Carl Schurz

Von Fritz Kessler

Denkmäler - Büsten - Erinnerungstafeln


Um die Jahrhundertwende war Carl Schurz in den USA den Zeitungslesern und den Abonnenten der Magazine eine der bekanntesten Persönlichkeiten, fast „eine legendäre Gestalt“ (Baumgardt). Thomas Nast, ein deutschstämmiger Karikaturist aus Landau/Pfalz, hatte seit 1872 den Senator von Missouri, Carl Schurz, zur Zielscheibe seiner bissigen, aber gekonnt gezeichneten politischen Kommentare genommen und ihn schließlich wegen seines unermüdlichen, zunächst erfolglos scheinenden Kampfes gegen Korruption und Ämterpatronage in das Kostüm des Don Quichote gesteckt, der gegen Windmühlenflügel kämpft. (nach Fuess, S. 182, am 6. 4. 1872 in Harper's Weekly).

Wie C. M. Fuess 1932 schreibt, war Carl Schurz mit seiner langen, aufgereckten und beweglichen Gestalt den Zeitungslesern schlechthin als „that Dutchman“ bekannt. Die von Thomas Nast immer wiederholte „spindeldürre Gestalt mit dem borstigen Bart und den durch schwere Brillengläser verdeckten scharfen Augen“ war „wegen dieses Bartes genauso bekannt wie die übergroßen Zähne E. Roosevelts oder der zottige Schnurrbart Mark Twains (S. 1)“.

An anderer Stelle schreibt Fuess über die Popularität Schurz' in New York: „Keiner, der je Carl Schurz über die Fifth Avenue spazieren sah, konnte diese schlanke aufrechte Gestalt, gewöhnlich ein wenig steif in einem eng sitzenden Gehrock gekleidet, vergessen, ebensowenig wie den vornehmen Kopf mit dem dichten grauen Haar, den Schnurrbart und den Vollbart, die ihm in einem Land glattrasierter Männer ein fremdartiges Aussehen gaben und schließlich die scharfen, funkelnden Augen, die je nach Stimmung leuchten oder blitzen konnten, ständig wach hinter den stahlgefaßten Gläsern (S. 385, 237)“.


Carl Schurz als Bonner Student (1848)
Foto: Großer Erftverband

Vom 3. Mai 1905 bis zum 13. Mai 1906, dem Vortag seines Todes, arbeitete die New Yorker Künstlerin Winifred Holt an der ersten bildnerischen Darstellung Carl Schurz', einem Bronzerelief von rund 45 cm Breite, 65 cm Höhe und fast 20 cm tiefe. Sie schrieb zu ihrem Werk, daß Carl Schurz es als sein offizielles Bildnis zu bewahren gewünscht habe.

Er hatte es im Mai 1905 eigenhändig in den Ton signiert und mit seinem Motto „Ubi libertas, ibi patria“ (Wo die Freiheit, da ist mein Vaterland) versehen. Das Relief hängt heute noch im Vorraum des Innenministeriums in Washington (1).

Winifred Holt arbeitete vornehmlich auf dem Gebiete der Relief- und Porträtplastik. Als Gründerin und Förderin der New Yorker Blindengesellschaft genoß sie großes Ansehen (Thieme-Becker).

Als Carl Schurz am 14. Mai 1906 in seiner New Yorker Wohnung, 24 East Ninety-First Street, gestorben war, hatte der in Wien geborene Bildhauer Karl Bitter die Totenmaske abgenommen (Fuess, S. 381). Bis zur Aufstellung der überlebensgroßen Statue vergingen noch 7 Jahre.

1907 schuf Victor David Brenner (1871-1924), ein in Schaulen, Bez. Kowno, geborener litauischer Medailleur und Plattenkünstler, eine Bronzetafel, die Schurz im Gehrock in einer Pose zeigt, wie ihn ungezählte Amerikaner von seinen großen Reden in Wahlversammlungen, im Senat oder bei Festveranstaltungen kannten. Auch dieser Darstellung kommt, noch mehr als der von W. Holt, der Rang eines Portraits zu, ist sie doch bis zur Schnur des Pincenez fotografisch genau. Im Lexikon von Vollmer ist diese Arbeit Brenners eigens erwähnt.

