Im „wilden Bergland“ waren sogar Dampflokomotiven durstig


Die alte Eisenbahnstrecke zwischen Blankenheim-Wald und Ahrdorf

Von Eginhard Kranz


Pfarrer Loeffelsend aus Reetz berichtet im Eifelvereinsblatt von 1913 unter der Überschrift »Wieder eine neue Eisenbahn« über den Bau und die Eröffnung der Bahnstrecke zwischen Blankenheim-Wald und Ahrdorf, die 1993 den 80. Geburtstag gefeiert hätte, wenn, ja wenn es sie noch gäbe! Heute ist die Trasse teils verwildert, der Schotter ist abgetragen, Tunnels sind zugeschüttet oder zugemauert, Stücke von Bahndämmen wurden abgetragen und Unterführungen sind verschwunden. Die einst stolzen Bahnhöfe sind verkauft und befinden sich mit einer Ausnahme (Blankenheimerdorf) in mehr oder weniger baulich heruntergekommenem Zustand.


Der Bahnhof Blankenheim-Wald an der Strecke Köln - Trier. Bis auf das Gleis der Hauptstrecke sind alle anderen Gleise mit dem direkt vor dem Bahnhof liegenden Gleis der Strecke nach Ahrdorf abgebaut worden.


Doch zurück zu dem noch heute gut bekannten Pfarrer aus Reetz. Er schrieb:

Am 1. April 1910 wurde die jetzt betriebsfertige Strecke Ahrdorf-Blankenheim (Wald) in Angriff genommen. Aus aller Herren Länder strömten die Arbeiter zusammen - vom Balkan und aus Italien, aus Holland, Frankreich und vom Norden und Süden des eigenen deutschen Vaterlandes. 1911 und 1912 waren zeitweise über 5000 fremde Bahnarbeiter allein in der Bürgermeisterei Blankenheim beschäftigt. In Reetz wohnten (bei zirka 230 Eingesessenen) monatelang über 100 Holländer, Kroaten und Italiener. Rauhe Menschen, gute Menschen, harte Arbeit, viel Verdienst, viel Spargroschen für die Angehörigen in der fernen Heimat, viel Durst, manche Unglücksfälle, manche Ungebührlichkeiten, manche Exzesse. - - - Doch nun sind sie wieder verschwunden, die fremden Gesellen und es ist alles wieder in Ruhe und Frieden.

In der »Blankenheimer Zeitung« erschien vor der Inbetriebnahme der Bahnlinie eine Streckenskizze mit den Bahnhöfen und den Ortschaften mit einem Fahrplanentwurf. Der Bahnbau war bei Beginn der Arbeiten auf ca. 5 Millionen Mark veranschlagt worden. Die Gesamtkosten der relativ kurzen Nebenstrecke betrugen dann nach Fertigstellung 7 ¾ Millionen Mark.

Es heißt, daß das »Wilde Bergland« und die drei notwendigen Tunnels mit nicht vorhersehbaren geologischen Schwierigkeiten die Kosten in die Höhe getrieben haben. Der erste Tunnel beginnt gleich hinter dem Bahnhof Ahrdorf, ist 392 Meter lang und liegt in einer vollen Kurve, der Finkenberg-Tunnel in Mülheim ist 314 Meter lang und der Blankenheimer Tunnel mit 112 Metern ist der kürzeste, aber durch die geologischen Verhältnisse auch nicht viel billiger.


Streckenskizze der Bahnlinie


Unterquerung kurz vor dem Bahnhof Blankenheim


Tiefer Einschnitt mit gewölbter Brücke vor Blankenheimerdorf (Bildmitte)


Hinter diesen Eisenbahnprojekten in der Eifel steckten militärische Überlegungen. In den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden nach und nach alle privaten Bahnen verstaatlicht, und ab diesem Zeitpunkt begann der Eisenbahnbau in der Eifel, beeinflußt von strategischen Gesichtspunkten. Alle Strecken sind daher in Nord-Süd- und in West-Ost-Richtung angelegt worden; d. h. hin zur Front und längs zur Front nach militärischen Bauvorschriften.

