Dürener Zeitung vom 22.12.1950

Schwerindustrie in der Tuch- und Papierstadt

Ein Werk von europäischem Ruf - 1946 sollte es demontiert werden

Düren-Rölsdorf. - In seiner Fabrik vollendet heute Herr Damian Jansen, der Inhaber der Firma Zimmermann und Jansen, sein 70. Lebensjahr. Er ist seit 1904 in der Firma seines Vaters, die dieser 1877 gegründet hat und deren Alleininhaber er seit 1895 war, tätig und von 1912 bis 1943 ihr Geschäftsführer gewesen. Auch heute ist Herr Jansen noch Vorsitzender des Beirates seiner Fabrik.

Wenn man einen Dürener nach der Firma Zimmermann und Jansen fragt, wird er sie in den meisten Fällen kaum kennen. Das liegt wohl in erster Linie daran, daß die Firma einen für Düren weniger charakteristischen Industriezweig vertritt. Außerdem liegt das Verwaltungsgebäude des Werkes heute versteckt in einer Nebenstraße, und man muß schon eine Fußwanderung von der Aachener Landstraße in Richtung Rölsdorf unternehmen, um das Werk mit seinen vielen ausgedehnten Hallen überblicken und sich eine Vorstellung von seinen Ausmaßen machen zu können. Wenn man aber erst einmal in die Fabrik hineinschauen darf, hat man kaum noch den Eindruck, in Düren zu sein. Man kennt Düren allgemein als die Stadt der Tuche und Papiere. Hier aber wird Eisen verarbeitet, rotglühendes, flüssiges Eisen, wie man es sonst nur in den Zentren der Schwerindustrie zu sehen gewohnt ist.

Hochofen- und Gaswerksarmaturen

Wo Eisen verarbeitet werden soll, ist Feuer das verbindende Element. Die Seele des Betriebes ist daher die Gießerei, in der die stockwerkhohen Kupolöfen stehen, wo das flüssige Eisen in einem dicken Strahl in zentnerschwere Kübel schießt und mächtige Kräne die rote Glut von einem Hallenende zum anderen tragen. Von einem Ende zum anderen, das heißt von den Öfen zu den Formen, die bisweilen das Ausmaß eines mittelschweren Lastzuges haben. Spezialitäten des Werkes sind nämlich in erster Linie Hochofen- und Gaswerksarmaturen, und auch der Laie wird sich vorstellen können, daß dazu bisweilen recht stattliche Burschen zählen.

Als die Demontage drohte

Diese Spezialitäten waren es auch, die das Werk von Zimmermann und Jansen nach Kriegsende - ganze drei Jahre - nach Kriegsende [... Fehlzeile ... ] lichkeiten mit der DAF aus der Firma ausgeschieden war - auf die Demontageliste brachten. Die DZ schrieb noch vor kurzem darüber, daß die Firma ein komplettes Gaswerk in die Türkei verschickt habe. Wie aber die Türkei die Rölsdorfer Fabrikate zu schätzen weiß, so weiß es auch das übrige Europa, in dessen sämtlichen Ländern Maschinenanlagen mit dem typischen ineinanderverflochtenen Z und J stehen. Kein Wunder, daß man eineinhalb Jahre gegen die Demontage Sturm laufen mußte, bevor sich die Welt überzeugen ließ, daß der Betrieb keine militärische Bedeutung habe. Zu denen, die sich damals entschieden für den Fortbestand der Fabrik einsetzten, zählten bemerkenswerterweise die amerikanischen Besatzungsbehörden. Ihre Intervention sicherte damals der Firma Zimmermann und Jansen und - was das wichtigste ist - den heute wieder 350 Arbeitern und Angestellten die Existenz. 350 sind es heute wieder, nachdem man nach Kriegsschluß mit nur 120 Leuten wieder angefangen hatte.

Sirup in der Gießerei

Alles, was zu einem Gaswerk oder einem Hochofen gehört, wird hier gegossen. Der Gießer gießt es in Formen, die mit naturgetreuen, buntlackierten Holzmodellen in Sand geprägt werden. Natürlich eignet sich nicht jeder Sand zu diesem Geschäft. Es muß vielmehr ein sogenannter Patentsand sein, eine Mischung von Sand und Zuckerrübensirup, die die nötige Festigkeit hat und die andererseits auseinanderbröckelt, wenn der Guß erstarrt und der Sirup verbrannt ist.

All das verursacht natürlich viel Schmutz und Rauch. Da ist es in der Dreherei schon behaglicher, soweit man innerhalb dieses geschäftigen, lärmenden Lebens von Behaglichkeit sprechen kann. Hier stehen in langen Reihen Bohr- und Fräsmaschinen, Eisenhobel- und Drehbänke. Und eine Karussellbank steht hier, von der wir uns sagen ließen, daß es von ihrem Modell links des Rheins nur dieses eine Exemplar gibt. Nebenan in der großen Halle ist die Schlosserei. Hier wird all das, was wir bisher als Einzelteile entstehen sahen, zusammengebaut. Und wenn man von hier aus weitergeht, lernt man auch noch die Blechschlosserei, den Modellschuppen mit seinen tausenden Holzmodellen, die Zeichenbüros, die Modellschreinerei, die Werkzeugschlosserei und vieles andere kennen, was nun einmal zu einem so ausgedehnten Betrieb gehört.

Geschulte Facharbeiter

Und wenn wir schon so viel über die Maschinen und Arbeitsvorgänge gesagt haben, können wir an den Leuten, die hier arbeiten, nicht vorbeigehen. 350 scheint eigentlich nicht einmal eine allzu große Zahl zu sein. Man sagte uns aber, daß fast ausschließlich Facharbeiter hier beschäftigt sind, die man eher als Handwerker, denn als Industriearbeiter bezeichnen darf. Daß die Arbeiterschaft gerade aus diesem Grunde im Laufe der Jahre immer enger mit dem Werk und seiner Leitung verwachsen ist, scheint nicht weiter verwunderlich.

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