Zur Geschichte von Burg und Burgmühle in Arloff

Von Dr. Hans Welters

Unser Heimatkreis, insbesondere jener Abschnitt des Kreises, der mit der Aufteilung des Kreises Rheinbach im Jahre 1932 an Euskirchen gekommen ist, besitzt eine für seine Geschichte bisher kaum verwertete, weil fast unbekannte Quelle: das Archiv auf Burg Heimerzheim.

Dieses reichhaltige wohlgeordnete Archiv, das Eigentum der Burgherren, der Freiherrn von Böselager ist, birgt keineswegs nur Urkunden und Aktenstücke, die sich auf das Burghaus selbst und den gleichnamigen Ort beziehen. Die altem westfälischem Adel entstammende freiherrliche Familie, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts Erbe der im Erft-Swistgebiet reichbegüterten Grafen von Belderbusch wurde, nannte eine große Zahl von Burgen und adligen Höfen ihr eigen, die vornehmlich in den heutigen Kreisgebieten von Bonn-Land und Euskirchen gelegen sind bzw. waren: Mit der Burg zu Heimerzheim die Burgen bez. adligen Sitze in Miel, Müggenhausen und Arloff, dazu den Conzenhof zu Ollheim, den Antoniterhof in Mömerzheim, Hof Vershoven bei Ollheim, den Spießen- und den Hohnerhof in Miel, Hof Lützermiel, den Herrenhof in Ludendorf und den Belderbuscher Hof zu Oberdrees. Von all diesen Gütern finden sich auf Burg Heimerzheim umfangreiche, vielen Heimatfreunden bisher unbekannt gebliebene Archivalien.

Das gilt auch von Burg Arloff, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit der zugehörigen Mühle von den v. Belderbusch erstanden, um die Mitte des 19. Jahrhunderts aber von den v. Boselager wieder abgestoßen wurde. Wie bei allen übrigen Erwerbungen hatte auch hier der Ankäufer die Aushändigungen sämtlicher den Rittersitz betreffender älterer „Briefschaften und Nachrichten“ zu einer besonderen Bedingung im Kaufvertrag gemacht. So erklärt sich das Vorhandensein von Archivmaterial im Heimerzheimer Burgarchiv, das weit über 1777, das Ankaufsjahr Arloffs durch Karl Anton v. Belderbusch, hinausreicht. Kaufakte, Vermessungsprotokolle, Pachtverträge, Landtagszitationen und andere Quellenstücke lassen uns interessante Einblicke in die Geschichte von Burg und Burgmühle unseres Erftdorfes tun 1).


Die älteste Nachricht: Eine Urkunde aus dem Jahre 1414

Die älteste im Heimerzheimer Bugarchiv gelegene Dokument, das uns über die Vergangenheit des Arloffer Gutes Zeugnis gibt, ist eine „Copia authentica“, die Kopie einer Urkunde, aus dem Jahre 1414. Sie meldet, daß Otto von Wachendorf und seine Gattin Lysa in diesem Jahre mit Zustimmung der beiden Schwestern des Ehemannes, von denen die eine, Ailge, Äbtissin des Klosters Hoven und die andere, Agathe, Äbtissin des Klosters Schweinheim war, „ihren freyen eygenen hoff zu Arloff gelegen“ mit Ackerland, Wiesen, Büschen, Weiden und Pachten und allem anderen Zubehör, darunter auch der „bannmühll“, auf der außer den Arloffer die Kirspenicher und Kalkarer Bauern ihr Getreide zum Mahlen bringen mußten, an Johann Elreborn und seine Hausfrau Grete verkauft haben. An Abgaben, die auf dem Hof und der Mühle lasteten, nenne das Schriftstück: sieben Erbmalter Roggen an den Herzog von Jülich, einen halben Malter Weizen und 15 Heller an das Stift St. Gereon in Köln, zu zahlen in dessen Fronhof zu Irresheim bei Frauenberg, ferner eine Kurmut, d.h. eine Sterbefallgebühr, ebenfalls zu entrichten in den genannten Hof des Kölner Stiftes, und zwar mit der Begründung, „want (=weil) der hoff (zu Arloff) verlehnt und rührend ist von Dechandt und Capittel des Freyedlen Stiftes zu St. Gereon in Cöllen“.