Die Bahnhöfe befinden sich auch oft weit außerhalb von Ortschaften. In vier Jahrzehnten wurden im Bereich der Eifel bis 1913 fast 1000 Kilometer Bahnstrecken gebaut. Eine der letzten war die hier beschriebene Strecke.

Noch einmal zu Pfarrer Loeffelsend. In seinem Beitrag schreibt er euphorisch:
In der allernächsten Zeit bewundere ich in dem frisch lackierten Bahnzuge Ahrdorf - Blankenheim (Wald) die Berge und Täler, die Wiesen und Wälder - unser herrliches Touristenland, die Eifel an der oberen Ahr! Und nicht nur das, ich mache auch Halt auf einer der kleinen Stationen und wandere hinauf und hinunter, schaue hin und her in Wald und Feld und unterhalte mich bei einfachem Mahle im niedrig trauten Eifelhause mit schlichten, braven Naturkindern, die sich herzlich freuen, daß sie in ihrem bis jetzt fast verlorenem Tale, auf den von der großen Welt schier unbekannten Bergen nun auch etwas mehr Menschen aufgesucht und geschätzt werden. So soll es sein, immer mehr hinein in die Eifel, in das romantisch-schöne, gesunde deutsche Gebirgsland; diese Berge und Täler und ihre Bewohner, sie haben es wohl verdient, daß nun der Zauberstab des eisernen Schienenweges sie mehr und mehr einer glücklichen Zukunft entgegenführt.

Der Baubeginn der Strecke war am 1 .April 1910. Nach nur drei Jahren Bauzeit wurde sie in Betrieb genommen. Das ist auch aus heutiger Sicht eine ungewöhnlich kurze Zeit. Waren doch drei Tunnels, 18 gewölbte Durchlässe und 37 Bahnunter- und -überführungen zu bauen. Rechnet man noch die Bahnhöfe und die vielen Einschnitte und Bahndämme dazu, so ist es kaum zu glauben, daß diese Zeit ausgereicht hat.

Über den schon erwähnten Finkenberg-Tunnel ist 1911 folgendes berichtet worden:

»Wegen des druckhaften Gebirges bereitete seine Herstellung besonders große Schwierigkeiten. Der Gebirgsdruck trat an einzelnen Stellen derart stark auf, daß die 40-50 cm starken Stempel oft Mann an Mann gestellt werden mußten. Die Stärke des Gewölbes beträgt 0,80 m im Durchmesser, in einer Zone sogar 1 ,60 m. Trotzdem haben sich bei der Ausrüstung in der Nähe des Tunnelportals, wo selbst starker Wasserdrang hervor trat, Verschiebungen in der Längs- und Querachse gezeigt. Diese Verschiebungen sind durch eine teilweise Verstärkung des Gewölbes, durch den Einbau von eisernen Rippen sowie durch Hinterpressen von Zement mit Preßluft, nach patentiertem Verfahren, beseitigt worden.«
Zu den Arbeits- und Transportmaschinen schrieb man :

»Die Dampfbagger waren die imposantesten Maschinen der Bahnbauzeit. Es waren hier mehrere im Einsatz.

Ohne diese Maschinen wären die immensen Erdbewegungen, die gewaltigen Einschnitte und der lange hohe Damm, der Mülheim durchtrennt, kaum möglich gewesen. Am Forellenhof wurde z. B. ein 30 m tiefer Einschnitt durch eine Mauer mit rund 1000 cbm Beton gegen Bergrutsch gesichert.

Die Feldbahnen waren wichtigstes Transportmittel, ohne die die Tunnel- und Brückenbauten sowie die gewaltigen Erdbewegungen nicht in so kurzer Zeit möglich gewesen wären. Als die Haupterdbewegungen beendet waren und die Loks anderswo gebraucht wurden, mußten 30 Ochsen den Spezialtransportwagen mit je einer Lok aus Mülheim zur Chaussee hochziehen. Für eine noch schwerere Lok wurden jeweils stückweise Schienen die Hauptstraße hochgelegt, und sie arbeitete sich aus eigener Kraft zur Chaussee hinauf. Auf die Schienen gestreuter Sand half dabei.«

Trotz aller damals zur Verfügung stehenden Techniken war die menschliche Arbeitskraft verhältnismäßig hoch. Es wird berichtet, daß allein in der Bürgermeisterei Blankenheim bis zu 5 000 fremde Bahnarbeiter beschäftigt waren. Für die Einheimischen brachte der Bahnbau auch Vorteile durch die Wertsteigerung der Grundstücke, bessere Verdienstmöglichkeiten durch Vermietungen an die Arbeiter und deren Verpflegung oder durch Fuhrtransporte von Erdreich etc.


