Tuche aus Düren seit Jahrhunderten weltbekannt
Aachener Volkszeitung vom 9. 9. 1949

Zum 150 jährigen Bestehen der Dürener Feintuchfabrik - Tuchhersteller in der siebten Generation

(BS) Düren, den 9. September

Es ist besonders schmerzvoll in Trümmern, Zerstörung und Not ein Jubiläum zu feiern Die Stadt Düren beging in den schwärzesten Tagen ihrer Geschichte ihre 1200-Jahrfeier. Dürener Sportvereine konnten auf eine 100jährige bzw. 50jährige sportliche Betätigung zurückschauen und Dürener Kaufleute blickten voll Stolz auf eine kommerzielle Tätigkeit von 185 Jahren, 100 Jahren oder andere denkwürdige Geschäftszeiten zurück. Un nun ist es ein Dürener Industrieunternehmen das auf sein 150jähriges Bestehen zurückblicken kann. Dürener Feintuche sind unter dem Anker-Zeichen der Firma Leopold Schoeller & Söhne zu einem Begriff in der Welt geworden. Das Jubelfest der Firma am 16. September wird auch ein stolzes Ereignis für die Stadt Düren werden, die mit dem Ruf guter Tuche aus der Rurstadt ebenfalls weltbekannt geworden ist.

Die Wollen-Ambacht im alten Gewandhaus

Lange bevor Leopold Schoeller im Jahre 1799 den Grundstein zu der heutigen Dürener Feintuchfabrik in der Kaisermühle zu Düren legte, war die Tuchherstellung in der Rurstadt beheimatet und bekannt. Das Wahrzeichen Alt-Dürens, das Gewandhaus auf dem Alten Teich, mit seiner feingegliederten Ornamentik, seinem gotischen Erker und dem gestaffelten Giebel als eines der wenigen Häuser, das die Zerstörung Dürens im Jahr 1543 überdauerte, am 16. Nov. 1944 jedoch vollständig dem Erdboden gleichgemacht wurde, war lange Zeit Zeugnis für den Wohlstand und die Kultur der Tuchmacherzunft jener Zeit. Unter seinem Dach trafen sich die Dürener Tuchmacher und in seinen Räumen lagerten die kostbaren Ballen Dürener Tuches, die damals schon als Handelsobjekt den Namen Dürens weit in die Welt trugen.

Das Haus „Zum goldenen Steur“

Mit dem Namen Schoeller ist die Dürener Tuchherstellung schon seit 230 Jahren eng verknüpft. Aber schon um das Jahr 1600 sind Angehörige der Familie Schoeller in Düren nachweisbar, ohne daß sie jedoch seßhaft wurden. Erst 1718 war es Johann Paul Schoeller, der in der Stadt ansässig wurde. Er kam in das Haus seines Schwagers des Tuchmachers Wilhelm Schoeller. „Zum goldenen Steur“ am Markt. Wilhelm Schoeller war zu dieser Zeit regierender Ambachtmeister. Schon seine Söhne waren es, die im Jahre 1776 die Kaisermühle erwarben, in der später die Dürener Feintuchfabrik im Jahre 1799 gegründet wurde. Mit dem Namen Schoeller waren in dieser Zeit eine Anzahl von Tuchmacherbetrieben verbunden.

Aus der Zunft wird Industrie

Als im Jahre 1798 nach langjährigen schweren Zunftstreitigkeiten die Zünfte aufgelöst wurden, war die Möglichkeit zur industriellen Entwicklung der Tuchherstellung gegeben. Ein Jahr später wurde dann auch mit der Gründung der Grundstein der Dürener Feintuchindustrie gelegt. Leopold Schoeller, der langdauernde Reisen zu Pferde durch Deutschland, Holland, Belgien und Frankreich machte, war in dieser Zeit der Begründer von 12 Fabriken. Das Dürener Wirtschaftsleben und damit auch die Entwicklung unserer Stadt wurde durch ihn entscheidend beeinflußt. Von nun an blieb die Dürener Tuchfabrik, die heute als einzige von damals 15 Betrieben übriggeblieben ist, immer unter der Leistung der Familie Schoeller. Caesar Schoeller war es, der als erster Dürener Tuche auf allen ausländischen Märkten bekannt machte. Er bereiste Amerika und errichtete in New York ein Importgeschäft, das wohl eines der ersten deutschen Importhäuser in Übersee überhaupt war. Dürener Tuche wurden in der Welt ein Begriff. Hohe Auszeichnungen auf allen Weltausstellungen waren ein Beweis dafür.

Wieder 80 Prozent Produktionskapazität

Unter seinen beiden Söhnen wurde im Jahre 1895 nach einem Brandunglück in der Kaisermühle das neue Werk an der Rur erbaut. Während der erste Weltkrieg das Unternehmen in eine schwere Export- und Absatzkrise stürzte, wurde durch das Kriegsgeschehen auf deutschem Boden im zweiten Weltringen das Werk erheblich beschädigt. Die beiden letzten Generationen der Familie sahen sich so vor große Aufgaben gestellt. Nach jahrelanger Aufbauarbeit, die zum großen Teil durch die ehemaligen Belegschaftsmitglieder des Werkes durchgeführt wurde, ist das Werk heute wieder zu einem wichtigen Industriefaktor des Dürener Wirtschaftsraumes geworden. 80 Prozent der Vorkriegskapazität sind wieder erreicht. Annähernd 400 Werksangehörige von 530 vor dem Kriege haben wieder eine Existenz gefunden. Auch der Export, auf den sich die Dürener Tuchherstellung weitgehend stützte, ist - allerdings noch in beschränktem Umfang - wieder angelaufen. Heute ist es die siebente Generation der Familie Schoeller, die alle Vorbereitungen getroffen hat, Dürener Feintuche und damit den Namen der Stadt Düren wieder in alle Welt zu tragen.

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