Kölnische Rundschau vom 16. Juni 1950

Der "alte" Nepomuk

Bergheim. Die alte Statue des Heiligen Johannes von Nepomuk wurde gestern morgen bei den Entschlammungsarbeiten des Flußbettes an der Bergheimer Erftbrücke aufgefunden. Der gefundene Torso stellt eine Büste dar, die gut erhalten ist. Nur der rechte Arm fehlt.

Diese Nachricht wird in den Herzen vieler alter Bergheimer Freude wecken und Erinnerungen wachrufen an die Zeit, das das Heiligen-Standbild zweimal von Frevlern geschändet wurde, indem man ihm den Kopf abschlug. Beim erstem Male fand man den Kopf in unmittelbarer Nähe des Standortes. Beim zweiten Male verging aber eine Zeit, bis der Kopf durch einen seltsamen Zufall in einem Feld nahe der Landstraße in Groß-Königsdorf sich wiederfand. Bei der Sprengung der Brücke durch zurückziehende Truppen flog dann auch das Standbild in die Luft und alle Bemühungen, die altehrwürdige Figur wiederzufinden, blieben erfolglos: Nun ist also der wesentliche Teil der Statue aus dem Schlamm der Erft geborgen worden. Diese Tatsache wird in das Bewußtsein der Bergheimer eingehen, und ihrer wird man sich auch in Zukunft erinnern, wenn man die Aufschrift der neuen Statue liest: "Von Frevlern geschändet, im Kriege zerstört, wiedererrichtet als Mahnmal zum Frieden!"



Kölnische Rundschau vom 24. Juni 1950

Lieb' Nepomuk, magst ruhig sein!

Träume sind keine Schäume. Manchmal sind sie den Mächten aus einer anderen Welt Mittel, sich uns mitzuteilen. Ich habe jedenfalls immer daran geglaubt und seit einigen Tagen weiß ich es.

Als in Bergheim die neue Statue des heiligen Johannes von Nepomuk aufgestellt wurde, sprach ich mit ihr. Auf besonderen Wunsch des Heiligen habe ich diese Unterredung den Lesern der KR mitgeteilt. Das aber hat andere nicht ruhen lassen. Als man vor etwa einer Woche den Torso der alten Statue im Schlamm der Erft wiederfand, ließen die Kollegen der RZ eine "Gespräch mit Nepomuk dem Älteren" erscheinen. Der arme Johannes sollte darin Wahlpropaganda für diese Leute gemacht haben. Seit jenem Tag erscheint der Heilige mir Nacht für Nacht im Traum. Sein Gesicht ist schmerzerfüllt, und er steht vor meinem Auge mit bittender Gebärde. Aber er schweigt! In der ersten Nacht begrüßte ich ihn als alten, lieben Bekannten. Er aber schwieg. In jeder der folgenden Nächte wurde er mir immer unheimlicher, und ich wußte nicht mehr, wie ich mich gegen ihn verhalten sollte. Seine Erscheinung wurde mir zum Alpdruck. Die Zigarette schmeckte mir nicht mehr. Dem Jungfräulein, daß mir die schönen Sonnentage versüßte, wurde ich langweilig, und sie mied mich. Nepomuk war mir Tag und Stunde vor Augen und im Herzen. Was sollte ich tun?

Gestern abend - es dämmerte bereits und ich saß in meiner Stube und hing meinen Gedanken nach - kam es wie eine Erleuchtung über mich: Nepomuk will, daß du seine Ehre vor den Augen der Bergheimer rettest und sagst, daß er keine Wahlpropaganda gemacht habe. Schnell warf ich ein paar Gedanken auf ein Stück Papier, und dann war mir, als sei der Alpdruck gewichen. Ruhig, wie seit einer Woche nicht mehr, legte ich mich zu Bett. In der Nacht erschien Johannes von Nepomuk, der große Schweiger, wieder. In der Hand hielt er meine Aufzeichnungen, die er mir lächelnd und mit zustimmenden Nicken in die Hand gab. Ich wollte ihn wieder fragen - da war er schon verschwunden. Dieses Mal aber hatte seine Haltung nichts von dem halb Schmerzlichen, halb Drohenden der letzten Nächte.

Heute morgen erwachte ich und besann mich auf die Vorgänge der Nacht: war es wirklich so, daß ich am Abend etwas geschrieben hatte, und war es das gleiche, was der Heilige mir so zustimmend übergab? Ich schlug meine Augen auf: Neben meinem Kopfkissen lag die Nepomuk-Aufzeichnung des vergangenen Abends. Es war nicht viel. Nur dies: "Nepomuk macht keine Wahlpropaganda, weder der neue noch der ältere." Und nun wissen Sie es alle.

Nepomuk aber kann wieder ruhig sein!

Manes



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