Bahnhof Blankenheimerdorf vom ehemaligen Bahnsteig aus

Feldwegüberführungen nördlich vom Blankenheimerdorf


Dazu heißt es aus Mülheim:
»Werktags verdienten viele Mülheimer sich gerne beim Bahnbau Geld, besonders außerhalb der Feldarbeitszeiten.
Eine Fuhre Sand zur Bahn brachte rund 5,- M. , und leicht sollte man mit Handarbeit in 14 Tagen 20 Mark verdient haben können, soviel wie man vorher kaum gesehen hatte (zum Vergleich: ein Morgen Land kostete vor dem Bahnbau 4 bis 5 Mark) Die Bahnstrecke führte im großen Bogen fast 10 km über Mülheimer Gebiet und so gab es viel und über lange Zeit Arbeit. Man konnte sich mehr leisten und auch die Kirche erhielt Anteil, wodurch die großartige Renovierung möglich wurde.«

Am 1. Mai 1913 wurde die neue Bahn eingeweiht. In dem Buch von Maria Wallisfurth »Sie hat es mir erzählt«, in dem sie die Lebensgeschichte ihrer taubstummen Mutter Maria Giefer aus Freilingen wiedergibt, sind die damaligen Ereignisse kurz erwähnt worden. Es heißt:

»Am Vorabend der Maikirmes geht es im Tanzsaal Meiershof in Freilingen hoch her. Die Musikanten spielen - der Saal ist mit Girlanden geschmückt und im Schein vieler Petroleumlampen sehen die Mädchen hübsch aus in ihren Festtagskleidern. Alle sind lustig, auch die vielen Fremden im Saal, die an der neuen Bahnstrecke gearbeitet haben. Morgen wird die Bahn das erste Mal von Blankenheim bis Ahrdorf fahren.«

An diesem schönen Maientag strebte alles, was Beine hatte, zu diesem wahrlich nicht alltäglichen Ereignis zum Bahnhof Freilingen. Vater Giefer hatte sein Pferd angespannt und so ging es im Leiterwagen mit der ganzen Familie in Richtung Ahrtal. Soviel Volk hatte es dort noch nie gegeben. Die neue Brücke mit vier weiten Bögen spannte sich herausgeputzt über Straße und Ahr. Sie ist auch heute noch in gutem Zustand.


Bahnhof Blankenheim (Eifel)


Maria Giefer, die taubstumme Tochter, sah den mit Girlanden geschmückten Freilinger Bahnhof, Musikkapellen, Uniformen, Arbeiter in Sonntagsanzügen, Fremde aus der Stadt mit Zylindern und steifen Hüten und die vielen Bauern mit Kindern aus den umliegenden Dörfern . Vater Giefer blieb mit seinem Gespann auf der Ahrtalstraße stehen, und so konnten sie vom Wagen aus die Brücke und den Bahnhof gut beobachten. Dann war es soweit. Langsam fuhr der geschmückte Zug in den Bahnhof ein. Jemand hielt eine lange Rede, dann spielte die Musik, Hüte flogen hoch, und der erste Bahnhofsvorsteher des Bahnhofes Freilingen gab das Abfahrtssignal -der Zug setzte sich mit Zischen, Fauchen und Pfeifen in Bewegung, so daß es weit in den Ahrbergen widerhallte. Dann überquerte er die Brücke und gelangte auf die andere Seite der Ahr .

Zu dieser Zeit konnte man ihn bis kurz vor Ahrhütte verfolgen. Heute verschwindet der Bahndamm gleich hinter der Brücke in dichtem Wald und Busch. Doch für die Familie Giefer stellte die neue Bahn eine große Erleichterung dar . Von 1905 an besuchte Maria Giefer die Taubstummenschule in Aachen. Zum Bahnhof Blankenheim-Wald war es ein Fußweg von 3 ½ Stunden. Aber jetzt war es nur noch eine gute halbe Stunde zum Freilinger Bahnhof.


