Kölnische Rundschau vom 26. August 1848

Sachliche Zusammenarbeit ist notwendig

Rekultivierungsanlagen der Roddergrube
Knapsack. In der vorigen Woche hatte die Direktion der Roddergrube hohe Regierungsstellen, an ihrer Spitze Reg. Präs. Dr. Warsch, Vertreter der Gemeinden, der Landwirtschaft und Forsten, sowie die Presse zu einer Besichtigung der Rekultivierungsanlagen der Gruben Ver. Ville, und Berrenrath eingeladen, da diese in der letzten Zeit häufig Gegenstand heftiger Kritik in der Oeffentlichkeit waren.

Hart an der Ortsgrenze von Berrenrath wurde vor rund 30 Jahren mit dem Abbau zuerst begonnen. Hier ist das Land wieder weitgehend rekultiviert und nur noch wenige Merkmale lassen darauf schließen, daß an dieser Stelle vor zwei Jahrzehnten Braunkohle gefördert wurde. Der Landwirt bestellt wieder seine Felder, die infolge des guten Mutterbodens normale Ernteerträge bringen. - Mutterboden ist das A und O der Rekultivierung. Ohne diesen ist eine nutzbringende Landgewinnung nicht möglich. Leider fehlt es allzuoft an diesem kostbaren Stoff, um alle abgebauten Flächen und die Kippen wieder urbar zu machen. Bei tiefen Grabungen besteht die Gefahr, auf Grundwasser zu stoßen, wobei dann leicht ein Teich oder See entsteht. Andere Gruben haben ihre Tagebauten teilweise mit kiesigen Erdmassen überdeckt, der Erfolg war, daß dies Flächen für landwirtschaftliche Anbauten unverwendbar wurden.

Um die gleichen Schäden auf der Roddergrube zu vermeiden, wird der Mutterboden zuerst von zuständigen Stellen in Bonn auf seine Brauchbarkeit und Güte untersucht. Nach dem Überkippen der planierten Flächen mit Humuserde erfolgt die Aufforstung. Die an die Landwirtschaft zurückgehenden Felder werden mit Pflügen durch und durch bearbeitet und mit Lupinen bebaut. Nach sechs Jahren können sie dann den Bauern übergeben werden. Die mit Kiefern und Pappeln aufgeforsteten Gebiete machen durchweg einen gesunden Eindruck, obwohl in den letzten Jahren den Aufforstungen verschiedene Riegel vorgeschoben waren. Es fehlte besonders an Pflanzenmaterial. So konnten die für Böschungen notwendigen Akazien nicht beschafft werden, so daß sie mit Pappeln aufgeforstet werden mußten. - Große Schäden verursachten während des Krieges die im Aufforstungsgebiet abgestellten Vernebelungsanlagen.

Einen noch trostloseren Anblick bietet die sogenannte „Mondlandschaft“ im Gebiet der Ver. Ville, die ob ihrer wüsten Kraterfläche diesen Namen mit Recht verdient. Ständig werden hier noch die Abräume verstürzt, sodaß an ein Planieren und Urbarmachen dieser häßlichen Kippen noch nicht zu denken ist. Besser sieht es dagegen mit der Behebung eines anderen Übels, dem Sumpfgewässer im Berrenrather Gebiet aus.

Die Hauptrekultivierungen liegen zurzeit am Rande der Ortschaften Köttingen und Liblar. 50 Morgen Land sind dort bisher der Wiederbenutzung zugeführt worden. Unter der Voraussetzung, daß genügend Mutterboden beschafft werden kann, sollen jährlich 20 Morgen Land mit Humuserde ausgefüllt werden. Direktor Fetscher wies bei der Besichtigung dieser Kulturen darauf hin, daß die Konzession Ville im Zuge der Rekultivierung mehr Ackerfläche zurückgebildet hat, als vor der Inanspruchnahme der Gebiete durch den Bergbau vorhanden war, da hier früher ein ausgedehnter Wald vorhanden war.

In diesem Zusammenhang ist es von Interesse, daß der Rheinische Braunkohlenbergbau bisher insgesamt 7000 ha Land in Anspruch genommen hat. Von diesen Flächen wurden inzwischen wieder 2400 ha rekultiviert, davon entfallen 900 ha auf die Landwirtschaft, 1400 ha auf die Forstwirtschaft, und 60 ha auf sonstige Zwecke, 3400 ha werden z. Zt. für betriebliche Belange, wie Tagebauten usw., benötigt. Der Restteil von 1200 ha liegt entweder offen oder bildet Seen.

Es liegt im allgemeinen Interesse, daß auch diese noch brachliegenden Länder wieder urbar gemacht werden, und zwar so, daß die späteren Eigentümer sie ohne Zuschüsse von irgend einer Seite in einer rentablen Wirtschaft beackern können.

In diesem Sinne trug Reg. Präsident Dr. Warsch am Schluß der Besichtigung seine Wünsche der Direktion der Roddergrube vor. Er anerkannte und dankte Generaldirektor Forschmann für den zweifellos großen Fortschritt, den die Rekultivierung unter seiner verantwortlichen und tatkräftigen Leitung zu verzeichnen hat. „Wichtig ist es“, so sagte Dr. Warsch, „daß sich der Bergbau mit der Landwirtschaft und Bevölkerung in sachlicher Zusammenarbeit zusammenfindet, denn diese werden in Zukunft in starkem Maße die Auswirkungen des tieferen Abbaus zu spüren bekommen. Dann sei es notwendig, daß man sich an einen Tisch setze und gemeinsam berate, wie die Opfer der Landwirtschaft und Bevölkerung zum Segen aller vermindert werden können und wie hinterher aus den landschaftlichen Ruinen wieder brauchbares Land gewonnen werden könne.
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