Brenner bildete sich nach einer Lehre als Petschaftsstecher bei seinem Vater einige Jahre in Dresden weiter, kam 1899 nach New York zurück und kannte wie W. Holt und K. Bitter Carl Schurz persönlich. Die Bronzeplatte (20 cm x 33 cm), geschaffen zum Tode Carl Schurz', hängt an der Stirnseite der Treppe, die zu den Geschäftsräumen der National Carl Schurz Association in Philadelphia führt. Auftraggeber und Stifter dieser schönen Arbeit war Mr. Mc Aneny, ein Schwiegersohn Dr. Jakobis, auf dessen Landsitz die drei befreundeten Familien die Sommer von 1892 bis 1905 verbrachten (2).

1913 wurde am 10. Mai, einem Sonntag, auf Morningside Heigths, einer Anhöhe über dem Hudson, nahe bei der Bibliothek der Columbia Universität, das große Denkmal zu ehren „des bedeutendsten Bürgers deutscher Abstammung“ eingeweiht. (Bernstorff)

Karl Bitter (1867-1915) hatte die 9 Fuß hohe Statue in Bronze geschaffen, der Architekt Henry Bacon hatte sie einem Denkmal eingefügt. Bronzetafeln zu beiden Seiten erinnern an die jahrelangen Bemühungen durch Carl Schurz um die Rettung bzw. Gleichberechtigung von Indianern und Negern (Fuess, S. 383).

Interessant ist die Deutung, die Herbert Richter über dieses Denkmal schreibt: „Sein Denkmal hebt sich scharf umschnitten vom weiten Himmel ab. Ein schmaler Parkstreifen deckt den Abhang und aus der Tiefe dahinter brodelt unablässig der Lärm des Stadtteils Harlem empor, von Negern bewohnt, deren Vorfahren Schurz zur Freiheit verhalf. Schurz selbst kannte, der alte, nicht mehr beamtete Mann, der Spaziergänger im Perlerinenmantel, er blickt so nach Westen, als habe er eindeutig für die neue Welt optiert.“

Und an anderer Stelle: „... dieser Mann im langen Mantel mit dem unnachgiebigen knochigen Schädel, dem hart geschlossenen Mund des Nervösen und der Hand, die, herabhängend, sich unbewußt zur Faust ballt, der den Rücken unabänderlich nach Osten, zum Ozean, kehrt, über den er kam, den Blick aber unverwandt nach Westen, in die Weiten Amerikas richtet - er ist in der Tat Carl Schurz (3)“.

Die Mittel für das Denkmal hatte das Carl Schurz Memorial Committee aufgebracht. (Fuess, S. 283)

Später ließ die Carl Schurz Memorial Foundation von dem Haupt der Bitter-Statue eine Kopie anfertigen. Im Archiv der national Carl Schurz Association wurde durch eine Ansichtskarte des Jahres 1915 eine Kopie der Statue von Bitter bekannt, die im Park von Oshkosh, Wisconsin, steht (2).


Gedenktafel am Geburtshaus in Liblar
Foto: Großer Erftverband

Nachdem das Carl Schurz Memorial Committee das sechsbändige Werk „Speeches, Correspondences und Political Papers“ durch den Historiker Bancroft herausgeben ließ, trat für einige Jahre um Carl Schurz eine gewisse Stille ein.

Im gleichen Maße, wie die Wunden des Ersten Weltkrieges langsam heilten, wuchs auch das Gefühl des Verbundenseins zwischen dem Heimatland und dem Deutschtum im Ausland. Mit dem Gedanken an den 100. Geburtstag Carl Schurz' wird von Mitgliedern des Reichstages am 18. 5. 1926 mit dem Reichstagspräsidenten Paul Loebe an der Spitze in Berlin die Carl-Schurz-Vereinigung gegründet (Kühnemann).

