Kölnische Rundschau vom 8. März 1950

Neue Kraftwerke im Braunkohlerevier

Versuchsanlagen für den Tiefbau

LW. Der Stromverbrauch Westeuropas betrug 1937 150 Mrd. Kwh. Der gleiche Bedarf liege jetzt wieder vor, erklärte Prof. Bille (Eschweiler) auf einer Tagung der Industrie- und Handelskammer Aachen. Bei einer jährlichen Steigerung des Strombedarfs um etwa 8 vH werde der Strombedarf im Jahre 1969 auf etwa 300 Mrd. KWh geschätzt. Man rechne 1953 schon mit 270 Mrd. Kwh. Um diesen Bedarf zu decken, müssen erhebliche Kraftwerkausbauten vorgenommen werden. Frankreich, Schweiz, Italien und England haben große Ausbaupläne. Auch für das Bundesgebiet, speziell das Rheinische Braunkohlenrevier, liegen bereits Pläne vor. Auf Grund des Planes der Deutschen Kohlenbergbauleitung von 1948 sollen 1963 nach Abzug des direkten Industrieverbrauchs 33 Mio Jato für die Krafterzeugung bleiben, was einer Jahreserzeugung von 13,7 Mrd. KWh entspreche. Auf diesen Tatsachen basierend sollen die öffentlichen Kondensationskraftwerke des rheinischen Reviers ihre installierte Leistung um 1,2 Mio kW erhöhen.

Es lägen folgende Kraftwerksprojekte vor: Bau einer Hochdruck-Vorschaltanlage von 340 MW beim Goldenbergwerk. Das erste Halbwerk soll bereits 1952 anlaufen. Das Hochdruckkondensationskraftwerk Frimmersdorf (400 MW). Der Aufschluß der Grubenfelder, der bereits in Angriff genommen wurde, wird noch 5 Jahre dauern. Beginn der Stromerzeugung 1953/54. Fertigstellung des Werkes 1956. Hochdruckkondensationskraftwerk Weisweiler (300 MW), dessen 4 Mill Jato Kohlebedarf aus dem Tagebau Zukunft-West der Biag, der auf eine Gesamtjahresförderung von 10,4 Mill t ausgebaut wird, gedeckt werden soll, schrittweise Inbetriebnahme des Werkes 1952-54. Die Gesamtleistung der drei großen Neubauten beträgt 940 MW. Außerdem soll noch eine größere Vorschaltanlage von 120 MW in dem öffentlichen Kraftwerk Fortuna erstellt werden.

Die to-Leistungen des rheinischen Braunkohlenbergbaues sei über die Jahresbestleistungen der Vorkriegszeit gestiegen. Da im südlichen Revier in absehbarer zeit verschiedene Tagebaue auslaufen werden, müssen diese Ausfälle durch wachsende Förderleistungen aus neuen Tagebauen, Tieftagebauen und Tiefbauen gedeckt werden. So plant man die Errichtung zweier Großtagebaue in der Nähe von Garzweiler und Niederaußem, die den Einsatz neuer Großgeräte erforderlich machen. Die Förderkapazität der vorhandenen Tagebaue bei Eschweiler soll auf 36.000 to täglich verdreifacht werden. Die Frage, ob künftig Tieftagebaue oder Tiefbaue erforderlich seien, wäre noch nicht geklärt. Eine Versuchsschachtanlage für Tiefbau bei Morschenich werde in der zweiten Hälfte dieses Jahres mit dem Ausfahren beginnen. Nach den Erfahrungen der nächsten 15 Jahre werde es sich zeigen, ob der Tiefbau dem Tieftagebau zur Seite gestellt werden kann.

Im rheinischen Braunkohlenbergbau sind über 24.000 Menschen beschäftigt. Es lasse sich noch nicht übersehen, wieweit die Betriebe von dem neuen Gesetz 75 betroffen werden. 70 vH der Rohbraunkohle werden für Hausbrand, in der Industrie für Briketts, und 30 vH zur Erzeugung von Strom verwendet. Die Briketterzeugung habe den Stand von 1938 überschritten. Das rheinische Revier förderte 1949 rund 60 Mio Rohbraunkohle, die Brikettherstellung betrug 12,8 Mio 6, aus Gegendruckkraftwerken wurden 1,6 Mrd, kWh erzeugt.

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