Aus der Geschichte des Kommerner Bergbaus

Von Dr. Fritz Malsch

Schon lange, ehe Fürst Philipp von Arenberg im Jahre 1629 dem Johann von Meinertzhagen aus Köln und seinen Freunden Bartholomäus Brüggen aus Aachen und Diederich Rath aus Köln die Erbbelehnung ausgestellt hatte, „von der Schmelzhütte den Bach hinauf sowie auf den Orten Peterheide, Schafberg und Kolhau alle Ertze, Mineralien und Farben auszubeuten“, hatten Bergleute im Kleinbetrieb am Kommerner Bleiberg Erz gewonnen. Als nun Johann Meinerzhagen - Brüggen und Rath schieden bald wieder aus - seinen großen „Erbstollen“ zur Entwässerung des Bleibergs anlegte und durch Lohnarbeiter Baue im Großen betrieb, begannen bald Auseinandersetzungen mit den einheimischen Bergleuten, die sich in ihrer Arbeit behindert fühlten, weil im Bereich des durch Pfähle gekennzeichneten Stollenverlaufs nicht abgebaut werden durfte. Diese Streitigkeiten behinderten eine zeitlang sogar den Weiterbau des Stollens. Sie wurden aber durch Entgegenkommen Meinertzhagens schließlich von dem arenbergischen Statthalter von Werll beigelegt. Der erste Stollenbau brachte fast 20 Jahre, kostete rund 163.000 Taler und entwässerte das Gelände so gut, daß in seinem Bereich eine beträchtliche Förderung einsetzen konnte.

Als diese wiederum nachzulassen begann, beschlossen die Meinertzhagens einen neuen zweiten Stollen anzulegen, 16 Meter tiefer als den ersten, der zugleich weitere neue Gebiete erschließen sollte. Sie erhielten hierzu im Jahre 1690 die Genehmigung und noch eine Reihe Vergünstigungen, wie Herabsetzung der Pacht für die Pochwerke und Schmelzhütten und anderes.

Dieser zweite Stollen, der im Zickzack unter Peterheide, Frauenbusch und Schafberg verlief, erforderte neue oberirdische Sperrgebiete, denn in seinem Bereich durften keine neuen „Gerechtigkeiten“ zum Schachtbetrieb von oben her verliehen werden, weil sonst der unterirdische Abbau vom Stollen aus gefährdet wurde. So begannen denn um 1750 neue Schwierigkeiten mit den „Eigenlöhnern“, wie die privaten Bergleute und Unternehmer genannt wurden.


Blick auf das heutige Kommern

Die Protokolle des Berggerichts Kommern, die uns von 1721 bis 1794 erhalten sind 1), geben darüber einen Aufschluß, der für die Arbeit am Bleiberge und das Leben der Zeit sehr charakteristisch ist. Darüber soll an Hand der Urkunden hier berichtet werden.

Es begann damit (Bl. 100), daß auf dem am „Mercury, den 4. July 1753, unter dem Päside Herrn Landtschultheißen und Bergmeistern Abels, sodann Severin Heeg, Emmerich Axer, Peter Dresler, Johannes Reven, Ludwig Schwarz, Mattheis Glehn und Wilhelm Werschhoven, Schöffen und Berggeschworenen, bey gehaltenem Berggeding zu Strempt“ zunächst „die ganze Bergordtnung denen erscheinenden sämtlichen Bergeinhabern laut vorgelesen worden“ war, ferner nach einer Reihe von Einzelbelehrungen zunächst eine Klage des Valentin Hamacher gegen seinen „Gesell“ Hartger Lückerath verhandelt wurde, und dann der Bergbediente Gottschalk des Herrn von Meinertzhagen eine „Protestationsschrift vorbracht und abgelesen ... tenoris sequentis (d. h. folgenden Inhalts: der Text ist in der heutigen Schreibweise wiedergegeben).

