2. Erste Ortsnamen und das Prümer Urbar

Liegt der Ahrgau zur Römerzeit an der Rheingrenze und an der Grenze zwischen den linksrheinischen römischen Provinzen Germania inferior und Germania superior (Vinxtbach =ad fines), so fällt er -bei der Teilung des Frankenreiches zu Verdun (840) in ein West-, Mittel- und Ostreich- an Kaiser Lothar I, der für das Mittelreich (Lothringen) zuständig ist. Nach dem Tod von Lothar II (+869) fällt der Ostteil von Lothringen und damit auch der Ahrgau an das Ostreich und Ludwig den Deutschen. Versuche Kaiser Karl des Kahlen (Westreich) diesen Teil des Reiches dem Westreich einzugliedern werden in der Schlacht von Andernach (876) vereitelt.

Dies ist die politische Situation in der Zeit, aus der erste Urkunden mit Namen von Ortschaften aus dem Ahrgebiet auftauchen.

Im Jahre 856 überträgt König Lothar II einem Grafen Weinberge in "Gisenhoua supra fluvium ara". Dieses angesprochene Giesenhoven lag in dem Bereich in dem die Römervilla Silberberg in Ahrweiler gestanden hat.

Etwa dreißig Jahre später werden von der Abtei Prüm Lehensgüter in Giesenhoven, Geroldshoven (Bereich vor Kalvarienberg) und in Williolvesdielin ( bei Walporzheim?) an einen Vasallen Lothars II vergeben. Zu dieser Zeit gehört der Ahrgau aber bereits zum Ostreich unter Kaiser Karl dem Dicken (881-887)

Im Jahre 893 werden von der Abtei Prüm, die 721 von der Stifterin Bertrada -einer Verwandten König Pipins- gegründet wird, die zur Abtei gehörenden Güter und Höfe aufgelistet. Durch ihre Verwandtschaft zum Königshaus war die Abtei im Rahmen einer königlichen Schenkung im Jahre 762 zu umfangreichem Grundbesitz im Ahrgau ( Kloster Kesseling = cella casloaca im Sinziger Gebiet bei dem Wald "Mellere" gelegen.) gekommen. Die Liste ist in einer Abschrift des Abtes Caesarius aus dem Jahre 1222 erhalten.


Abb. 3 Auszug aus dem Prümer Urbar

Neben einer Vielzahl von Orten und Höfen die im Bereich des Ahrgaus aufgeführt werden, heißt es im Zusammenhang mit Kesseling unter anderem: "...est uinea in degeranauale ad carrades III quam tenet fro(muod cum homine uno)." ( zu beachten ist, dass u und v häufig identisch geschrieben wurden).

Dieses Degeranauale/degerana vale wird allgemein als die erste urkundliche Erwähnung von Dernau angesehen. Verschiedene Interpretationen dieses Namens sind veröffentlicht, am wahrscheinlichsten scheint mir die Deutung über die lateinische Endung ..vallis für ..dal/ Tal und damit: Tal von/bei Degerana. Die Übersetzung lautet wohl sinngemäß: "...es liegt ein Weinberg im Tal von Dernau, der drei Fuder Ertrag bringt. Dieser ist aber wohl mit einem Menschen als Lehen vergeben."

Obwohl bisher nicht diskutiert, scheint mir auch eine Interpretation der Endung zu Auel/Au möglich und sinnvoll, da es der örtlichen Situation in Dernau entspricht.

Mit diesen Deutungen wird allerdings nicht auf den Kern der Wortes "Degern.." eingegangen. Es gibt hier eine Interpretation, die es mit dem fränkischen Eigennamen "Dager" in Verbindung bringt. Da mir dies nicht sehr plausibel erscheint, möchte ich -auch als Nichtfachmann- ein paar Gedanken dazu äußern:

a. Evtl. Zusammenhang mit dem alt./mittelhochdeutschen Wort "gêre", welches für ein keilförmiges Stück Land steht ? Zuammenhang zwischen "gere" und der Ortslage "kier" ? Im Dialekt das Wort "kier" für Kehre, Kurve, Knick. Auffallend in diesem Zusammenhang, die starke Kehre des Flussverlaufes der Ahr bei der Ortslage Dernau. Sollten das alles Zufälle sein ? Falls nicht, dann könnte das Wort bedeuten: "Tal/Aue bei der Kehre"

b. Es gibt im Raum zwischen Basel und Bodensee und auch bei Wasserburg am Inn Orte die sich Degernau / Tegernau nannten / nennen. Auffallend ist, dass all diese Orte im ehemaligen keltischen Kerngebiet liegen. Allgemein wird folgende Herleitung angenommen:

- Deger... mittelhochdeutsch für gross, stark
- tegar.... althochdeutsch
- ouwe.. mittelhochdeutsch für Land am/im Wasser
- ouwa... althochdeutsch

Meist handelt es sich bei Orten mit der Endung ..ouwe/ouwa um kleinere Siedlungen.

Die in den folgenden Jahrhunderten verwendeten Ortsbezeichnungen sind:

893 / 1222 Degeranavale
1106 Degernowen
1108 Deroule
1112 Dagernow
1140 Defuernogen
1205 Dernowe
1363 Dernave
1364 Dernow
1416 Derne
1418 Dernaw
1424 Dernauwen
1452 Dernauwe
1585 Dernauw
1717 Dernaw

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