Kölnische Rundschau vom 25. August 1949

Bahnhof Liblar fast wieder wie einst ...

Und das Reisen macht manchmal sogar wieder Spaß

Liblar. Wollte man einen Vergleich ziehen zwischen der Zeit der großen Geldschwemme und der heutigen Verkehrslage der Reichsbahn, so käme mancher zu dem Ergebnis, daß Reisen auch eine angenehme Beschäftigung sein kann. Fürwahr, der Bahnhof Liblar weiß ein Liedlein davon zu singen aus der Zeit, in der allmorgendlich Ströme von Menschen aus den Städten sich in das Gebiet der Voreifel ergossen, um für viele Reichsmark oder wenig Hausrat das einzutauschen, was zum nackten Leben erforderlich war. Zum Bersten vollgepfropfte Trittbretter und Wagendächer der Züge gab es täglich, der Bahnhof Liblar glich einer riesigen Menschenschleuse. Heute muten uns diese Bilder der Vergangenheit wie ein böser Spuk an. Aber die gute alte Reichsbahn schaffte es, sie machte es unter Aufbietung all ihrer menschlichen und technischen Kraft vielen möglich, das gesteckte Ziel zu erreichen. Es wäre herzlos, ihr hierfür nicht zu danken.


Foto: Scheuren

Wie fast alle unsere Bahnhöfe hat auch der von Liblar im Kriege gelitten. Oberinspektor Arndt berichtet uns von den Schäden, u.a. von einem Volltreffer im Empfangsgebäude, in der Güterabfertigung und einem Bombentreffer im Lokschuppen. Die Gleisanlagen waren größtenteils mit Sprengtrichtern übersät und damit die Verbindungen in Richtung Köln, Euskirchen und Mödrath unterbrochen. Es wurde fieberhaft gearbeitet, den anfangs notdürftigen Personen- und Güterverkehr in Gang zu bringen und es ist, wie Oberinspektor Arndt ausdrücklich betont, dank der guten Zusammenarbeit zwischen Leitung und Personal gelungen. Hierzu waren Jahre erforderlich, denn wir kennen die wirtschaftlichen Sorgen und Nöte der Reichsbahn und ihres Personals.

Genauso werden Jahre erforderlich sein, den Gesundungsprozeß zu beenden. Der Bahnhof Liblar bewältigt aber schon heute wieder einen normalen Verkehr. Hierzu einige Zahlen zur Übersicht:
14 Züge täglich in Richtung Köln,
14 Züge täglich in Richtung Euskirchen und Trier,
14 Züge täglich in Richtung Mödrath u. zur.,
10 Güterzüge mit Kohlen und Gütern nach Köln-Eifeltor,
15 Güterzüge nach Euskirchen, Kall, Ehrang und Mödrath.

Hierbei ist der Abtransport von Gütern alle zwei Stunden vollauf gewährleistet. Der Stückgutverkehr wird durch Kraftfahrzeugtransport nach Köln-Gereon und der Ortschaft Liblar geregelt. Außerdem erfolgt der Expreßguttransport in Personenzügen. Der Brikettversand der Gruben des Liblarer Reviers machte den Bahnhof Liblar zum

größten Kohlenversand- und Umstellbahnhof

des hiesigen Bezirks, mit den Anschlüssen an die Gruben Donatus, Liblar, Brühl und Hubertus. Hinzu kommt ein starker Personenverkehr mit Anschluß an die Euskirchener Kreisbahn und die Nebenstrecke Mödrath. Wie wir erfahren, ist auch hier die Betriebssicherheit wieder friedensmäßig. Gerade die Betriebssicherheit dient der Allgemeinheit, und auf ihre Kosten mußten sonstige Anschaffungen und Einrichtungen vorläufig zurückgestellt werden. Im Rahmen der Wohnungsbeschaffung wurden 20 Wohnungen wieder instandgesetzt. Notwendige Erneuerungsbauten mußten der Dringlichkeit der Betriebssicherheit wegen zurückstehen. Einen angenehmen Aufenthalt für die Reisenden bietet der geschmackvoll eingerichtete Wartesaal mit Wirtschaftsbetrieb. Im Bahnhofsvorraum entdecken wir ein buntes Plakat, das zur Weinfahrt an die Mosel einlädt mit Tanzmusik und Überraschungen, also macht das Reisen wieder Vergnügen, der Bahnhof Liblar bestätigt es uns auch ...

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