Am 7. 5. 1930 folgt in Philadelphia die Carl Schurz Memorial Foundation, seit 1962 als National Carl Schurz Association tätig (Fuess, S. 384). Die Feiern zum 100. Geburtstag im Jahre 1929 lösen auf beiden Seiten des Ozeans das lebhafteste Interesse der Historiker und der Öffentlichkeit an Carl Schurz aus.

In den USA erscheinen in kurzen Abständen die großen Biographien von Ch. V. Easum (1929), J. Schafer (1930) und C. M. Fuess (1932).

In Deutschland erscheinen das auf dem Archivmaterial der Burschenschaft Frankonia basierende Werk von O. Dannehl (1929) sowie das Sammelwerk der Gründungsmitglieder der Carl-Schurz-Vereinigung A. Erkelenz und F. Mittelmann (1929).

Neben Biographen und Historikern bemüht sich auch die bildende Kunst, Carl Schurz der Nachwelt ins Gedächtnis zu rufen.

Am 3. März 1929 findet im Reichstagsgebäude zu Berlin die bedeutendste Feierstunde unter den zahlreichen Feiern in Deutschland zur Ehrung Carl Schur' statt.

Der Westdeutsche Rundfunk übertrug diese Feierstunde von 11 bis 12.30 Uhr (Ansageblatt vom 3. 3. 1929). Nach der Eröffnung durch den Reichstagspräsidenten Paul Loebe hielt Prof. Hermann Oncken, Präsident der wiss. Abteilung der Deutschen Akademie, die Festansprache, es sprachen ferner der Botschafter der USA Schurmann und Prof. Dr. A. Faust von der Cornell Univeristät Ithaka, NY. (4). Bei dieser Feier wird eine Marmorbüste von Carl Schurz, ein Werk des Kölner Bildhauers Theodor Caspar Pilartz (1887 - 1955) im Reichstag aufgestellt (5). Pilartz arbeitete bis 1933 als Bühnenbildner in Berlin, später in Düren, und erhielt über seinen Intendanten Hartung vom preußischen Minister des Inneren den Auftrag (Mitteilung v. H. Grues).

Eine Fotografie zeigt ihn bei der Arbeit an der fast vollendeten schneeweißen Marmorbüste (5). Durch ein Mißverständnis wurde Schonauer, der nie einen Meißel in der Hand gehabt hat, im Katalog der Schurzausstellung der Stadt Bonn 1956 (Arndthaus) als Urheber dieser Schurz-Büste bezeichnet, ein Fehler, auf den Franz Kissel, Lehrer in Oberkassel und Freund Schonauers, mehrfach und nachdrücklich hingewiesen hat (6).

Die Büste wurde am 8. 4. 1931 vom Preußischen Ministerium des Inneren der Gemeinde Oberkassel anläßlich der Umgestaltung der nach Carl Schurz benannten Rheinpromenade mit der Auflage einer würdigen Aufstellung geschenkt (7).

Erst nach 25 Jahren erschien die Büste 1956 wieder in der Öffentlichkeit, als sie leihweise im Carl-Schurz-Colle, Bonn, Nasse-Straße, Aufstellung fand. Bei der Einweihung dieses von den USA mitfinanzierten Collegs am 14. 5. 1956 sprach außer dem Rektor der Univeristät Bonn und dem Präsidenten der Steuben-Schurz-Gesellschaft der amerikanische Botschafter Prof. Dr. J. Conant (8).

Zu erwähnen ist hier, daß nach einem Vorschlag von Franz Kissel die Gemeinde Oberkassel mit der Fertigstellung der neuen katholischen Volksschule zur Einweihung und Namensgebung der Schule ihre Carl-Schurz-Büste dort endlich, der Auflage bei der Schenkung entsprechend, aufstellen konnte (1967).

