Auswirkungen der Dürener Demontage



Aachener Volkszeitung vom 17. 11. 1947


(BS) Über die schweren Auswirkungen, die die Demontage der Dürener Firma Zimmermann & Jansen für die Stadt und den Kreis Düren haben werden, gaben die in banger Sorge vom Kreistag und Stadtrat, und im Hinblick auf die Arbeiterfrage von der Industriegewerkschaft „Metall“ abgefaßten Resolutionen an die Landesregierung hinreichenden Aufschluß. Auf diese Entschließungen wurde bereits mehrfach in entsprechenden Berichten hingewiesen. Die Bevölkerung der Stadt, vor allem die hart betroffene Arbeiterschaft, stehen immer noch unter dem niederschmetternden Eindruck der Bekanntgabe dieses Industriewerkes. Dabei ist diese Demontage, wie aus den an das Wirtschaftsministerium eingereichten Unterlagen zu ersehen ist, keinesfalls unter dem Aspekt der Abrüstung und Unschädlichmachung von Kriegsindustrien zu begründen.

Die Produktion und Fertigung dieser Firma, die seit dem Jahre 1877 in immer steigendem Maße zu einem hauptbestandteil der vielfältigen Dürener Industrie wurde, hatte den nicht geringsten Anteil am großen Export des Kreises Düren. Wenn das Wirken der betroffenen Firma in den vergangenen Jahrzehnten in der Öffentlichkeit nicht so sehr im Mittelpunkt des Interesses stand, wie etwa die Papier-, Tuch und Teppichfertigung, die jeden einzelnen mehr oder weniger persönlich berührte, so ist der Grund nicht etwa die geringere Bedeutung, sondern die Tatsache, daß hier Apparate hergestellt wurden und wieder werden., für die eine Nachfrage weit über den privaten Sektor hinaus in der gesamten europäischen Industrie und Schwerindustrie zu verzeichnen ist.

Die schrittweise Entwicklung der durch die Firma herstellten Apparate und die Spezialisierung auf bestimmte Geräte, gefördert durch die Heranbildung und Pflege eines bodenständigen Spezialarbeiter- und Konstrukteurstammes, brachte es mit sich, daß in den Jahren um 1920 ein derart hoher Stand der Armaturen erreicht wurde, daß die Dürener Firma fast sämtliche Hüttenwerke des Kontinents mit ihren Spezialerzeugnissen belieferte. Schon heute, kurze Zeit nach dem Anlaufen der Produktion, die durch Kriegszerstörungen und anfängliches Arbeitsverbot unterbrochen war, liegen aus fast allen westeuropäischen Ländern Anfragen und Aufträge vor. Das ist nicht verwunderlich, sind doch etwa 90 Prozent sämtlicher moderner Hüttenwerke Westeuropas mit den automatisch - preßluftbetätigten Winderhitzerarmaturen der nunmehr auf der Demontageliste stehenden Firma ausgestattet. Die Dürener Firma ist die alleinige Herstellerin dieser für die Hüttenindustrie „unentbehrlichen Armaturen. Bei Ersatz und Ersatzteilbedarf sind alle diese Werke auf das Dürener Unternehmen angewiesen. Die Nachfrage nach neuen Apparaturen und die Reparaturen der gelieferten Apparate der Hüttenwerke des gesamten Kontinents machen schon heute eine Erhöhung der Produktion um das Doppelte notwendig.

Angesichts der Bedeutung der Firma Zimmermann & Jansen für die gesamte europäische Hüttenindustrie erscheint die Durchführung der Demontage um so unverständlicher, als gerade für diese Spezialfertigung keine Verlagerungsmöglichkeit gegeben ist, da sie nur im wechelseitigen Zusammenwirken von Maschinen und Spezialkonstrukteuren, unterstützt durch einen bodenständigen Arbeiterstamm, der seine Erfahrung aus generationsweiser Überlieferung schöpft, nur möglich ist. Der Schaden, den demzufolge bei einem Abbau den europäischen Hüttenwerken und damit der Industriekapazität des ganzen Kontinents entstehen wird, liegt auf der Hand.

Ähnlich liegen die Verhältnisse auf fast allen anderen Fertigungsgebieten der hiesigen Firma. Die Herstellung von Absperrorganen besonderer Spezialkonstruktionen für Talsperren, Bergbaubetriebe und Kokereien, die Fertigung von Apparaten für Gaskondensation und –reinigung, die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von Ammoniaksalzen, Salmiakgeist und Benzol könnten dem Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft große Dienste leisten.

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