„Es ist uns durch unseren Bergschreibern Foß hierin berichtet worden, daß auf dem Schafberg verschiedene so herzogl. Arenbergische Untertagen als Fremde sich einige Distrikte bei dem Berggericht haben anzeichnen lassen, welche der wirklich vorhandenen Abpfählung des dahintreibenden Stollens zu nahe kommen. Obschon nun dergleichen Anzeichnungen von sich selbst nichts gültig sind, indem dem Stollen seine Gerechtigkeit überall, wo solche einkommen wird, frei und unbenommen bleiben muß, so haben wir nicht umhin gekonnt gegen alle sowohl geschehenen oder künftig geschehende solche Anzeichnungen solenne Protestation zum Hochfürstlichen Berggericht zu Commern einzubringen und uns alle unsere Gerechtsame vorzubehalten, mithin einen jeden vor Schaden zu bewahren.
So geschen Cöllen den 25. April 1753 - G. Von Meinertzhagen und Sohn“ (Bl. 106)

Eine andere Sorge der herzoglichen Verwaltung war das Abfahren der Erze zu fremden Pochwerken, die ja z. T. den Schächten näher lagen. So heißt es denn in demselben Protokoll zum Schluß:

„Eodem qua supra die wurde auch das indessen ergangene Hochfürstliche Verbot, daß nämlich unter arbitrari-Strafe vom Commerischen Bleiberg keine Knotten mehr an die fremden ausländischen Stoßhütten, sondern nur an die Arenbergische um allda gestossen zu werden, abgefahren werden sollen, abermalen Kunde gemacht, welches dem Herrn Schmitz von Heistart, so unterschiedliche Bergwerker auf dem Commerischen Berg hat, in faciem sonderlich von dem Herrn Landtschultheißen und Bergmeistern angedeutet worden, actum Strempt ut supra (in faciem = ins Gesicht, persönlich).“ (B. 107/108)

Im nächsten Jahre schon wurde am 12. 8. 1754 eine Verhandlung gegen Johann Schiefer von Glehn und Nikolaus Damen von Voßel wegen unberechtigten Abfahrens „an ausländische Stoßhütten“ geführt, ihre Weiterarbeit verboten, die Erzvorräte beschlagnahmt, damit sie „zu Behauf verwirkter herrschaftlicher Brüchten abgemessen und verwertet werden sollen“. Damen, der Schultheiß von Voßel war, erscheint 14 Tage später, erklärt, „daß sein Pferdknecht aus üblem Verständnis seiner Intention“ den Fehler gemacht, bittest es zu entschuldigen und das Verbot aufzuheben. Es folgt eine Berechnung der angefallenen Gebühren, die sich aus 7 Positionen zusammensetzt, 4 Reichstalen 62 Albus beträgt; eine für die damalige zeit beträchtliche Summe.

Am 25. 3. 1755 beschweren sich die Meinertzhagens aufs neue, daß eine Reihe Bergleute Schächte nicht mehr als 3 bis 4 Lachter (1 Lachter = 2 Meter) von der Stollen-Abpfählung niedergebracht, wodurch das Interesse „Serenissimi und aller anderen Bergtreiber“ verletzt werde. Nach der Bergordnung sollten au jeder Seite des Stollens 8 Lachter 6 Fuß frei bleiben. Im Schafberg seien viele Spalten und Säulen; wegen des gefallenen Grundwassers seien die Schächte jetzt viel tiefer, und wenn einer eine solche Stelle träfe, könne „der ganze Schafberg auf einmal gänzlich zu Grund gerichtet werden.“ (Bl. 121/122)

Der Bergmeister Johann Albert Abels verfügt entsprechend und wie es scheint mit Erfolg, denn es folgen zunächst keine Klagen der Art mehr. Inzwischen hatten sich andere Probleme ergeben. Am 10. 2. 1756 hatte sich das Haus Meinertzhagen erboten, den Bleierzzehnten, „So die paricularen Bergeinhaber zu entrichten schuldig, zu 5 Gulden pro Zentner anzunehmen.“ Gleichzeitig wird am selbigen Termin (11. 2. 1756) eine „Hohe Herzogliche Commissionsverordnung de dato Arenberg 28. Dezember 1755 Publiciert“, nach der keine weiteren Ausländer mehr zugelassen werden sollen, und statt der sogenannten quater temoro Gelder in Zukunft die Inländer 10, die Ausländer 20 Albus vierteljährlich zahlen sollten. 2)


Im waldreichen Kommern gibt es nun auch einen See

Inzwischen war nicht nur der Bergmeister Johann Albert Abels Hofkammerrat geworden, es müssen auch wieder Beschwerden wegen der Schäden an Feldern und Wiesen, Beschwerden der Meinertzhagens wegen der Ablieferung des Zehnten u.a. stattgefunden haben, denn auf dem Berggeding vom 11. 5. 1756 wird eine neue grundlegende Verordnung des Herzogs „in originalibus produciert“, aber auch protokollarisch festgelegt, daß alle Bergtreiber laut „relation des landboten“ rechtzeitig benachrichtigt seien je zwei Vertreter“ den 11. dieses Vormittags neun Uhren auf dem Hochfürstlichen Haus dahier (Commern) zu erscheinen, um sich mit den Herren von Meinertzhagen zu regulieren!. (B. 151) Worum handelte es sich?