Burg Arloff

Die Urkunde Ottos v. Wachendorf ist in mehrfacher Hinsicht von besonderem Interesse. Zuerst einmal deshalb, weil sie in die Anfänge jenes stillen aber zähen Kampfes hineinleuchtet, den die Erzbischöfe und Kurfürsten von Köln mit den Grafen und späteren Herzögen von Jülich um die Landeshoheit in Arloff geführt haben. Beide, Erzbischof und Herzog, hatten im Dorfe eigene Gerichte; von diesen Gerichten, dem kurkölnischen sowohl als dem jülichschen, künden die uns erhaltenen Weistümer aus den Jahren 1551 und 1598 2). Leitete der Kölner seine Rechte auf Arloff auf die Erbschaft aus dem Hause Are-Hochstaden zurück, die im Jahre 1246 u.a. die Hardtburg mit ihren zugehörigen Lehen, darunter auch unserem Erftdorf, zum Besitz der Domkirche gemacht hatte, so gründeten sich die Ansprüche des Jülichers auf die Güter bzw. Rechte, die einst der Edelherr Gerlach von Dollendorf in Arloff besessen, aber - nach ursprünglicher Übertragung an Erzbischof Sifrid von Westerburg im Jahre 1278 - rund hundert Jahre später (1382) dem Markgrafen von Jülich überlassen hatte 3). Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß der 1414 genannte Hof des Otto v. Wachendorf mit der Mühle 4) und den auf beiden Objekten lastenden Abgaben an den Herzog von Jülich den Grundstock der einstigen Dollendorfer Besitzungen in Arloff bildet, damit aber auch den Ansatzpunkt für die Hoheitsrechte, welche die Landesherren von Jülich, neben den Erzbischöfen von Köln, bis zur Französischen Revolution im Dorfe ausübten. Das bezeugen zugleich die im Burgarchiv von Heimerzheim aufbewahrten Landtagszitationen: die Burgherren von Arloff wurden regelmäßig zum kurkölnischen und zum jülichschen Landtag geladen!

Schwieriger als die Hoheitsrechte des jülichschen Herzogs ist das Dunkel aufzuhellen, das über den grundherrschaftlichen Rechten des Stiftes St. Gereon am Gute des Otto v. Wachendorf liegt. Ist es nicht ein innerer Widerspruch, daß ein Besitz gleichzeitig als freieigen und kurmutpflichtig, d.h. in einem Atemzuge als allodiales und in einen Fronhofsverband gehöriges, abhängiges Lehnsgut bezeichnet wird? Und doch steht die Lehnrührigkeit der Arloffer Burg an das Kölner Stift außer Zweifel. Nicht nur die Urkunde des Jahres 1414 bezeugt es. Fortlaufende Empfangsbescheinigungen des St. Gereon unterstehenden Frauenberger Hofgerichts aus den Jahren 1620 bis 1752 erhärten den Tatbestand 5). Dazu finden wir auch in dem noch erhaltenen Protokollbuch des genannten Hofgerichts selbst immer säuberlich vermerkt, wann seitens der Arloffer Burgherren eine Kurmut fällig war. Da heißt es z.B. unter dem 1625 6): „Ist durch absterben der woledlen frauwen Catharina v. Mirbach gt. Horst, ambtsfrauwen zu Aldenahr, von wegen ihres hauß und guth zu Arloff eine pferts curmode erfallen, welche wie von alders bräuchlich uffgetrieben und durch die hoffsgeschworenen geschetzt ad 45 taler, so inwendigh 14 tagen binnen Cöllen den herren zu St. Gereon zu betzalen, auch eine neuwe empfangende handt zu benannen.“ - Die Erklärung für die nebeneinanderlaufende Bezeichnung der Arloffer Burg als freieigen und lehnrührig zugleich kann nur darin gesucht werden, daß in den zum Gut gehörigen Ländereien ursprünglich allodialer mit lehnrührigem Besitz vereint worden ist. Tatsächlich spricht auch die aus dem Jahre 1611 stammende „Ordnung des Gerichts zu Frauenberg“ 7) lediglich von 50 Morgen Landes zu Arloff, die dem Sift „churmödigh“ seien, während der Gesamtumfang des Burgareals, wie wir noch hören werden, 127,5 Morgen, also mehr als das doppelte, betrug.