Wie der Reichstag, so gedachte auch die Gemeinde Liblar am 3. 3. 1929 „ihres großen Sohnes“. Vormittags wurde am Geburtshaus in der Burg Gracht die von der Carl-Schurz-Vereinigung gestiftete Gedenktafel durch das Vorstandsmitglied Dr. Bertling vom Amerika-Institut Berlin enthüllt (9).

Das Bronzerelief trägt unter dem im Profil dargestellten Kopf außer der Widmung den Namen des Künstlers: T. C. Pilartz 1929.

(Im Bildniskatalog „Der neue Singer“ von 1938 wird neben 7 Bildern nur dieses Bronzerelief aus dem Bereich der bildenden Kunst erwähnt, fälschlich aber Josef Pilartz, dem um 2 Jahre jüngeren Bruder von T. C. Pilartz, zugeschrieben.)

Es ist interessant, daß dieses Bronzerelief in verkleinerter Form ohne jede Inschrift von der Carl-Schurz-Vereinigung als Plakette an Persönlichkeiten verliehen wurde, die sich um die deutsch-amerikanischen Beziehungen verdient gemacht haben. So erhielten diese Plakette in einem Festakt am 14. 5. 1956 Prof. Dr. Otto Suhr als Regierender Bürgermeister von Berlin, Willy Brand als Präsident des Abgeordnetenhauses, Frau Hanna Reuter, Witwe des ersten Reg. Bürgermeisters von Berlin, ferner General Ch. L. Dasher als US-Kommandant von Berlin und Pastor Dr. A. R. Siebens, Präsident der American Chamber of Commerce Berlin (10).


Carl Schurz als amerikanischer Staatsmann
Foto: Großer Erftverband

Am Nachmittag des 3. März 1929 wurde in Liblar vor der alten Schule durch Gemeindevorsteher Koep das Denkmal enthüllt, das die Gemeinde Liblar errichtet hatte, „bestehend aus einem Granitsockel, überragt von einer Bronzebüste Schurz' und erreichbar durch eine kleine Treppe“ (Fuess, S. 7). Ein Foto, aufgenommen von Axmacher, Liblar, findet sich in dem Sonderdruck der Westdeutschen Blätter, Düsseldorf, mit dem Titel „Der Kreis Euskirchen“ (o.J.).

Bei der Feier überbrachte Regierungspräsident Elfgen, Köln, die Grüße des Preuß. Ministers des Inneren, des Oberpräsidenten der Rheinprovinz und des Landkreises Euskirchen. Dr. Bertling hielt die Festansprache (11).

Das Denkmal stand auf dem zentral gelegenen Schulhofvorplatz, an derselben Stelle, wo das Wohnhaus der Eltern von Carl Schurz' lag (Simons, S. 22; 14).

In zwei Aufsätzen schreibt Franz Gruber im Mai 1956, das Denkmal sei zur Zeit des Nationalsozialismus aus aus verkehrstechnischen Gründen beseitigt worden (12).

Kurz nach dem Krieg konnte die Gemeinde Liblar jedoch die gerettete Originalbüste wieder aufstellen, bis sie etwa 1950 ihren endgültigen Platz auf dem Vorplatz des Amtshauses, fast an alter Stelle, erhielt.

Besonderen Dank schuldet die Carl-Schurz-Realschule Bad Godesberg der Gemeinde Liblar für die Überlassung der früheren Gußform, so daß die Schule ein würdiges Denkmal ihres Namenspatrons, durch eine geschickte Glasur an das Liblarer Bronzeoriginal erinnernd, in der Eingangshalle aufstellen konnte.