Den Herzog Carl von Arenberg hatte am 10. Marty 1756 von Brüssel aus in aller Form eine 8 Seiten lange Verordnung erlassen, die unter Betonung von vielerlei Nebensachen versucht, die freien Bergleute in die Abhängigkeit der Meinertzhagens zu bringen. Zunächst wird wieder die Frage der Schäden an Feldern und Wiesen vorgebracht, dann daß „Meinertzhagen selbst que bergbelehnte Erbvasallen bittere Klage führe“, daß „eine Menge fremder Leute sich auf dem Schafberg und Kolhau anschreiben lassen, Schächte einsinken, der Bergordnung zuwiderhandeln, dem Stollen zu nahe kommen, das Erz überall feibieten u.s.w.“. Dabei sei durch den sehr teueren Stollen der Schafberg schon 1753 ganz, der Kolhau fast ganz grundwasserfrei. So werde der Handel geschädigt, „unserem Interesse und dem allgemeinen Besten ganz zuwieder“ gehandelt.

Deshalb habe er seinem Rate zu Commern befohlen, keine fremden Bergleute mehr auf Commerner Gebiet zuzulassen, von allen angeschriebenen aber als Quartalsgelder einen halben Reichstaler (Ausländer einen ganzen) in Raten einzuziehen und unter Rechnungslegung zur Verbesserung der Felder und pro bono publico zu verwenden. Ferner sei von den Einheimischen der zehnte, von den Ausländern der neunte Karren Knotten ab 1. Januar 1756 abzuliefern, da durch die Wasserabzapfung „das Erz auf dem Kolhau, wie auch auf dem Schafberg, reichlich zu gewinnen ist“. Und nun: Um dem Commerner Erz seinen Handelswert zu erhalten, alle Unterschleife zu vermeiden, sollen „die sämtlichen Bergleute keinen ausgenommen all ihr gewonnenes Erz den Herren von Meinertzhagen sechs Jahre lang gegen bare Zahlung eines billigen Preises, welcher unter beiden Parteien vor unserem Rat und Landschultheißen zu Commern in der Güte auszumachen und allenfalls ex officio zu regulieren sein wird getreulich und wohl gereinigt bei jedesmaliger unfehlbar zu erlegenden poen von 6 Gulden einliefern und cedieren.“ (B. 159)

In der Erläuterung dazu (Bl. 160/161) wird noch darauf hingewiesen, daß er die Rechte der Meinertzhagens nicht im geringsten schmälern lassen wolle, daher außer in den Saffenbergschächten, die tolerierten Bergleute zur Hälfte mitarbeiten sollten „wie von Alters her“.

Diese Bestimmungen schlußgen ein. Zum Termin waren nicht einmal alle arenbergischen Untertanen erschienen, nur wenige Ausländer.

Da über den Preis, den Meinertzhagens Bevollmächtigter Meyer bot, zwischen 3 ½ und 5 Gulden für den Zentner, wobei er die Packfässer unentgeltlich geben wollte (B. 153/154), auch keine Einigung erzielt wurde, so beantragte Meyer die Abfuhr von Erz bis auf weiteres zu verbieten, was auch unter Strafandrohung durch den Bergmeister sofort verkündigt wurde.

In den nächsten Monaten zog sich der Streit hin. Die Ausländer machten Protesteingaben. Die arenbergischen Untertanen gaben als erste nach. Die größten Unternehmer, Hubert Becker und Paulus Holtzem, einigten sich mit Herrn Meyer privat, die anderen folgten. Die Auswärtigen erbitten wieder Bedenkzeit, haben auch Einwände gegen die Preise. Einige fahren ihr Erz an die Rather Hütte ab. Dadurch neue gereizte Stimmung, wobei der Herr Hofkammerrat, der es offenbar mit den großen Ausländern nicht verderben will, eine unklare Rolle spielt. Meyer fordert, daß diejenigen Ausländer, die weiter stören, bestraft und verboten werden.

