Kölnische Rundschau vom 9.11.1950

Kostspieliges Projekt - aber dringend notwendig

Wann werden hier erträgliche Zustände geschaffen?

Bergheim. Es ist nicht das erste Mal, daß wir von dem beschrankten Bahnübergang auf der Bundesstraße 55 zwischen Bergheim und Kenten und von dem unbeschrankten Bahnübergang auf der Heerstraße, an dem vor wenigen Monaten ein Unglücksfall fünf Todesopfer forderte, mit ernster Sorge sprechen. Diese Sorge bewegt nicht nur seit langem die Zeitungen und die breite Öffentlichkeit. Auch die Polizei und die Kreisverwaltung haben sich dieser gefahrvollen Zustände angenommen. Am Dienstagmorgen hatte nun der Regierungspräsident einen Termin anberaumt, an dem der Verkehrsdezernent der Regierung, Dr. Barabosch, der Oberkreisdirektor, Inspektor Brücken, Vertreter der Bundesbahn, des Landesstraßenbauamtes, der Regierungspolizei und Amtsdirektor Paeslack teilnahmen. Gegenstand der Beratungen an Ort und Stelle war, was getan werden könne, um diesen beiden Gefahrenpunkte zu beseitigen.

Der steigende Verkehr erhöht die Gefahren und müßte demnach auch zur Folge haben, daß die verkehrssichernden Maßnahmen in gleicher Weise Schritt hielten. Doch nutzen alle Sicherungsmaßnahmen nichts, wenn nicht auch die Disziplin de Verkehrsteilnehmer wächst. Jeder Kraftfahrer wird nahezu bei jedem fünften Kilometer seiner Fahrt durch die Unaufmerksamkeit oder Leichtfertigkeit anderer Verkehrsteilnehmer in Gefahr gebracht, von dem im Bewußtsein seiner Stärke rücksichtslos draufzufahrenden Fernlaster bis zu den immer noch auf Hauptverkehrsstraßen spielenden Kindern. Die Zahlen der allein im Kreise Bergheim zugelassenen Kraftfahrzeuge, die in der letzten Kreistagssitzung beiläufig genannt wurden, sprechen ebenfalls eine eindringliche Sprache. Der Vorkriegsstand war 3729 Kraftfahrzeuge im Kreis. Im April dieses Jahres waren

bereits wieder 4034 Kraftfahrzeuge zugelassen.

Dies Zahl erhöhte sich bis zum 1. September auf 4909 Kraftfahrzeuge.

Alle diese Fakten zusammengenommen machen die Notwendigkeit einer fortschreitenden Verkehrssicherung durch erhöhte Disziplin und fortschrittliche Anlagen notwendig. Der Oberkreisdirektor bezeichnete mit Recht die Zustände an der Schranke der bundesstraße in Kenten als vorsintflutlich. Viele mit den Ortsverhältnissen vertraute Kraftfahrer benutzen, der häufigen Schrankensperrung der Hauptverkehrsstraße wegen, immer mehr die Heerstraße, und dieselben Gründe bewogen ja auch den Fahrer des Unglückswagens im März, diesen Weg zu nehmen. Eine Verkehrszählung, die das Straßenverkehrsamt nach dem Unglück an dieser Stelle durchgeführt hat, ergab folgende Zahlen für den Verkehr eines Tages zwischen 8 und 20 Uhr: Der unbeschrankte Bahnübergang Heerstraße wurde in dieser Zeit passiert von 81 Lastkraftwagen, 129 Personenwagen, 113 Krafträdern, 630 Fahrrädern, 427 Fußgängern, 54 Fuhrwerken und 54 Eisenbahnzügen.

In der Frage, wie diesen Zustand der Unsicherheit an beiden Punkten abzuhelfen sei, waren die besichtigenden Herren am Dienstag mit dem Vertreter der bundesbahn einig, der die

Beseitigung der Gefahr nur durch eine Überführung der Bahn über beide Straßen

für möglich hielt. Dieses Projekt aber wurde auf 650.000 Kosten geschätzt. Die Bundesbahn ist bereit, sich mit 130.000 DM zu beteiligen. Der größere Rest müsse vom Land und den Gemeinden aufgebracht werden. Die Verwirklichung dieses Planes stößt jedoch zur Zeit auf unüberwindliche finanzielle Schwierigkeiten. Der Oberkreisdirektor wird in Zusammenarbeit mit den Regierungsstellen alles unternehmen, damit dieser Betrag im nächsten Haushaltsjahr in den Etat des Verkehrsministeriums eingesetzt wird. Bis dahin aber ist eine Zwischenlösung für den Gefahrenpunkt Heerstraße unbedingt notwendig. Die Anlage eines Blinklichtes ist als Provisorium finanziell nicht gerechtfertigt, da sie 30.000 DM kosten würde. Ebenso ist es mit der Anlage einer Schranke, die zwar „nur“ 15.000 DM erfordert, deren Bedienung und Unterhaltung aber jährlich mindestens 10.000 DM zusätzlich erfordern würde. So entschloß man sich also, mehrere

anstrahlbare Stopschilder

anzubringen. Diese Stopschilder sind ein neuartiges amerikanisches Patent, sie leuchten auch in Dunkelheit und selbst bei Nebel bis zu 200 Meter weit und bilden als Warnsignale eine brauchbare Übergangslösung. Dabei waren alle beteiligten Herren sich darin einig, daß das Problem keineswegs damit gelöst sei, sondern daß diese Schilder tatsächlich nur eine Zwischenlösung darstellen. Eine Lösung kann nur die geplante Überführung bringen.

Die Bevölkerung wird wohl allgemein mit Freude zur Kenntnis nehmen, daß ein alter und stets bedenklicher werdender Gefahrenpunkt endlich beseitigt werden soll. Hoffentlich bleibt es nicht zu lange bei der Planung. Sonst könnte es gehen wie in Leverkusen - Schlebusch, wo erst 20 Kinder zu Tode kommen mußten, bis auf einmal alle Geldschwierigkeiten keine Rolle mehr spielten und alle den Bau der Überführung bereitwilligst unterstützten. Uns wäre ein großes Opfer für eine Unterführung zu groß. Die neue Warnanlage und noch größere Verkehrsdisziplin werden uns wohl vor einer solchen Katastrophe bewahren; im nächsten Jahr haben wir dann hoffentlich die Freunde, den Beginn der Arbeiten für die unter- bzw. Überführung melden zu können.

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