Bahnhof Mülheim (Eifel)


Noch einmal wurde die Bahn von Maria Giefer erwähnt, als 1916 wegen hohem Schnee keine Eisenbahn fahren konnte und sie deshalb mit ihrem Vater nach Blankenheim zu Fuß und bei eisigem Schneetreiben dringend zum Zahnarzt mußte.

In Mülheim gab es am Tag der feierlichen Eröffnung eine Freifahrt für alle bis Ahrdorf und zurück. Man schrieb, daß der Andrang so groß gewesen sein soll, daß längst nicht alle mitkamen.

» Täglich fuhren damals 4 Personenzüge in Richtung Ahrdorf (8.46 h, 10.55 h, 15.31 h, 18.41 h) und vier Züge in Richtung Blankenheim-Wald (6.49 h, 10.55 h, 15.31 h, 18.41 h); in den 30er Jahren waren es sogar 6 Züge in jeder Richtung. Ein Güterzug fuhr jeden Morgen hin und zurück.

Bei den Personenzügen gab es früher die 1. bis 4. Klasse; auf der Ahrstrecke fuhren aber meist nur Wagen der 3. Klasse.«

Über die Kriegsereignisse ist nachzulesen:
»Den 1 .Weltkrieg überstand die Bahn schadlos; ihrem Hauptbauzweck entsprechend war sie in dieser Zeit mit Material- und Truppentransporten voll ausgelastet gewesen .

Auch im 2. Weltkrieg trafen die Gegner die Bahn auf Mülheimer Gebiet nicht wesentlich, trotz verschiedener Angriffe (z. B. 1940, 1944); wenige Monate vor Kriegsende trafen sie statt dessen Kinder und Zivilisten .

Auch in diesem Krieg fiel der Bahn große Bedeutung als Nachschubstrecke zu. Als die Front näher kam, dienten die Tunnel Munitions- oder Treibstoffzügen, tagsüber als Versteck vor Tieffliegern; zeitweise lag dort ein schweres Eisenbahngeschütz, das nachts auf den Mülheimer Damm kam, einige Schüsse abgab und wieder im Tunnel verschwand, ehe es geortet werden konnte.

Zerstört wurde die Strecke schließlich bei Kriegsende von eigenen Leuten. Der Blankenheimer Tunnel und zwei von den 9 Mülheimer Brücken wurden gesprengt und als Panzersperren mit Baumstämmen verrammelt. Die Amerikaner schoben bei ihrem Eintreffen alles in kürzester Zeit mit ihren Räumpanzern beiseite. Zwölf Brücken wurden zwischen Blankenheim-WaId und Ahrdorf zerstört; nach dem Krieg baute man alles wieder mühsam auf.

Von Blankenheim-Wald aus wurde die Strecke zunächst bis Mülheim (1950) und im Juni 1951 bis Ahrdorf wiedereröffnet. Täglich kam ein Güterzug gegen 10.30 Uhr ahrabwärts zu den Bahnhöfen und fuhr gegen 12.30 Uhr wieder zurück bis Blankenheim-Wald.«

Im Zweiten Weltkrieg waren 14 Brücken zerstört worden, darunter auch das Viadukt über die Ahr und die Ahrtalstraße in der unmittelbaren Nähe des Freilinger Bahnhofes. Sie wurde kurz vor Kriegsende gesprengt. Die Strecke war bis zum 20. November 1950 nicht befahrbar. Nach dem Wiederaufbau der Brücken und sonstigen zerstörten Anlagen fuhren zunächst die Züge in einem T eilabschnitt Blankenheim-Wald - Mülheim. Am 15. Juni 1951 konnte die restliche Strecke bis Ahrdorf für den Güterverkehr freigegeben werden, allerdings mit Einschränkungen der Achslasten. 1954 wurde dann endlich, neun Jahre nach Kriegsende, der Personenverkehr wieder aufgenommen, allerdings nur zwischen Blankenheim-Wald und Mülheim. Schon 1958 ist der Personenverkehr auf dieser Strecke wieder stillgelegt worden. 1961 wurde das Teilstück Blankenheim (Eifel)-Ahrdorf, auf dem in der letzten Zeit nur noch drei Güterzüge pro Woche verkehrten, aufgegeben. Die Strecke von Ahrdorf bis Mülheim wurde 1963 abgebaut und die bis Blankenheim (Eifel) im Jahre 1966/67. Der restliche zum Industriegleis degradierte Abschnitt bis Blankenheim-Wald ist dann 1974 aufgegeben worden.

