Kölnische Rundschau vom 14.9.1950

Vom Rutenschlag bis zur Dreschmaschine

Getreidedrusch im Wandel der Zeiten - Der „Korndämon“

In vielen Dörfern und Gehöften sieht man jetzt wieder die Dreschmaschinen stehen, ohne die das Getreide nicht rasch genug gewonnen und zu Mehr vermahlen werden könnte. Doch nicht immer stand dem Menschen die Errungenschaft der modernen Technik zur Verfügung, auf die heute kein Landwirt mehr verzichten kann. Ursprünglich hat man das Getreide, Hülsenfrüchte und Ölgewächse einfach mit ruten ausgepeitscht, um sie zu entkörnen. Später ließ man dann die Ähren durch Pferde austreten, wie dies noch im vergangenen Jahrhundert an manchen Orten üblich war.

Die alten Ägypter, Karthager und Römer verwandten zur Entkörnung geringelte Walzen und durch Einschlagen von Zapfen oder Steinen rauh gemachte Bohlen oder Schleifen. Diese wurden mit eigenen Dreschwagen oder –schlitten über am Boden ausgebreitetes Getreide gezogen. Auch diese primitive Methode hat sich in manchen Gegenden bis in die Gegenwart hinein erhalten.

Bengel und Flegel

Die weiteste Verbreitung aber fand doch der Dreschflegel, mit dem das Getreide entweder auf der Tenne oder noch auf freiem Felde von kräftigen Bauernfäusten in rhythmischem Gleichtakt bearbeitet wurde, daß die Körner nur so davonstoben. Ein Vorläufer dieses Werkzeuges war der „Bengel“, eine gebogene, mit eisernen Ringen versehene Stange. Der eigentliche Dreschflegel bestand aus einem beweglichen Klöppel, der durch einen Drahtbügel oder Lederriemen mit dem Stiel verbunden war.

Um den Dreschern, das für ihre Arbeit erforderliche Taktgefühl beizubringen, waren die verschiedensten Dreschreime im Umlauf. Humor und Spottlust des Landvolks kamen dadurch gleichermaßen zu ihrem Recht. Das Tageswerk der Handdrescher war mühsam und schwer. Schon um 4 Uhr morgens wurde damit begonnen und die Getreidekörnung nur von kurzen Pausen zur Einnahme der Mahlzeiten unterbrochen, bis zur abendlichen Stallarbeit fortgesetzt. Am Stephanietag wurde dann in Süddeutschland als Freudenfest der herkömmliche „Drischelkirta“ gefeiert, bei dem es hin- und herging und oft die ganze Nacht hindurch geschmaust, gesungen und getanzt wurde.

Der Dreschkönig

Mit dem Aufkommen der Dreschmaschine war durch die Nöte des ersten Weltkrieges auch diesen alten Bräuche ein Ende bereitet worden. Andere Sitten konnten sich etwas länger erhalten. Im Oberinntal und in anderen Gegenden Süddeutschlands kannte man den „Drischelkönig“ oder „Dreschkönig“. Diese Würde errang, wer beim Getreideausdreschen den letzten Schlag führte, nachdem schon der Vordrescher durch Daumen aufheben das Zeichen zum Aufhören gegeben hatte. Dadurch sollte der in der letzten Gaben sitzende Korndämon, der Gewitterhahn oder Kornwolf genannt wurde, erschlagen werden. Dem „Dreschkönig“ pflegte man dann einen Strohkranz auf das Haupt zu setzen und dann im Triumph im ganzen Dorf herumzuführen.

Wie gesagt, heute ist an die Stelle dieser alten sinnreichen Bräuche fast überall das moderne monotone Summen der Dreschmaschine getreten, das dennoch für den Landmann das schönste Lied ist, da es für ihn die Erfüllung aller Erntehoffnungen und den Abschluß arbeitsreicher Sommerwochen bedeutet.

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