Kölnische Rundschau vom 21. September 1949

Bohrtürme ragen gen Himmel

Sie sind die Vorboten des Baggers - Ein Bohrmeister erzählt

Türnich. Die Schule machte einen Ausflug. Alle Kinder waren freudig erregt, und am frühen Morgen stapften sie dem Türnicher Wäldchen zu. Ihr Lehrer, ein noch ziemlich junger, hochaufgeschossener Mann, hatte alle Mühe, seine Trabanten zusammenzuhalten; denn jeder wollte eigene Entdeckungen machen.

Plötzlich standen sie vor einem hohen, eisernen Turm. Keiner wußte, was er mit diesem Ding anfangen sollte. Aber da kam schon ein Meister mit seine Leuten aus einer Bretterbude; sie hatten sicher gerade ihr Frühstück verzehrt, und nun sollte es wieder weitergehen mit der Arbeit. Es war der Bohrmeister, ein alter, gemütlicher Mann, der die kleine Schar wohlwollend betrachtete und über den fragenden Ausdruck der Gesichter lachte. Er grüßte den Lehrer und wandte sich dann an die Jungen.



„Da staunt ihr, so ein komisches Ding zu sehen. Aber ich will es euch erklären, denn sonst fragt ihr euren armen Lehrer noch halbtot. Also paßt einmal gut auf: „Dieser Eisenaufbau ist ein Bohrturm. Ihr werdet fragen, was er hier soll. Nun, ihr habt doch in der Schule gelernt, daß die Erde hier überall Braunkohle birgt, und danach bohren wir. Der Meißel, den ihr hier seht, wird durch diese Maschine betrieben und arbeitet sich immer tiefer in die Erde. Bei uns heißt die obere Erdschicht „die Hängende“. Sie wird später weggeräumt, um die Kohle freizulegen. Daher auch der Name Abraum. Damit uns das Bohrloch nicht zusammenstürzt, setzen wir Rohre ein, die ein Verschütten der Öffnung verhindern sollen. Der Meißel durchstößt die Kohleschicht und kommt auf der unteren Grundschicht an, die wir „die Liegende“ nennen. Durchschnittlich hat hier der Abraum eine Dicke von 40 bis 50 Meter, die Kohle liegt in einer Stärke von 50 bis 60 Metern. So, Jungs, jetzt wißt ihr das Wichtigste!“

Aber ein kleiner Knirps drängt sich vor und mit einem nahezu vorwurfsvollen Blick ruft er: „Ja, warum tut ihr denn dies alles? Nur um zu wissen, wie dick die Kohle ist? Das seht ihr doch, wenn ihr sie später heraufholt.“

Der Meister lacht über den pfiffigen Kleinen und muß nun notgedrungen noch einen weiteren Vortrag halten.

„Na, dann noch einmal alle aufgepaßt, vielleicht müßt ihr eine Aufsatz über euren Ausflug schreiben. Diese Bohrungen ergeben als Resultat Abraumdicke und Kohlenstärke, aber außerdem noch als Wichtigstes die Zusammensetzung der Kohle und die Beschaffenheit der darunterliegenden Schicht. Wir sind in der Lage, aus jeder Tiefe Kohle zu entnehmen, die dann später auf ihre Zusammensetzung und Güte genau untersucht wird.

Aber jetzt ist's genug! Ich muß wieder an die Arbeit und ihr könnt lustig weiterwandern. Auf Wiedersehen!“

© Copyright 2003 wisoveg.de
Zur Homepage