So endete eine Eisenbahnstrecke nach relativ kurzer Betriebszeit, und die Trasse verschwindet langsam aus der Landschaft und auch aus der Erinnerung derer, die direkt an der Strecke gewohnt haben.

Der heutige Zustand der Trasse

Vom Bahnhof Blankenheim-Wald, der auch seit dem Abbau der Strecke mehr und mehr seine ursprüngliche Bedeutung eingebüßt hat, geht die Wanderung entlang der alten Bahnstrecke los. Das heutige Bahnhofsgebäude ist entstanden, als diese Strecke gebaut wurde. Die Eisenbahntrasse verläuft als ehemals erstes Gleis vom Stationsgebäude aus in zunächst gerader Linienführung etwa parallel zur Hauptstrecke und überquert diese später in einem großen Halbkreis aus südöstlicher in westliche Richtung bis zur ersten Station »Blankenheimerdorf«. Aber zunächst überquert man die erste gewölbte Brücke, die über die eingleisige Strecke nach Trier führt. Sie befindet sich in gutem Zustand und wird von landwirtschaftlichen Fahrzeugen benutzt. Die zweite Brücke direkt anschließend führt über die Urft. Weiter geht es durch ein Waldstück und anschließend über einen fast 20 Meter hohen Bahndamm, tief unten eine schmale Unterführung, die auch noch benutzt wird. Danach wird ein Feldweg überquert. In einem tiefen Einschnitt geht es weiter bis die neue Bundesstraße nach Trier die Trasse abrupt beendet. Doch kann man auf der anderen Seite auf dem ehemaligen Bahnkörper unter einer noch intakten, schönen und geschwungenen Brücke weitergehen und kommt leicht ansteigend aus dem Einschnitt heraus auf das Bahngelände Blankenheimerdorf. Von hier aus hat man wohl den schönsten Ausblick aller Bahnhöfe dieser Strecke. Weit schaut man auf die riesigen Wälder des Schmidtheimer und Schleidener Forstes. Vielleicht ist auch deshalb das zum Wohnhaus umfunktionierte Bahnhofsgebäude reizvoll und ansprechend renoviert worden.


Das Viadukt hinter dem Bahnhof Freilingen über die Ahr und die Ahrtaltstraße


Der nächste Streckenabschnitt führt nach Blankenheim (Eifel) zum ehemaligen »Stadtbahnhof«. (Das »Eifel« in Klammern gehörte, wie auch bei den nächsten Stationen, zur Bahnhofsbezeichnung.) Die direkt hinter dem Bahnhof Blankenheimerdorf liegende Bahnüberführung der alten Bundesstraße 251 in Richtung Schieiden ist abgerissen worden und auch das folgende Stück Bahndamm. Danach verläuft die Strecke durch tiefe, aber aufgrund der Erdrutschungen abgeflachte Einschnitte. DarÜber führen in sichtbaren Abständen drei schöne mit Bruchstein verblendete Brücken, die noch als Feldwegüberführungen dienen. Nach diesen Einschnitten, in denen ein geologischer Wanderpfad verläuft, wie es eine Informationstafel beschreibt, führt die Trasse nahe an die Straße am Ausgang der Ortschaft Blankenheimerdorf. Die folgende Straßenunterführung im Bahndamm ist auf Grund der engen Durchfahrt auch weggerissen worden. Nun geht es in einem Bogen auf dem hohen Bahndamm weiter, durch den noch eine intakte, aber sehr enge Straßenunterführung durchgeht, an den ehemaligen Verladerampen vorbei zur Bahnstation Blankenheim (Eifel). Die Ortsmitte liegt rechts unten. Dem Bahngelände gegenüber grüßt die stattliche Blankenheimer Burg. Der Bahnhof selbst, früher ein Glanzstück, macht auf »Streckenläufer« äußerlich keinen guten Eindruck.


