Kölnische Rundschau vom 22. März 1950

Obus-Verkehrskreuz durch ganz Köln geplant

Erste Obus-Linie Rudolfplatz-Hohenlind macht im Herbst 1950 den Anfang

Die Vorbereitungsarbeiten für die erste Kölner Obusstrecke sind im Gange, wie uns gestern Direktor Dr. Lehner von den Städtischen Bahnen mitteilte. Im Etat der Städtischen Bahnen für dieses Jahr ist die Summe von 500.000 DM für die Verkehrsumstellungen eingesetzt, und mit diesen Mitteln wird man die erste Linie, die vom Rudolfplatz nach Hohenlind führen wird, starten können. Die Linie erhält über Mommsenstraße und Neuenhöfer Allee eine Zufahrt zum Straßenbahnhof Sülz, der gleichzeitig als Stützbahnhof für die Obusse fungieren wird, wo die Wagen stationiert sind, gepflegt und unterhalten werden. Es ist beabsichtigt, die 3,45 km lange Strecke Rudolfplatz-Hohenlind mit vier Obussen zu betreiben, von denen einer als Reservewagen gedacht ist. Die Wagen sollen sämtlich einen Anhänger mitführen, der sich auch bei den bisherigen Autobuslinien bewährt hat. Die Straßenbahnverwaltung hatte ursprünglich die Absicht, die Linie vom Rudolfplatz gleich bis zum Zentralumsteigeplatz auf dem Neumarkt durchzuführen, mußte diesen Plan aber vorläufig zurückstellen, bis die endgültigen Verkehrsverhältnisse am Rudolfplatz festgelegt sind.

Der Oberleitungs-Omnibus (Obus) hat als schienenloses Verkehrsmittel den Straßenbahnen gegenüber den Vorteil größerer Verkehrswendigkeit. Dem Autobus gegenüber hat er das Prae, als elektrisches Fahrzeug von Treibstoffen und Treibstoffpreisen unabhängig zu sein. Da auch die Auspuffgase wegfallen, wird er in Fachkreisen

als sauberes Verkehrsmittel

bezeichnet. In Köln wird für geraume Zeit allerdings die Straßenbahn die Verkehrsgrundlage bleiben. Man wird sie in den großen Verkehrszügen und auf den Ringen weiter benutzen, schon aus dem einfachen Grunde, weil das in den Bahnanlagen investierte Kapital genutzt werden muß. Würde man den gesamten Straßenbahnverkehr der Innenstadt auf Obus umstellen, dann wäre die aus einer solchen Radikalumstellung resultierende Belastung so groß, daß die Obuslinien sich auf viele Jahre hinaus nicht rentieren würden. Bei aller Fortschrittlichkeit wird sich unter den heutigen Verhältnissen keine deutsche Stadtverwaltung ein solches Experiment leisten können. Nach den bisherigen Erfahrungen, die in anderen Städten mit Obusbetrieben gemacht worden sind, ist ihre Wirtschaftlichkeit für Strecken, die nicht übermäßig belastet sind, gegeben. Man denkt aber in der weiteren Kölner Verkehrsentwicklung daran, das Grundnetz der

Straßenbahnen mit einem ergänzenden Obusnetz

zu überlagern. Dieses kommende Obusnetz ist als großes Verkehrskreuz der West-Ost- und der Nord-Süd-Achse gedacht. An den Enden dieses Verkehrskreuzes würden sich dann die Obuslinien, nach dem praktischen Verkehrsbedarf ausgerichtet, gabeln. Auch die an manchen Stellen noch fehlenden Querverbindungen sollen mit der Zeit durch Obuslinien hergestellt werden. Das alles ist natürlich eine Planung, die sich erst in einer Reihe von Jahren verwirklichen läßt.

Die Einrichtung von Obuslinien beansprucht nämlich beträchtliche Mittel. Es ist nicht so, wie mancher Laie vielleicht anzunehmen geneigt ist, daß die Obusse die Oberleitung der Straßenbahn benutzen könnten. Da der Stromkreislauf bei einer Straßenbahn und bei einem Oberleitungs-Omnibus verschieden geartet ist, braucht der Obus eine Oberleitung mit zwei Fahrdrähten, die mit den beiden auf dem Obus montierten Stromabnehmerstangen in ständigem Kontakt stehen. Diese beiden Fahrdrähte (Oberleitung), die in einem Abstand zwischen etwa 300 bis 500 mm voneinander gespannt werden, müssen natürlich auf der gesamten Obusstrecke montiert werden. Trotz seiner Gebundenheit an die Oberleitung hat der Obus die Möglichkeit, etwa vier bis fünf Meter weit auszubiegen, was ihn gegenüber den schienengebundenen Fahrzeugen

als besonders beweglich

erscheinen läßt. Er kann also überholen wie ein normaler Omnibus.

Seitdem im Jahre 1932 die erste moderne Obusanlage in Deutschland auf der Strecke zwischen Mettmann und Gruiten in Betrieb genommen worden ist, hat sie sich in einer Anzahl von Städten bereits durchgesetzt. Der Krieg hat die Weiterentwicklung lediglich unterbrochen, aber nicht aufhalten können. Ähnlich wie man bei der Bundesbahn die Elektrifizierung abschnittsweise durchzuführen plant, wird man in Köln auch die Obuslinien schrittweise errichten. Ihre Verkehrsbewährung dürfte lediglich in Sonderfällen noch zu fachlichen Erörterungen führen. Bis zur praktischen Verwirklichung der Einrichtung größerer Obusstrecken werden wir uns noch in Geduld fassen müssen.

Lo.


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