Kölnische Rundschau vom 28.7.1950

Unserer Heimat größter Reichtum

Entwicklung der Braunkohlenindustrie im Raum Bergheim

Die Braunkohle, ihre Lagerung und Erschließung, sind von ausschlaggebender Bedeutung für den Kreis Bergheim. Mit der Entwicklung der heimischen Braunkohlenindustrie ist die Bedeutung der Braunkohle langsam einem jeden bewußt geworden, ohne daß aber die meisten in der Lage wären, die Zusammenhänge zu erkennen und sich selbst ein urteil zu bilden. Wir wollen in einer heute beginnenden Artikelserie versuchen, dieses Problem unseren Lesern nahezubringen, denn die Zukunft aller Kreisbewohner wird von der Braunkohle bestimmt. Die noch folgenden Darstellungen werden sich mit den Anfängen des Abbaus, der Entwicklung bis zu Jahrhundertwende, des Aufbaues bis zum ersten Weltkrieg und der neuesten Entwicklung befassen. (die Red.)

Wie an einer Perlenschnur aufgereiht sieht der Besucher unseres Kreises schon von ferne die Schlote der Brikettfabriken auf der Höhe des Vorgebirges liegen. Nach einer Fahrt, vorbei an fruchtbaren Äckern und fetten Wiesen des Erfttales, steht er bald unvermittelt zwischen Gruben und Fabriken des Vorgebirges. Hier hat in wenigen Jahrzehnten die Industrie eine ungeahnte Entwicklung durchgemacht. Wo noch vor hundert Jahren öde Heide und dunkler Wald lagen, gähnen uns heute die schwarzen Löcher der Braunkohlengruben entgegen. Vielfältig sind die Einwirkungen dieser jungen Industrie auf das Wirtschaftsleben, auf das Landschafts- und Siedlungsbild unseres Kreises. Vielen tausend Menschen gibt diese Industrie ihr tägliches Brot. Für alle Freunde unserer Heimat, vor allem aber für die Arbeiter der Werke sei hier die Geschichte „ihrer“ Industrie aufgezeigt.

Lage und Ausdehnung der Industrie und ihre Entwicklung sind abhängig von der

natürlichen Grundlage

dem „niederrheinischen Braunkohlenflöz“, das sich in einer Länge von 35 km und einer Breite von 1 - 7 km zwischen Brühl - Liblar u. Grevenbroich erstreckt. (Karte 1)



Lage, Gliederung und Mächtigkeit des niederrheinischen Haupt-Braunkohlenflözes

Die Mächtigkeit (Dicke) der Kohleschicht liegt dabei zwischen wenigen Metern und über hundert Meter (Fortuna-Beisselsgrube), wie die Karte näher erläutert. Auffallend ist hierbei die scharfe Begrenzung des Flözes an den seitlichen Rändern. Im Verlauf der erdgeschichtlichen Entwicklung ist die ursprünglich waagerecht durchlaufende Kohleschicht vielfach gestört worden, vor allen Dingen die Erft-Scholle (Karte 2) ist besonders tief abgesunken und nahm damit das Hauptflöz mit in die Tiefe. Durch dieses Absinken verschiedener Schollen entstanden die scharfen Bruchränder im Flöz (Verwerfungen). Das Vorgebirge ist eine „oben stehengebliebene“ Scholle und bietet uns mit seinem leicht erreichbaren Flöz die Grundlage für den Braunkohlentagebau. Der geplante Braunkohlentiefbau gilt dem abgesunkenen Flöß der Erftscholle, das an Ausdehnung und Mächtigkeit die Flöze der Tagebaue weit übertrifft. Der Ostrand der Erftscholle ist an der Erdoberfläche klar zu erkennen, an ihrem Rande bzw. beim Beginn der folgenden Scholle liegt „die Linie der Kiesgruben“. (Kentener Sportplatz, Giersberggruben.) Beim Absinken der Scholle wurde hier das Deckgebirge (Kies) freigelegt. (Karte 2)



Querschnitt durch das niederrheinische Braunkohlenlager

Auch in der Laufrichtung des Flözes findet man solche Bruchstellen. Die auffallendste Stelle dürfte die Verwerfung zwischen Fortuna und Oberaußem sein. Das starke Flöz der Fortunagrube, das stärkste der Welt, bricht hier plötzlich vollkommen ab, um erst in der Nähe von Niederaußem langsam wieder emporzusteigen. (Karte 1) So erklärt sich auch die Lage der Abraumanschüttung (Ostkippe) der Fortunagrube, die zwar die unmittelbare Fortsetzung der Grube zu sein scheint, in Wirklichkeit aber auf kohlenfreiem Boden liegt. Die genannte Verwerfung allein hat Oberaußem vor dem Schicksal Bottenbroichs bewahrt!

Die Ausdehnung und die Art der Lage des Flößes waren ausschlaggebend für die Entstehung der Industrie.

Is.

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