Der Bahnhof Ahrdorf - Endpunkt der Eisenbahnlinie von Blankenheim Wald und Umsteigebahnhof in Richtung Remagen oder nach Gerolstein


Auf dem nächsten Abschnitt, der bis Mülheim führt, liegen gleich zwei Tunnels. Der erste hinter dem Bahnhof, der die alte Bundesstraße 51 unterquerte, war noch vor etwa zwei Jahren offen und man konnte noch durchgehen. Er ist nur 112 m lang, aber durch sehr hartes Kalksteingebirge getrieben worden. Heute sind der Tunnel und auch der 25 m tiefe Einschnitt vor dem Eingang zugeschüttet. Auf der anderen Seite sieht man das nur noch teilweise mit Naturstein verblendete schöne Portal. Das nächste Stück bis zum Finkenbergtunnel führt wieder über einen Bahndamm mit einer relativ langen, schmalen Unterführung, die noch benutzt wird.

Schließlich steht man vor dem Portal des Finkenbergtunnels, das nach Mühlheim führt und als einziges noch durchgängig ist, wenn man von den auf beiden Seiten niedergerissenen Drahtverhauabsperrungen absieht. Der Finkenberg hat durch seine geologischen Gegebenheiten den Tunnelbauern vor 80 Jahren einiges abverlangt. Auf der Mülheimer Seite geht es dann durch eine Wildnis. Die Trasse ist so zugewachsen, daß sie bald nicht mehr zu erkennen ist. Dann kommt man aus dem Wald heraus, das Terrain weitet sich und der ehemals große Bahnhof liegt vor einem. Das Bahnhofsgebäude sieht nicht »berauschend« aus, trotzdem ist man froh, noch das alte Bahnhofsschild vorzufinden. Diese Emailleschilder haben die vielen Jahre gut überstanden .

Man läuft weiter über die nächste Brücke direkt hinter dem Bahnhof, wo auch noch das Fundament des Ausfahrtssignales zu sehen ist. Diese Brücke war, wie alle anderen, auch kurz vor Ende des Krieges von der Deutschen Wehrmacht gesprengt worden. Hier hatte sich das tragische Ereignis abgespielt, als ein Bombenangriff der Alliierten die Brücke treffen sollte, aber statt dessen den davor liegenden Kindergarten traf und groBes Leid über viele Mülheimer Familien brachte.

Wieder wird die Strecke in einem großen Halbkreis über einen Bahndamm in Richtung Ahrtal geführt. Hier befinden sich noch zwei intakte Wegeunterführungen und ein Bachdurchlaß. Oberhalb des Forellenhofes, kurz vor Erreichen des Ahrtales, befindet sich die größte Stützmauer der gesamten Strecke. Sie hat den Berg bis heute gehalten und es sieht nicht so aus, als würde sich das in absehbarer Zeit ändern.

Es schließt sich wieder ein hoher Bahndamm mit zwei genutzten Unterführungen an. Danach geht es am Berghang entlang, rechts im Tal der Oberlauf der Ahr. Jetzt kann man auch von der »Ahrtalbahn« sprechen. Unten liegt der »Reiterhof Karschat« des Blankenheimer Reitvereins. Im weiteren Verlauf liegt rechts unten die Reetzer Mühle. Dort sollte ursprünglich der Bahnhof Freilingen stehen. Die danach folgende Brücke über die nach Reetz führende Straße ist aus Gründen der Straßenverbreiterung abgebaut worden, nur die rechte Stützmauer steht noch .

Der Freilinger Bahnhof kommt jetzt in Sicht. Das große Bahnhofsschild »Freilingen« (Eifel) steht seit ein paar Jahren am Eingang des Feriendorfes Freilingen, zur großen Freude der Bewohner.