Am 11. September 1756 erlassen die Commissare des Herzogs, Franz Josef Seyl und P. A. Moß, von der freiherrlichen Burg zu Commern einen Befehl (B. 189/190). Da die am Bleiberg interessierten ausländischen Bergleute sich bisher „der so gerechten und heilsamen Verordnung vom 10. 3. und 7. 4. 1756 auf eine sehr ärgerliche Art mutwillig widersetzet haben“ so fordern sie „daß man sich vollkommen unterwerfe, widrigenfalls ihre Bergwerksanteile allen weiteren Einwänden ungeachtet den meistbietenden herzoglichen Untertanen überlassen ... und sie von weiterer Berggewinnung ausgeschlossen bleiben sollen. ... Ein sogenannter Paritional-Vertrag sei dem Herrn Hofkammerrat als rein zu boshafter Verzögerung eingereicht. Die landesherrliche Autorität könne sich in einer so billigen und zum allgemeinen Besten gereichenden Sache von einigen undankbaren und aus purer Gnade tolerierten Bergleuten keine Ziel setzen und etwas vorschreiben lassen.“ Einen letzten Termin setzend drohen sie die Versteigerung der Anteile an.


Aus der Bergordnung vom Jahr 1738

Aber auch diese scharfen Worte der Commissare bringen keine Klärung. So werden zum 29. 12. 1756 alle Bergtreiber aufgefordert zu erscheinen (Bl. 191/192), und es wird ihnen eine aus Pilsen datierte (10. 12. 1756) herzogliche Verordnung vorgelesen (Bl. 193/196) und als Kopie überlassen. Dieses Dekret ist französisch geschrieben, der deutsche Text steht daneben; es ist nicht erkennbar, ob dieser deutsche Text aus des Herzogs Kanzlei stammt, oder erst in Commern hergestellt wurde. Jedenfalls ist die deutsche Fassung weitschweifiger und nicht so klar wie der französische Text.

Dieses neue herzogliche Dekret geht davon aus, daß die Ausländer behauptet hätten, ihre Rechte aus dem Vertrage mit Meinertzhagen vom 26. 8. 1662 seien verletzt. Er habe „aus besonderer Milde“ noch einmal einen Bericht durch Bergkundige und Juristen veranlaßt, alle Dokumente geprüft und dadurch erkannt, daß „der Bittsteller Betragen ungebührlich, von böser Absicht und kundbarem Unfung sei“.Also wolle und befehle er, daß
1. den Verordnungen vom 10. 3. und 7. 4. 1756 zu folgen hätten,
2. allem, was der Bergmeister anordnen sich vollkommen und ohne Widerrede ohne den mindesten Nachlaß und Rückfrage zu unterwerfen hätten.

Franz Tummeler von Scheven, einer der aktivsten Wortführer der Ausländer, bitte um 3 Wochen Ausstand zur Erklärung. Das wird abgeschlagen. Darauf überreichen sie eine notarielle Eingabe. Auch die fälligen Geldern werden nicht gezahlt.

Nach einem Zwischenakt Ende Januar 1757 werden alle zum 22. 4. 1757 erneut vorgeladen und erscheinen (B. 203). Ein neues herzogliches Dekret vom 26. 3. 1757 wird verlesen. Es gibt keinen Widerspruch, nur die Klage, daß es ihnen hart falle, wenn sie die Schachtkosten nicht zur Hälfte ersetzt bekämen. Auf dieses Entgegenkommen der freien Bergleute erklärt der Meinertzhagensche Bevollmächtigte, Jakob Gottschalk aus Mechernich, daß die Herren von Meinertzhagen „den gehorsamen Fremden so wohl als einheimischen Bergtreibern die Hälfte der Schächte lassen wollten und sonst ohne Ausnahme und Unterschied den freien Erzhandel, Kauf und Verkauf nach eigenen Wohlgefallen zu treiben verstatten und keine Erzlieferung von ihnen verlangten“ (B. 204). Auch die schon abgeschlossenen privaten Abmachungen werden aufgehoben.

Das oben erwähnte herzogliche Dekret stellt im ganzen einen großen Erfolg der freien Bergleute dar. Alle waren gleichgestellt und:

  1. nur der zehnte Karren war von allen als Stollengebühr abzuliefern;

  2. alle Bestimmungen sollten statt ab 1.1.1756 erst ab 1. 1. 1757 gelten;

  3. da keine Einigung über die 6 Jahre erfolgte, solle sich Meinertzhagen mit der Hälfte der ungemessenen Knotten zufrieden geben, dafür 5 Gulden 5 Albus und freie Lieferung der Fässer gewähren. Nehme er das nicht an, dann solle der freie Verkauf allen gestattet werden. Das Verbot, an fremde Hütten zu liefern, bleibt bestehen; der Bergmeister soll Vorschläge zur Vermehrung der (arenbergischen) Hütten machen.