Aber wer ist der Schöpfer der Liblarer Büste? Heinrich Grues, der in Köln lebende Freund T. C. Pilartz', lehnte angesichts der Kopie die Urheberschaft für Pilartz ab. Zweifel kamen auch an der Darstellung der Einweihungsfeier in Liblar bei Simons (S. 72) auf, da hier die Redner der Feier im Reichstag erwähnt werden. Deutlich steht aber da, daß „bei dieser Gelegenheit eine von dem Bildhauer Pilartz geschaffene Büste des großen deutschamerikanischen Staatsmannes im Reichstagsgebäude zu Berlin aufgestellt wurde“. Bei der Suche nach dem wirklichen Urheber mußte ernst genomen werden, was auf der Büste steht: Geier 1. 2. 1929. Dafür gibt es bis jetzt zwei Gründe: nach dem Lexikon von Vollmer (1956) hat Heinz Geier für die Gemeinde Gleuel 1928 eine Friedrich-Ebert-Büste geschaffen. Dank einem von der Gemeindeverwaltung Hürth geliehenen Foto konnte die stilistische Ähnlichkeit der Arbeit mit der Schurz-Büste festgestellt werden. 1933 wurde übrigens die Ebert-Büste durch SS-Leute von Frechen zerstört (13).

Zum anderen fand sich im Stadtarchiv Bonn in einem Zeitungsausschnitt über die Einweihung des Schurz-Denkmals der Hinweis, daß die Büste von dem Kölner Bildhauer Geyer geschaffen worden sei (14).

Eine weitere Büste von Carl Schurz, geschaffen von Dr. Karl Menser (1872-1929), überlebte die Ära des Nationalsozialismus nicht.

Am 17. 2. 1929 feierte der Ausschuß für allgemein zugängliche Vorlesungen der Universität Bonn den 100. Geburtstag von Car Schurz. Prof. Dyroff leitete die Veranstaltung, die Festrede hielt Prof. Max Braubach über „Carl Schurz als Bonner Student“. Karl Menser, seit 1919 mit dem Ehrendoktor der medizinischen Fakultät ausgezeichnet, hatte „der Universität eine schöne Büste von Carl Schurz, die erste im Rheinland, gestiftet“ (15). Leider ist diese Veranstaltung bis auf drei Zeitungsberichte (Stadtarchiv Bonn, 15) in der Universitätschronik und im -archiv nicht erwähnt, der Verbleib der Büste ist nicht zu verfolgen.

Sicher ist, daß nach 1945 bei der Aufnahme aller der Universität gehörenden Kunstwerke die Schurz-Büste nicht registriert werden konnte (Mitt. von Dipl.-Ing. Bucher als Leiter des Ateliers für Kunsterziehung bis 1967 und vom Sekretariat).

Die wohl schönste Büste von Carl Schurz, wie die Mensersche aus Bronze, stammt von J. Otto Schweizer (1863-1956). Geboren in der Nähe von Zürich reifte er zur Meisterschaft an der Kunstakademie in Dresden bei Johannes Schilling, studierte in Florenz und ließ sich 1894 in Philadelphia nieder. Bedeutende Gedenkstätten wie das Memorial in Gettyburg, Statuen wie die von Steuben in Valley Forge, vor allem aber Porträtbüsten und Medaillons stammen von seiner Hand (16). Die Schurz-Büste arbeitete er im Auftrag der Carl Schurz Memorial Foundation 1942, sie steht zusammen mit seiner Büste von F. D. Pastorius in der Rotunde des Old Custom House, dem früheren Sitz der Gesellschaft (16,2).


Carl-Schurz-Büste
Foto: F. Kesseler

Schweizer, der Schurz in seinem letzten Lebensjahren gekannt haben wird, hat ihn nicht als den alten Mann wie etwa Geier, Holt oder Pilartz sehen wollen als er 35 Jahre nach dem Tode Schurz' den Auftrag erhielt. Er stellte Schurz in seiner aktivsten Zeit, etwa in der Sicht von Fuess um 1869 (S. 237), also mit ca. 40 Jahren dar. Die Verbindung des energiegeladenen, unbeugsam seinem Ziel zustrebenden Senators und Innenministers mit der Ruhe und der inneren Sicherheit des „grand old man“ der Jahre ohne Amt nach 1882 ist das glückliche Ergebnis einer aus der vergeistigten Erinnerung schaffenden künstlerischen Begabung.