Zu Beginn des 15. Jahrhunderts noch ein Hof!

Das dritte schließlich, was in der Urkunde Ottos v. Wachendorf das besondere Interesse des Lesers finden wird, ist die Tatsache, daß das Arloffer Gut 1414 nicht als Burg, sondern als Hof bezeichnet ist. Wäre das Anwesen bereits damals ein befestigter Adelssitz in Form der Wasserburg gewesen, so hätte es sein Inhaber zweifellos - ebenso, wie das schon über ein Jahrhundert vorher (1301) ein anderer Vertreter des Landadels im benachbarten Kirspenich getan hatte 8) - als „castrum“ (= Burg) deklariert. Die große Ähnlichkeit, die die beiden nur einen Kilometer voneinander entfernten Burghäuser Arloff und Kirspenich heute in ihrer baulichen Gestaltung aufweisen, besagt also nicht, daß sie - wohlverstanden als Burgsitze, nicht als Siedlungen schlechthin - gleichen Alters sind. Gleichen Alters sind hier wie dort nur die wuchtigen viereckigen Wohntürme, die beide dem 15. Jahrhundert entstammen 9).

Möglicherweise hat der Kirspenicher, so könnte man aus der Bezeichnung „castrum“ in der Urkunde des Jahres 1301 schließen, einen älteren Vorgänger gehabt; für den Arloffer dagegen trifft das nicht zu. Der 1414 urkundlich bezeugte „hoff“ des Otto v. Wachendorf kann erst im Laufe des 15. Jahrhunderts ein wehrhaftes Gewand erhalten haben. Wer der Erbauer des mächtigen viergeschossigen, nur mit schmalen Fensterschlitzen versehenen und ursprünglich statt der jetzigen Barockhaube mit Zinnen und Wehrgang gekrönten Turmes gewesen ist, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Wohl kaum der unmittelbare Nachfolger des Wachendorfers, Johann Elreborn, der einer Aachener Patrizierfamilie entstammte und nur kurze Zeit im Besitz des Arloffer Gutes gewesen ist! Alle Anzeichen deuten dagegen auf Claes v. Mirbach, Amtmann zu Münstereifel 10), der von 1405 bis 1513 gelebt, also mehr als hundert Jahre alt geworden sein soll, jenen Mann, der der Begründer der Linie v. Mirbach zu Arloff wurde und sich auch erstmals Burgherr zu Arloff nannte.


Die von Mirbach, von Friemersdorf gt. Pützfeld und von Mockel als Burgherren auf Arloff

Seltsamerweise fehlen von den v. Mirbach jegliche Nachrichten im Heimerzheimer Archiv, obwohl sich gerade diese, im gleichnamigen Dorfe zwischen Blankenheim und Hillesheim beheimatete Adelsfamilie mit am längsten auf Burg Arloff behauptet hat. Der Name v. Mirbach erscheint wohl des öfteren in den Kellnereirechnungen des Amtes Münstereifel, auch, wie wir schon hörten, im Protokollbuch des Frauenberger Hofgerichts, doch ist es schwer, die einzelnen Vertreter - nach dem oben erwähnten Claes v. Mirbach dem Älteren etwa Johann v. Mirbach zu Arloff, Amtmann zu Münstereifel (1448), ferner Bertram v. Mirbach zu Arloff und wiederum Claes v. Mirbach dem Jüngeren zu Arloff (1538) - in eine klare zeitlich geordnete Folge zu bringen. Das einzige im Heimerzheimer Burgarchiv liegende Schriftstück, das den Namen v. Mirbach nennt, datiert aus dem Jahre 1579 und gibt kund, daß zu dieser Zeit noch eine Catharina v. Mirbach vermählte v. Friemersdorf gt. Pützfeld Eigentümerin der Arloffer Burg war, diese aber kurze Zeit später ihrem Sohne Dietrich v. Friemersdorf vermachte. Gestorben sein kann jene gebürtige Catharina v. Mirbach aber erst um 1625, anders wäre die vorhin im Wortlaut wiedergegebene Notiz aus dem Frauenberger Gerichtsprotokollbuch nicht zu verstehen.

