Euskirchens Wirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert


Von Ludwig Beutin


Zusammenfassung der Handwerke


Interessant ist in seiner Weise, daß die Zahl der Friseure nicht unwesentlich zugenommen hat, nämlich von 23 auf 31. Auch das muß man zusammen mit der Einwohnerzahl sehen, denn gegen sie gehalten kamen 1927 auf einen Betrieb etwa 635 Einwohner, jetzt nur noch 542. Doch wenn man daraus schließen wollte, daß sich hier eine für den Stadt ungünstige Entwicklung abspiele, so ist wieder einzuwerfen, daß inzwischen die Ansprüche andere geworden sind: die Dauerwelle und ihre Nebenformen wurden erfunden und schufen neue Kundenkreise. Haarpflege und Färben waren vor einem Vierteljahrhundert noch bei weitem nicht so üblich wie jetzt. Man sieht auch hier wieder: mit den bloßen Zahlen ist nicht viel anzufangen, wenn nicht zugleich die gesamte Lage gesehen wird. Darum ist es ja so mißlich, nach ihnen den „wirklichen“ Bedarf festzusetzen.

Wenn man alle handwerklichen Arbeitsstätten zusammenfaßt, ergibt sich für das Jahr 1950 eine Zahl von 409. Gegen die von 1927 gehalten, als 398 Betriebe gezählt wurden, ergibt sich die Tatsache, daß sie sich praktisch vollkommen gleich erhalten hat. Wohl sind innerhalb der Branchen erhebliche Verschiebungen eingetreten, aber als der Stand, in dem der Meister selbst mit am Werk ist, der in der Regel unmittelbare Kundenarbeit leistet, in dem das einzelne Arbeitsstück Gegenstand ist, hat sich das Handwerk in diesen Zeiten als ganz erstaunlich fest erwiesen.

Wir mögen daraus schließen, daß der besondere gesellschaftliche Aufbau der Stadt sich deshalb als äußerst widerstandsfähig zeigte, weil das Handwerk so starken Anteil hat. Wenn die Erfahrung besonders in Zeiten der knapperen Aufträge in manchen zweigen den Eindruck entstehen lassen mag, daß sie überbesetzt seien, so kann man von dem Stand als Gesamtheit dies keines falls behaupten. Ist doch im Gegenteil die Bevölkerung stark angewachsen. Mit einem geschätzten Gesamtumsatz von jährlich rund 10 Millionen DM stellt das Handwerk einen sehr beachtlichen Posten in der Wirtschaft der Stadt dar.

Ganz anders als zu früheren Zeiten ist das handwerk nicht mehr eng an seinen Standort als Absatzmarkt gebunden, sondern greift weit über die Stadt hinaus und nimmt seine Aufträge so gut in Köln wie in Düren, an der Ahr wie an der Sieg entgegen. Die Notwendigkeit, die Maschinen intensiv zu nutzen, besonders in den Bauhandwerken, ist im Grundsatz die gleiche wie in der Industrie. Das Handwerk nimmt an dem harten Kampf des Wettbewerbs im System der Marktwirtschaft ebenso teil wie die Industrie, eben mit seinen eigenen Unternehmungsformen und -größen. - Organisiert ist das handwerk heute (das Mittelstandsamt ist, nachdem es 1933 aufgelöst wurde, nicht wieder entstanden) in 20 Innungen, die die Kreishandwerkerschaft Euskirchen bilden.

Die Zahl der Arbeitenden beträgt in den handwerklichen Stätten 1950: 2.048, wovon 357 Frauen. Das ins im großen Durchschnitt fünf Menschen in einem Betrieb. Heimarbeiter sind für Euskirchen eine unwesentliche Nebenerscheinung, 1950 wurden insgesamt nur 20 gezählt, die für 6 Betriebe arbeiteten.


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Entnommen: „650 Jahre - Stadt Euskirchen, 1302 - 1952, Festschrift zum Stadtjubiläum, 1952, Euskirchen


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