Schweizers Werk stellt gleichzeitig die Verbindung der Schöpfungen von Bildhauern, die Schurz aus persönlicher Bekanntschaft modellieren konnten, mit den Werken deutscher Künstler dar, die auf Fotografien und Schilderungen von Schurz angewiesen waren. Sie werden, ohne Kenntnis der großen Biographien, nach den Zeichnungen aus den Jahren 1849 - 1852 und den in der Leipziger Illustrierten Zeitung veröffentlichten Bildern aus der Zeit von 1860 - 1890 (Der Neue Singer) gegriffen haben.

Es ist ziemlich sicher, daß vor allem Geier das Foto von Carl Schurz, datiert auf den 22. 2. 1889 (USIS), oder die Zeichnung von Fanny Enders (Dannehl) benutzt haben wird, vermutlich auch V. D. Brenner.

Pilartz hat in seinem Bronzerelief ein idealisiertes Bild des kämpferischen Schurz, in der Marmorbüste, leicht manieriert, die Vergeistigung des Biographen Lincolns und Clays herausgearbeitet, das erstere etwa aus der Zeit um 1900 (wie W. Holt), bei der Büste etwa um 1880.

Wie sah Carl Schurz aus?

Es sind wenige Zeugnisse in der Literatur zu finden. Das bekannteste ist die Beschreibung von Friedrich Spielhagen, des Bundesbruders von Carl Schurz in der Frankonie, aus dem Jahr 1848: „Groß, schlank, hager, gibt er wenig auf Haltung. Im Verhältnis zu dem prächtigen, von reichem, lockigem, langem Haar bedeckten Schädel ist das Gesicht klein, fast gekniffen, besonders in der unteren Partie, welche die breite feste Stirn wie ein Fels überragt. Die hellen lebhaften Augen blicken stets hinter einer Brille ...“ (Dannehl, S. 121). Der Königliche Polizeipräsident zu Berlin erhielt vom Staatsanwalt in Spandau am 13. 5. 1851 zur Unterstützung der Fahndung nach dem Kinkel-Befreier folgendes „Signalement“: Größe: 5 Fuß, 9 Zoll (ca. 1,80 m); Statur: schlank; Haare: blond (welcher Biograph hat das feuerrote Haar erfunden?); Stirn: frei; Augen: grau; Nase: klein; Kinn: länglich; besondere Kennzeichen: pflegt eine Brille zu tragen (Erkelenz, S. 64).

Im September 1857 machte Schurz auf der amtlichen Tagung der Republikaner als Abgeordneter von Watertown den von A. M. Thompson im Milwaukee Sentinel so beschriebenen Eindruck: „groß, eckig, von ungewöhnlichem Aussehen ...“ (Easum, S. 83).

Fuess ergänzt aus der Zeit um 1858: „Die Versammlung sah eine linkisch wirkende Gestalt, etwas über 6 Fuß lang, mit übermäßig schlankem Körper ...“ (S. 58).


Carl-Schurz-Ausstellung in Liblar (1966)
Foto: S. Rick

1868, so zitiert Fuess aus der Biographie über Charitas Bischoff, daß Schurz bei einem Besuch auf sie folgenden Eindruck gemacht habe: „sehr lang und dünn - einfach zu dünn - mit rötlichem Haar und Bart, scharfen Gesichtszügen und lebhaften Augen“ (S. 146).

Schließlich erwähnt Fuess 1869 außer den bekannten körperlichen Eigentümlichkeiten das dichte, auffallend wellige Haar und den sauber geschnittenen Schnurrbart und Vollbart (S. 217).