Aus dem gleichen Protokollbuch erfahren wir weiter, daß am 10. Januar 1659 zwei Arloffer, der Gerichtssekretär Jakob Mertznich und der Amtsverwalter und Kellner des kurkölnischen Amtes Hardt Thomas Brewer, vor dem Frauenberger Hofgericht erschienen, um dort anzukündigen, daß am 3. Januar des gleichen Jahres der Burgherr auf Arloff, Werner Dederich v. Friemersdorf gt. Pützfeld, verstorben sei. Damals taxierten die Hofesgeschworenen die Sterbefallgebühr auf 18 Reichstaler und setzten den gleichnamigen Sohn des Verstorbenen zum neuen Lehnsmann an. Jener jüngere Werner Dietrich v. Friemersdorf gt. Pützfeld war es dann, der im Jahre 1685 seinen „zu Arloff gelegenen Allodialrittersitz sambt Mühle und übrigen Appertinentien“ an Philipp Wilhelm v. Mockel verkaufte 11). Dieser, Bürgermeister der Stadt Köln, ließ zwei Jahre später, 1687, das zur Burg gehörige Areal, das sich auf 47 Parzellen verteilte, durch einen Geometer vermessen, der den Gesamtbesitz mit 127,5 Morgen Land und 19 Morgen Benden feststellte 12). Nach 1711 wird, wieder im Frauenberger Protokollbuch, Philipp Wilhelm v. Mockel als „derzeitiger possessor“ und seine Tochter Anna Theresia vermählte v. Scheidt als „letztempfangende handt“ des Arloffer Burggutes aufgeführt. Aber bereits ein Jahr später ging der Besitz in andere Hände über.


Der kurkölnische Amtsverwalter Karl Brewer wird Eigentümer des Arloffer Burggutes

Derjenige, der im Jahre 1712 die Arloffer Burg von Philipp Wilhelm v. Mockel käuflich erwarb, war ein Sohn des oben genannten Thomas Brewer, von dem das Frauenberger Protokollbuch vermeldet, daß er 1659 vor dem dortigen Hofgericht erschien, um hier den Tod des Dietrich Werner v. Friemersdorf gt. Pützfeld anzukündigen. Karl Brewer, so hieß der Sohn, war auch der Nachfolger des Vaters im Amt, hatte also gleichfalls die Stellung eines Kellners und Amtsverwalters im kurkölnischen Amt Hardt inne und setzte damit die Tradition fort, die schon sein Großvater Peter Brewer zu Beginn des 17. Jahrhunderts eingeleitet hatte 13). Der genannte Karl also brachte 1712 das „adelich hauß und rittersitz in Arloff in seinem bezirk mit der burg, vorhoff, stallungen, scheuer und garten gelegen, auch zugehörigen ländereien, benden und baumgarten, zins, renthen und gefällen, fischerei, jagd und weidwerk und dazugehöriger zwangsmühle fort anderen appertinentien“ für die Summe von 6000 Talern in seinen Besitz 14). Ob Matthäus Brewer, Kanonikus und später Dechant im Kollegiatstift St. Martin in Kerpen, ein Sohn Karl Brewers war, ist nicht mit Sicherheit festzustellen, jedenfalls aber war er ein naher Verwandter von ihm. Dieser Matthäus Brewer veräußerte 1777 wieder, was Karl Brewer 1712 erstanden hatte. Der, dem er Burg Arloff verkaufte, war der Burgherr in Heimerzheim: der Freiherr Karl Anton v. Belderbusch.