  4. Zur Beseitigung von Schäden an Feldern und Wiesen der Gemeinde Commern soll der Bachgraben 8 Fuß tief, entsprechend breit gemacht, die Wege verbessert und z. T. gepflastert werden. Die Quater temper Gelder werden aufgehoben, dafür eine Abgabe von 2 Albus pro Zentner von allen, auch von Meinertzhagen, eingeführt. Der Bergmeister soll diese Abgabe „strictement“ einfordern, sie zu dem genannten Zweck verwenden und darüber Rechnung legen.

Meinertzhagen gibt, wie oben schon gesagt, nach, erklärt nur, daß aus der Forderung der 2 Albus einer und seiner Nachkommen Privilegien nicht geschmälert werden dürften, auch könnten für die Zukunft daraus keine Konsequenzen gezogen werden. Das läßt er ausdrücklich protokollieren.

Da das nächste Berggericht erst im Oktober 1757 stattfindet und nur Belehnungen enthält, so war der große Streit beigelegt. Auch die folgenden Jahrzehnte bringen außer kleinen Privatklagen und den alle zwei Jahre stattfindenden Belehnungen keine besonderen Ereignisse bis auf eine Sache, die daher noch kurz geschildert werden soll.

Am 19. 8. 1766 wird verhandelt (B. 204) gegen den Amtmann Ginetti des Freiherrn von Twickel auf Rath, der am 6. 9. 1762 „mit mehr denn dreißig mit Hacken, Schaufeln und Flinten bewaffneten Hartzemer Männern in hiesiges Hochfürstlich arembergisches Territorium eingetreten und den an der neu erbauten Schmelz- und Stoßhütten obig Roggendorf gemachten Wassergraben durch unerlaubte Gewalttat eingehauen.“

Es wird dem Amtmann Ginetti noch einmal eine First gestellt - was wohl schon öfter geschehen war -, die 100 Gulden Strafe zu zahlen. Am 25. 8. wird dann die Versteigerung des ganzen von Twickelschen Schachtbesiztes auf arenbergischem Territorium für den 2. 9. angesetzt. An diesem Tage erklärt Johann Axer von Mechernich, er habe der Witwe Ginetti den Bescheid zugestellt. Sie habe aber ihm gesagt, die Schächte habe sie längst verkauft. Da dies dem Gericht nicht mitgeteilt ist, wird die Versteigerung vorgenommen. Nach einem Anfangsgebot von 30 Talern durch den Gerichtsschreiber bieten Hubert Becker, Peter Dresler und der Bergmeister selbst; dessen letztes Gebot, das die Summe auf 50 Taler erhöht, wird nicht mehr überboten und so werden ihm die Schächte zugeschlagen. Es folgt dann eine Gerichtskostenrechnung (B. 245) von 17 Posten vom 26. 9. 1762 bis zum 2. 9. 1766 im Betrage von 13 Talern, so daß für Serenissimus nur 37 Taler bleiben.

In den folgenden Protokollen (B. 246-284) kommen, wie schon oben erwähnt, keine bemerkenswerten Ereignisse außer den üblichen Belehnungen vor. Dabei wäre noch zu erwähnen, daß einzelne der freien Bergleute sich auch in dieser Zeit zu Unternehmern entwickelt haben. So erhält Paulus Holtzem von Strempt an einem Gerichtstag, am 28. 9. 1767, 15 Schächte auf seinen Antrag (B. 252), und Hubert Becker von Kommern, der schon 1772 am 13.2. eine Belehnung von 22 Schächten erhielt (Bl. 260/261), hat es bis 1776 auf 38 Schächte gebracht, mit denen er am 20. 3. belehnt wird (Bl. 268/170).

Erst später, nach 1794, hat es wieder Auseinandersetzungen gegeben, über die mir keine Urkunden vorliegen. Jedenfalls zeigen unsere Darlegungen, daß die freien Bergleute, sowohl Inländer als „Ausländer“ gegen solche Versuche, sie alle für die Gruben der Herren von Meinertzhagen einzuspannen, sich zur Wehr setzten und durch ihre Hartnäckigkeit auch Erfolg hatten.

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Anmerkungen:
1) Staatsarchiv Düsseldorf Nr. C 141/3, Blatt 1-284; weitere Ortsangaben im Text: Bl. ...
2) Diese Abgaben wurden gezahlt „zur Befreiung der verdorbenen Felder und Wiesen und sonsten por bono publico“ (zum öffentlichen Wohl).

Entnommen: Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1965

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