Kölnische
Rundschau vom 15. Juli 1947

Elfmal wurde Burg Kerpen gestürmt

Während es sich für den Hamsterer an diesen sonnigen Tagen nicht mehr recht lohnt, eine „Tour“ auf die Dörfer des Kreises Bergheim zu unternehmen, ist eine Fahrt für den Natur- und Kunstfreund so abwechslungsreich und eindrucksvoll wie je zuvor. Hat man das Braunkohlengebiet am Vorgebirge hinter sich, dann wechseln saftige Wiesen, belebt von schwarzweißem Weidevieh, mit gut entwickelten Getreide- und Kartoffelfeldern ab. Bald grüßen den Fremden an der Erft bemerkenswerte und kunstgeschichtlich wertvolle Baudenkmäler - Wasserburgen, die in dem grausamen Zerstörerkrieg erhalten blieben. Im Erfttal steht noch manche Burg, die von dem Schicksal der vielen Schlösser am Niederrhein in den wochenlang hin und her wogenden Kämpfen verschont blieb.

Wirft man einen Blick in die Vergangenheit, dann muß man feststellen, daß so mancher alte Rittersitz im Bergheimer Kreis, auf dem einst geachtete und gefürchtete Geschlechter saßen, längst in Staub und Asche fiel. Zu diesen zählt auch die Burg Kerpen. Kerpen selbst, bereits 1178 in Urkunden erwähnt, wird 1204 Sitz einer Propstei. Im 13. Jahrhundert übertrugen die Herren von Gymnich die Herrschaft Kerpen an Johann I. Von Brabant, der Kerpen mit der Herrschaft Lommersum verbindet, für die nun, eingeengt zwischen Kurkölner und Jülicher Gebiet, eine Leidenszeit einsetzt.

Als mit Karl dem Kühnen die männliche Linie der Herzöge von Burgund und Brabant ausstirbt, gehen Kerpen und Lommersum an Maria von Burgund und nach deren Ableben an den Sohn Erzherzog Philipp über, um schließlich an Spanien zu fallen. Kurfürst Johann Wilhelm von Jülich-Berg bemächtigt sich 1704 der Herrschaft Kerpen, belehnt aber wenige Jahre später den Grafen Johann Friedrich von Schaesberg mit Kerpen und Lommersum. Beide Herrschaften wurden 1712 vereinigt und zur Reichsgrafschaft erhoben.

Innerhalb von drei Jahrhunderten ist die Burg Kerpen dutzendemal umkämpft worden. Elfmal wurden sie eingenommen, ihr und dem Ort empfindliche Wunden geschlagen. Bei den Kämpfen um die Burg 1578 wurde auch die Kollgegiatkirche durch Brand schwer beschädigt. Ein Jahrzehnt später war die Burg wiederhergestellt. Nachdem sie 1632 von holländischen Truppen eingenommen war, wurde sie wieder aufgebaut.

1689 waren es abziehende französische Truppen, die sie in Brand steckten und ihre Befestigungswerke zerstörten. Die Grafen von Schaesberg konnten sich nahezu ein Jahrhundert hindurch ihres Besitzes erfreuen. Zu Ende des 18. Jahrhunderts ließ Graf August von Schaesberg die alte Burg, die sich 700 Jahre hindurch behauptet hatte, abtragen, um nach großzügigen Plänen ein neues Schloß erbauen zu lassen. Sein Vorhaben wurde durch die Besetzung des Gebietes durch französische Revolutionstruppen vereitelt. Damit hatte die Sterbestunde für die Herrschaften Kerpen und Lommersum geschlagen. Die überaus wechselvolle und schicksalreiche Geschichte der Burg Kerpen war zu Ende.

E.H.

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