung des erforderlichen Bewegungsabstandes eine insgesamt erforderliche Bahnsteigkantenlänge von rund 500 Meter. Durch die Kombination von Bahnsteiganlage und Parkplatz kann diese Flutstundenbelastung mit wesentlich kleineren Kantenlängen unschwer bewältigt werden. Dieses neue Prinzip dürft grundlegend sein für die zukünftige Anlage von Omnibusbahnhöfen.

In dem Bahnhof wird Richtungsverkehr herrschen, d. h. alle Omnibusse fahren von Norden durch die Unterführung Am Frankenturm ein. Sie verlassen den Bahnhof durch die Bischofsgartenstraße - Frankenwerft. Somit werden die Bahnsteige nur einseitig befahren, wodurch sich eine klare Ordnung und ein guter Überblick über den Betriebsablauf ergibt. Die Fahrgäste werden durch diese Betriebsregelung vor Unfällen besonders geschützt. Die Verkehrsgesellschaften haben für ihre Zwecke

bestimmte Bahnsteige übernommen.

Die Postverwaltung als größter Verkehrsbetrieb wird 3 Bahnsteige, die Bundesbahn und die Wupper-Sieg AG je einen Bahnsteig befahren, so daß die Fahrgäste der verschiedenen Gesellschaften ihre Omnibusse immer an derselben Abfahrtsstelle antreffen werden. Die Bahnsteige sollen Kennzeichen erhalten, aus denen die verkehrsführende Gesellschaft, die Fahrtziele und der Fahrplan zu entnehmen sind. Eine Übersichtstafel mit allen Fahrtzielen und Abfahrtzeiten wird den Fahrgästen eine gute Unterrichtung über die bestehenden Fahrgelegenheiten geben.

Der Zu- und Abgang der Fahrgäste zu dem Omnibusbahnhof wird größtenteils aus bzw. in der Richtung zum Hauptbahnhof und Domhof erfolgen. Als Zugangsstraße wird die Bischofsgartenstraße hergerichtet, außerdem wird an der Nordseite der Bahnhofsanlage entlang der Brückenrampe eine

neue Verbindungsstraße zum Domhof

geschaffen. Diese Straße soll auch den Omnibussen die Zufahrt zur Bahnhofsanlage ermöglichen, wenn bei Hochwasser die Rheinuferstraße überflutet ist. Da die Bahnsteiganlage außerhalb des Hochwasserbereichs liegt, kann der Omnibusbetrieb auch in solchen Fälle ungestört abgewickelt werden. Die derzeitige Benutzung des Bahnhofs ist mit täglich rund 8000 Fahrgästen anzunehmen. (Die (KR) hatte 5-6000 geschätzt). Dies erfordert u. a. die Bereithaltung einer Bedürfnisanstalt. Die durch Kriegsschaden außer Betrieb gesetzte Bedürfnisanstalt an der Nordseite der Hohenzollernbrücke wird daher wieder instandgesetzt.

Durch den Omnibusbahnhof erhält Köln eine wichtige neue Verkehrsanlage, die seinen realistischen Geist auf dem Gebiet des Verkehrs erkennen läßt. Im Aufbau der Stadt wird die Umgebung des Omnibusbahnhofs, die zur Zeit enttrümmert wird, neues Leben erhalten, das sich in der Zunahme der Bautätigkeit in der Bahnhofsumgebung bald äußern dürfte. Die Anlage erfüllt noch nicht alle Wünsche, die an einen Bahnhof zu stellen sind. Es muß der weiteren Entwicklung überlassen werden,

ob und in welcher Richtung ein Ausbau

erfolgen soll. Zunächst sollen mit der provisorischen Anlage Erfahrungen gesammelt werden.

In städtebaulicher Hinsicht wird man, so heißt es abschließend, gewisse Bedenken, die sich aus der Domnähe ergeben, gegenüber den Vorteilen nicht als sehr schwerwiegend anzusehen brauchen. Zunächst wird die Unordnung an einigen Punkten der bedrängten Altstadt aufhören. Die großen Fahrzeuge erhalten den ihnen zustehenden Raum. Die früheren Halteplätze werden entlastet. Dann ist eine ordentliche Plananlage auf dem Gelände östlich des Domes neben der Brückenrampe sicherlich besser als das jahrzehntelange Provisorium ,das mit dem Abbruch des früheren Hotels Du Nord eingetreten war. Die Motivarchitektur der restlichen, nun endgültig beseitigten Bauten der Reichsbahn zwischen Brückenrampe und Bischofsgartenstraße bildete mit den leeren Giebeln immer eine ungute Nachbarschaft zum Dom.

Schließlich darf man annehmen, daß der Domhügel demnächst gemäß der Grundanlage der Stadt

deutlicher in Erscheinung

tritt, als es die heute lebende Generation je mit eigenen Augen haben sehen können. Nach Abbruch der östlich an den Dom anschließenden Kirche St. Maria ad gradus zu Beginn des vorigen Jahrhundert klaffte hier zum Frankenplatz zu immer eine breite Lücke.

Der Charakter des Provisoriums wird bei dem neuen Omnibusbahnhof ausdrücklich betont. Der Hauptbahnhof, die Bebauungsfläche des Dombunkers, die abgeräumten Straßenblocks und andere Elemente dieses Kernstücks der Kölner „Hochstadt“ stellen sich mancherlei Probleme, für welche die Zeit reifen muß. Endgültig ist hier eigentlich nur der Dom selber. In diesem Raumgefüge ist der Omnibusbahnhof ein Näherungswert, aber immerhin schon ein sehr kräftiger und positiver, weil er Ordnung erzeugt und das Leben erleichtert. Abschließend sei festgestellt, daß als Ingenieur für den Projektvorschlag und die verkehrstechnische Planung Dipl.-Ing. Dr. P. Stock zeichnet, dem auch die Federführung in den Verhandlungen obliegt. Als Architekt (BDA) für die städtebauliche und architektonische Gestaltung, von der bisher Vorstudien bekannt geworden sind, wirkt Dipl.-Ing. H. von Bergh.

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