Kölnische Rundschau vom 24.10.1950

Gleiserneuerung im Königsdorfer Tunnel

Gefährliche Arbeit - Starke Verrostung und deshalb kurzlebige Schienen

Horrem. In der vorigen Woche haben unter der Leitung des technischen Reichsbahnoberinspektors Königstein, Horrem, Horrem, im Königsdorfer Tunnel Arbeiten zur Gleiserneuerung begonnen. Um den Anforderungen des Betriebes zu entsprechen, ist das Gleis völlig gesperrt. Gleichzeitig wird auch die Beleuchtung erstmalig voll elektrisch hergestellt. 540 Meter Gleis werden von 54 Lampen beleuchtet. Da die rußgeschwärzten Tunnelwandungen große Lichtmengen aufsaugen, hat man 300-Watt-Lampen anbringen müssen.

Zwei Firmen des Kreises Bergheim und eine Kölner Firma führen die Gleisarbeiten in drei Schichten aus. Die erste Schicht entfernt das alte Gleis. Die zweite Schicht reinigt die Bettung und fährt die Rückstände hinaus, und die dritte Schicht legt das neue Gleis. Dieses besteht aus Schienenlängen von 240 Metern, die aus 30-Meterlängen zusammengeschweißt sind. Die Schweißung wurde auf einem Bahnhof durchgeführt und die fertigen Längen auf einem besonderen Einfahrgerät in den Tunnel gebracht. Die neuen Schienen sind aus besonders hartem „verschleißfestem“ Material, mit einem Schutzanstrich aus Mennige und Bitumen, um zu verhüten, daß die Schienen rosten.

Die Verrostungsgefahr ist bei der großen Feuchtigkeit im Tunnel sehr groß. Das andere, im Vorjahr ausgewechselte Gleis ist auf die gleiche Weise geschützt. Man hofft, dadurch die Haltbarkeit zu erhöhen. Bezeichnend für den Verschleiß der Gleise im Tunnel ist die Tatsache, daß eine Auswechslung bisher alle sieben Jahre durchgeführt werden mußte. Freiliegende Schienen sind nach ungefähr 20 bis 25 Jahren für Hauptstrecken unbrauchbar, können dann aber immer noch auf Nebenstrecken für Kleinbahnen oder als Rangiergleise benutzt werden.

Die Arbeitsbedingungen sind sehr ungünstig und die Arbeitsstätte voller Gefahren, verkehren doch auf dem anderen Gleis täglich 130 Züge. Vier Sicherheitsposten sorgen für rechtzeitige Warnung der Arbeiter bei Annäherung eines Zuges. Sie stehen mit den Stationen Horrem und Groß-Königsdorf in fernmündlicher Verbindung, und jeder den Bahnhof verlassende Zug wird ihnen gemeldet. Ihre lauttönenden Typhone durchdringen die Arbeitsgeräusche und sind weithin hörbar. Bei jeder Schicht arbeiten durchschnittlich 80 Mann im Tunnel. Sie erhalten zur Verhütung von Vergiftungserscheinungen infolge der Rauchentwicklung der Lokomotiven täglich ein Liter Vollmilch. Für die Durchführung der gesamten Arbeiten sind 18 Arbeitstage vorgesehen, so daß sie voraussichtlich bis zum 4. November beendet sein werden.

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