Zwei Zeitgenossen Schurz' äußern sich so: Max Eberhard schreibt 1906 in der Festausgabe der Glocke (17), Schurz habe 1859 einen rötlich-braunen Schnurrbart getragen, den er 1871 mit einem dunkler gewordenen Vollbart vertauscht habe. Prof. Dr. H. Schumacher bezieht sich auf die Besuche bei Schurz in seinem Haus in Tarrytown und erwähnt mit Charitas Bischoff als einziger Zeitgenosse das von rotem Haar umrahmte Gesicht (Erkelenz, S. 78).

Zum Abschluß dieser Zusammenstellung, bei der nur gelegentlich mit Rücksicht auf die erforderliche Begrenzung des Themas die Bedeutung Carl Schurz' für seine Zeit und über seinen Tod hinaus durchklingen konnte, habe ich allen zu danken, die mir bei der Klärung mancher Details halfen, dem Stadtarchiv Bonn, der National Carl Schurz Association und den vielen Freunden Carl Schurz' im Lande.

Gleichzeitig soll dieser Aufsatz Anlaß zu neuen Informationen sein, er erhebt sicher nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.


Literatur:

Baumgard, Rudolf: Carl Schurz, Berlin 1939.
Dannehl, Otto: Carl Schurz, ein deutscher Kämpfer, Berlin 1929.
Easum, Ch. Verne: Carl Schurz. Vom deutschen Einwanderer zum amerikanischen Staatsmann. Übersetzt von Paul Fohr 1937.
Erkelenz, u.a.: Carl Schurz. Der Deutsche und der Amerikaner. Berlin 1929.
Fuess, Claude M.: Carl Schurz, Reformer. Neuaufl. Port Washington N.Y. 1963.
Simons, Peter: Liblar. Geschichte und Heimatkunde ... Liblar 1956.
Vollmer (Hrsg.): Künstlerlexikon des XX. Jahrhunderts, Leipzig 1956.
Thieme-Becker: Künstlerlexikon, Leipzig 1930.

Anmerkungen:

1) The American German Review (AGR) Philadelphia 1961, Aug./Sept. S. 4.
2) Mitt. von Mrs. A. Finckh, National Carl Schurz Association, v. 11. 7. 1968.
3) Werner Richter in „Hochland“, 43. Jahrg. (Februar 1951), S. 248, 249.
4) Ansageblatt des Westd. Rundfunks vom 3. 3. 29; Stadtarchiv Bonn.
5) Dt. Reichszeitung vom 4. 3. 29, Stadtarchiv Bonn.
6) Zum Gedächtnis an Carl Schurz. Ausstellung der Stadt Bonn im Arndthaus 1956. Stadtarchiv Bonn.
7) Mitt. von Franz Kissel, Notiz auf dem Foto von T. C. Pilartz im Schaumburger Hof Bad Godesberg.
8) Carl-Schurz-Colleg 1954-1964. zum 10jähr. Bestehen eines studentischen Wohnheimes (hrsg. vom Colleg).
9) Generalanzeiger Bonn vom 4. 3. 1929, Stadtarchiv Bonn.
10) Carl Schurz, Bericht über eine Feierstunde anläßlich des 50. Todestages. Steuben-Schurz-Gesellschaft e.V. Berlin. 14. Mai 1956.
11) Bonner Zeitung vom 4. 3. 1929, Stadtarchiv Bonn.
12) Bunte Illustrierte 1. Maiheft 1956. Stadtarchiv Bonn (u.a.a.O.).
13) Westdeutscher Beobachter vom 1. 4. 1933. Schularchiv.
14) Rheinische Zeitung vom 4. 3. 1929. Stadtarchiv Bonn.
15) Gen.-Anz. Bonn, Dt. Reichszeitung vom 18. 2. 1929. Stadtarchiv Bonn.
16) American German Review, 1953, Februar, S. 20, Schularchiv wie 1).
17) Die Glocke. Lit. Monatsheft. Jahrg. 1, 1906, Heft 5. Chicago, S. 182 f.

Entnommen: Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1969

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