Kölnische Rundschau vom 29. April 1950

Zwischen Himmel und Erde

Die alte Büsdorfer Windmühle soll der Nachwelt erhalten bleiben

Büsdorf. Am Fuße der alten Büsdorfer Mühle stehen wir und blicken hoch. Auf dem oberen Mauerkranz hantieren, scharf gegen den hellen Himmel gesetzt, drei Männer mit Seilen und Gerät. Vor uns liegt ein hoher Haufen bereits ausgebauter Holzteile: Dachsparren, zerbrochene und heilgebliebene Zahnräder, morsche Flügelreste, Balken und Bohlen. Daneben, gewichtig und wohlerhalten, zentnerschwere Mahlsteine. Über allerlei Gerümpel stolpern wir schließlich zum Eingang. „Vorsicht beim Hochklettern!“ - warnt man uns von oben.


Die alte Windmühle stirbt

Dann sind wir im Innern der Mühle. Der erste Absatz, von dem wir unmittelbaren Zutritt zum „Umgang“ haben, ist ohne Mühe zu erreichen. Jetzt aber wird es schwieriger. Einzeln die Leitern und die nicht mehr ganz trittfesten Zwischenböden passierend, streben wir, am Mahlgang vorbei, höher und höher. Endlich haben wir die letzten Tritte erreicht und uns, den Kopf einziehend, auf den Mauerrand geschwungen, der ehedem dem Rollenwerk der rundum schwenkbaren Dachhaube Führung verlieh. Wie schön ist es hier oben!

Der Blick geht ungehemmt in die weite Ebene. Über das Dorf, das sich mit seinem Kirchturm, seinen stattlichen Höfen und seinen schmucken Häusern in die flache Talmulde einschmiegt, schweift er in die fruchtbaren Fluren der Gillbach und fängt sich erst am Rande des Himmels, wo die Kühltürme und Schlote der Brikettfabriken eine ständige Rauchkulisse bilden.

In weitem Rund liegt das gesegnete Land vor unseren Augen. Dörfer und baumumstandene Gehöfte bringen Abwechslung in den großen Fluß der Linien. Jenseits der alten Abteikirche von Brauweiler, die schwer und türmereich in die Bannmeile Kölns hineingesetzt ist, ahnen wir im Dunst des frühen Vormittags die Silhouette der nicht mehr allzufernen Domstadt „Klick“ - macht die bilderhungrige Leica wieder und wieder.

Wir sind gerade noch zurechtgekommen, um den Ausbau des großen Achsenlagers festzuhalten, in dem sich einst die riesige Flügelachse drehte. Es ist nicht einfach, die tonnenschweren Teile aus ihrem Gefüge zu lösen und sie unbeschadet zur Erde zu bringen. Die Zeit ist nicht spurlos am Gemäuer und am Balkenwerk vorübergegangen.

Die Männer wissen, warum sie hier werken und schaffen. Es gilt, das alte Bauwerk zu erhalten. Nach dem Ausbau des nicht mehr verwendungsfähigen Dachstuhls und des nun wertlos gewordenen Getriebes soll eine abschließende Decke eingezogen werden, um Wetter und Wind fortan den Zutritt zu verwehren und das Mauerwerk für viele weitere Jahrzehnte zu erhalten.

Den Handwerkern hat unser unerwarteter Besuch eine nicht unwillkommene Abwechslung gebracht. Sie legen eine Zigarettenpause ein und antworten bereitwilligst auf unsere Fragen. 1764 sei die Windmühle von ihrem ersten Besitzer Vinzenz Könen gebaut worden. Die alten Leute im Dorf wüßten noch zu erzählen, daß der bald schwerreiche Müller das Geld scheffelweise ins Haus getragen habe. Was wir - mit den nötigen Abstrichen natürlich - gerne glauben, denn eine reiche Kornkammer ist das Land an der Gillbach auch heute noch, und diese Mühle war weit und breit die größte.

Heute sind die großen Flügel „demontiert“. Im Zeitalter der Dampfmaschine und der Elektrizität ist der Mensch nicht mehr unbedingt auf die Windkraft angewiesen. Dennoch tut der jetzige Besitzer des Gehöftes zu Füßen der Mühle alles, um wenigstens das alte Gebäude zu retten. Wenn Ausbau und Umbau vollendet sein werden, wird sich der stumpfe Turm geländerumwehrt als das präsentieren, was er eigentlich schon immer gewesen ist: als Luginsland und steinernes Denkmal bäuerlich-bewahrender Regsamkeit.

H-n.

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