Euskirchens Wirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert


Von Ludwig Beutin


Die Lederzunft und Weberzunft


Nur für die Tuchweber war Bonn ein wichtiger Absatzmarkt. Es gab etwa 70 Handwerksmeister, von denen nicht weniger als 19 zu den ältesten in Euskirchen genannten Zunft, der Lederzunft, gehörten, deren Brief aus dem Jahre 1585 stammt. Im Jahre 1801 zählten 14 Meister zur Weberzunft, neun davon waren Wollenweber. Das heißt, das Gewerbe, das später Euskirchen hauptsächlich kennzeichnen sollte, war noch verhältnismäßig wenig entwickelt. Die für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Gewerbe schlossen sich an: 6 Bäcker, (einer auf 270 Bewohner), 6 Schneider und so fort.

Die nicht für den unmittelbaren Tagesbedarf arbeitenden Meister verkauften viel auf den Jahrmärkten, die wir als weit bedeutungsvoller ansehen müssen als sie heute sind. Manche gingen nach Köln und zuweilen nach Bonn auf die Märkte. Im ganzen lief das Leben einen eng beschränkten Weg, der wenig Aussichten bot, zu Gewinn zu kommen. Und weil dem so war, weil sich lange Jahre hindurch die Vorteile der Gewerbefreiheit nicht einstellen wollten, so verließen viele Menschen die Heimat, zogen in die größeren Städte oder wanderten aus. Das war ein sicheres Anzeichen dafür, daß die Wirtschaft die Menschen nicht zu beschäftigen vermochte. Allein im Jahre 1849 sollen etwa 1.000 Menschen den Kreis Euskirchen mit dem Ziel Amerika verlassen haben.

Doch setzte inmitten dieses Stillebens die Entwicklung schon an, die dann die Hauptlinie bilden sollte. Das Rheinland war preußisch geworden. Und wenn das hier auch keineswegs großes Entzücken hervorrief, so wurde doch bald sichtbar, daß es seine Vorteile hat, einem großen Wirtschaftsraum anzugehören. Denn das neue Preußen umgab seine so verschiedenartigen und unter politischen Umständen der verschiedensten Art zusammengefügten Provinzen zum erstenmal 1818 mit einer einheitlichen Zollgrenze. Sie sollte der Staatskasse Einnahmen zuführen, gewiß. Aber zugleich bedeutete sie, daß die einheimische Produktion gegen das Ausland mit einem freilich noch bescheidenen und darum auch heftig angegriffenen, aber doch in jenen Anfängen wirksamen Schutz versehen wurde. Ganz offenbar sind gerade die Jahre der französischen Herrschaft doch für die Euskirchener Unternehmer von entscheidender Bedeutung gewesen, denn in jenem Jahre 1818 arbeiteten bereits 38 Tuchmacherfamilien hier - ob alle selbständig, ist nicht zu erkennen. Schon finden sich später führende Namen unter ihnen: seit 1787 saßen die Gebrüder Johann und Richard Schiffmann, seit 1804 Arnold und Matthias Weber in Euskirchen, Peter Cornelius Ruhr war hier 1794 geboren. Freilich bot sich auch dem unternehmungslustigen Tuchmacher vorerst nur ein geringer Umkreis der Möglichkeiten, und zwar schon aus technischen Gründen. Denn es herrschte in betrieblicher Hinsicht durchaus noch das Handwerk, manche kaufmännisch Begabten mochten schon mehrere Stühle besitzen und also Arbeiter in Lohn haben. Doch war deren Zahl gering. Der Hausbetrieb am eigenen, handbetriebenen Webstuhl herrscht vor und wurde nur langsam zurückgedrängt.


Tuchfabriken, Mechanisierung, techn.Entwicklung


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Entnommen: „650 Jahre - Stadt Euskirchen, 1302 - 1952, Festschrift zum Stadtjubiläum, 1952, Euskirchen


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