Dürener Zeitung vom 21.8.1950

Monschauer Sonderzüge rollten über die Vennbahn

Nach sechs Jahren deutscher Reiseverkehr - Abschluß der Festspiele



(Qx) Monschau, im August (Eig.Ber.).
Nach sechs Jahren langer Unterbrechung wurde gestern morgen zum erstenmal wieder die belgische Eisenbahnstrecke von Raeren nach Monschau von zwei deutschen Personenzügen befahren. Durch Entgegenkommen der belgischen Regierung war es zwei Sonderzügen aus Düsseldorf und Köln gestattet worden, zu den Festspielen nach Monschau zu fahren. Auch Fahrgäste aus Aachen nahmen an der Fahrt im Düsseldorfer Sonderzug teil.

Für manchen der Reisenden mag die Fahrt die erste Auslandsreise nach dem Kriege gewesen sein. So war es denn nicht verwunderlich, daß schon im Bahnhof Raeren ein kurzer Aufenthalt dazu benutzt wurde, auf belgischem Boden (lies Bahnsteig) spazieren zu gehen.

Der Aufenthalt dauerte nicht lange. Eine belgische Lokomotive, die mit wenigen Handgriffen eine festliche Guirlande erhalten hatte, wird vorgespannt. Der Stationsvorsteher - völlig undeutsch, in hellbraunem Sonntaganzug, aber mit der obligaten roten Mütze auf dem Kopf - gibt das zeichen zur Abfahrt. Dampfend und prustend setzt sich der deutsche Vennzug der ersten Nachkriegsfahrt in Bewegung.

Freude in Venndörfern

In langen Serpentinen schnaubt die Maschine den langen Berg hinan. Bald ist wieder deutsches Gebiet erreicht. An der Schranke „Himmelsleiter“ stehen die ersten winkenden Menschen. Und dann, überall in den deutschen Orten, Röttgen, Lammersdorf, Kontzen und Mützenich, die der Zug berührt, sieht man lachende Gesichter und geschwenkte Taschentücher.

Ein Hoch der Europa-Union

Auf dem Bahnhof Monschau - das belgische Stationsschild lautet allerdings „Montjoie“ - ist die Bevölkerung in großer Zahl versammelt. Eine Musikkapelle und der Monschauer Männergesangverein bereiten den ankommenden Gästen einen triumphalen Empfang. Von der Treppe des noch fensterlosen und verwahrlosten Bahnhofs spricht Bürgermeister Josef Weiß herzliche Worte der Begrüßung. „Nach Jahren des Chaos“, so sagte er, „verkehrt heute zum ersten male wieder die Eisenbahn auf der Eifelstrecke. Es ist zu hoffen, daß diese Bahn noch vor Jahresfrist ihren regelmäßigen Zugverkehr wieder aufnimmt. Dies ist ganz besonders geeignet, alles Trennende von hüben und drüben in freundschaftlicher Liebe zu vereinen.“ Der Bürgermeister rief abschließend ein Hoch auf die völkerverbindende Europa-Union aus.

Im Namen des Kreises Monschau dankte Oberkreisdirektor Nickels der Königlichen belgischen Regierung und dem Verbindungsoffizier, Hauptmann Mosbeur, für das großzügige Entgegenkommen, das diese Fahrt ermöglichte.

Abschluß der Festspiele

Die Stadt Monschau erlebte gleichzeitig gestern den letzten Tag ihrer Festspiele. Am Nachmittag und Abend wurde bei gutem Besuch auf der Freilichtbühne Kleists „Käthchen von Heilbronn“ aufgeführt. Durch die Sonderzüge und als Folge des Durchgangsverkehrs zum Nürburgring herrschte in den Monschauer Gaststätten und Cafés ein starker Andrang. An den beiden letzten Tagen der Festspiele wehte vom Eselsturm der Monschauer Burg die Flagge der Europa-Bewegung.

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