Hinter dem Bahnhof wird die Bahnstrecke über das wuchtige, aus vier Bögen bestehende Brückenbauwerk über die Ahr und die Ahrtalstraße geführt. Diese Brücke ist kurz vor Kriegsende gesprengt worden, um die Straße für die Amerikaner unpassierbar zu machen - was natürlich nicht geholfen hat. Sie wurde, wenn auch erst sehr spät, nach dem Krieg wieder aufgebaut, und es scheint, als wolle man sie erhalten, denn sie befindet sich in gutem Zustand. Dahinter ist der Bahndamm ein Stück abgetragen und mit Fichten bepflanzt. Es geht jetzt rechts der Ahr weiter bis zu einer schönen gewölbten Brücke, die über den Lampertsbach, einem Zulauf zur Ahr, führt.

Danach taucht schon das Bahnhofsgelände der Station Dollendorf (Eifel) auf. Obwohl dieser Bahnhof direkt in Ahrhütte liegt, gab man ihm den Namen Dollendorf, das vier Kilometer entfernt liegt. Wahrscheinlich sollte eine Verwechslung mit der Station Ahrhütte -auf der Strecke Ahrdorf-Hillesheim -vermieden werden. Der Bahnhof ist trotz hängengebliebenem Bahnhofsschild durch Tierhaltung auch innerhalb des Gebäudes sehr heruntergekommen .

Die nächste Straßenüberführung und der anschließende Bahndamm sind abgebaut worden. Danach kommt wieder ein Stück Bahndamm mit einem Bachdurchlaß. Im weiteren Verlauf fehlt eine weitere Bahndammunterführung, und danach geht die Trasse am Berg hang oberhalb des Dorfes entlang, teilweise sehr nahe an den letzten Häusern vorbei.

Hinter der Ortschaft Ahrhütte ist eine neue Straße nach Hillesheim gebaut worden. Der Bahndamm fiel diesem Durchstich zum Opfer . Auf der anderen Seite geht es weiter geradewegs auf den Ahrdorfer Tunnel zu. Vor dem Tunnel ist noch eine Feldwegüberführung in gutem Zustand, und ein Einschnitt von dem Berg führt zum zugemauerten längsten Tunnel (392 m) der Strecke.

Die Besonderheit dieses Tunnels liegt in seiner Kurvenführung. Auf der anderen Seite ist nichts mehr zu sehen, dort wurde das Portal zugeschüttet und bepflanzt. Man kann nur noch ahnen, wo die Ausfahrt zum Bahnhofsgelände Ahrdorf einmal war. Das große Bahngelände, mit Lokschuppen und als Umsteigebahnhof auch etwas größer als die anderen, wirkt verwaist. Eine alte Treppe führt vom Bahngelände hinauf zur ehemaligen Einrichtung für die Wasserversorgung der Dampflokomotiven, die in den Bergen immer »gewaltigen Durst« hatten. Der Bahnhof schließlich, auch noch mit dem Bahnhofsschild von weitem sichtbar, wird genutzt. Doch auch hier wäre ein Anstrich nötig.

Damit endet die genau 24 Kilometer lange Wanderung entlang der Bahnstrecke, in der sich alte Zeiten widerspiegeln. Bleibt die Frage, ob im 21. Jahrhundert vielleicht doch wieder ein trassengebundenes Transportsystem fahren oder gleiten wird. Vielleicht war man mit dem Zuschütten der Tunnel und und dem Abbau der Bahndämme und Brücken zu voreilig? Denn, wie sagt heute die Bundesbahn: »Unser Kapital sind die bahneigenen Grundstückstrassen - die Verkehrswege der Zukunft - die uns keiner streitig machen kann.«

Literatur
-Loeffelsend, Pfarrer, »Wieder eine neue Eisenbahn« (Eifelvereinsblatt 14. Jahrgang 1913)
-Auken, Mirkes, »Die Eifel«, Baden Verlag
-Kemp, »Die Ahrtalbahn«, Eisenbahnkurier
-Maria Wallisburth, »Sie hat es mir erzählt«, Herder Verlag
-Hans Henn, Annemie Reetz, »Die Orte der Gemeinde Blankenheim in alten Bildern«
-Harald Weißkopf und der Mitarbeit von Horst Bouhs, Heinz Reets, Walter Krapohl »Malerisches Mülheim«


Entnommen: Kreis Euskirchen - Jahrbuch 1993

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