Unter den von Belderbusch, von Böselager, von Loe und von Solemacher nurmehr Pachthof

Dem Kaufakt des Jahres 1777 15), der den Freiherrn v. Belderbusch gegen Zahlung von 9000 Talern - immerhin also 3000 Taler mehr, als Karl Brewer 65 Jahre vorher auf den Tisch legen mußte - zum Besitzer von Arloff machte, ist eine genauere Spezifikation des Burggutes mit den ihm zustehenden Rechten, aber auch den auf ihm ruhenden Lasten beigefügt. Da erscheint zuerst der „Rittersitz“ selbst, bestehend in „burghaus, halfens- und müllerswohnung, scheuer, stallungen, weihern, baumgarten“ und einem Feld- und Wiesenareal, das noch den gleichen Umfang, wie 1687 hatte, also insgesamt 127,5 Morgen Ackerland und 19 Morgen Benden umfaßte. Unter den Privilegien der Burg werden aufgezählt: das Recht zum kurkölnischen und jülichschen Landtag, die Steuerfreiheit mehrerer in jülichsches Hoheitsgebiet hineinreichender Morgen Land, die Waldgerechtsamkeit im Flamersheimer Wald, das Jagd- und Fischereirecht, in das sich allerdings der Freiherr v. Belderbusch außer mit dem Landesherrn auch noch mit dem benachbarten Kirspenicher Burgherrn teilen mußte, das Recht auf die Haltung einer eigenen Schafherde und die Waldheide (Eckertrifft), diese jedoch auf vier Schweine beschränkt.

Außerdem vermerkt die Spezifikation noch das „alleinige Recht des Burgherrn, im Amt Hardt Hüttenwerke zu errichten“; jede achte Karre des im Amtsbereich geförderten Erzes stand ihm zu.

Unter den aufgeführten Lasten ist vornehmlich die Sterbefallgebür an St. Gereon zu erwähnen; für die freie Schäferei mußte jährlich ein Maihammel in die Kellnerei nach Köln geliefert werden. - Ein weiteres umfangreiches Dokument aus dem Jahre 1784 16) berichtet ausführlich von der Besitzergreifung der Burg durch den Freiherrn v. Belderbusch mit all den bei diesem feierlichen Akt üblichen Bräuchen: dem Löschen und Wiederanzünden des Herdfeuers, dem Verschließen und Wiederöffnen der Türen, dem Stillstehen und Wiederingangsetzen des Mühlenrades u.a.m.

Wie schon eingangs erwähnt, fiel mit dem umfangreichen Güterbesitz, über den die v. Belderbusch im Erft-Swistgebiet verfügten, auch Burg Arloff zu Beginn des 19. Jahrhunderts an die v. Böselager. Diese überließen Burghaus, Mühle und zugehörige Ländereien, die inzwischen auf 203 Morgen angewachsen waren, im Jahre 1848 den Freiherren v. Loe, von denen sie 1863 weiter an den damaligen Halfen der Burg, Thomas Brenig, gelangten 17). Aber noch einmal sollte der Rittersitz in adlige Hand hinüberwechseln, ehe er endgültig bürgerliches Eigentum wurde. Erst über die Freiherren v. Solemacher kam im Jahre 1892 Burg Arloff an die Familie, die sie auch heute noch innehat: die Familie Dahmen. Schon seit dem Ausgang des 17. Jahrhunderts war das Gut im eigentlichen Sinne kein adliger Sitz mehr, sondern diente nurmehr als Pachthof. Die letzten, die noch selbst in Arloff Wohnung nahmen, dürften die v. Friemersdorf gt. Pützfeld gewesen sein; darauf weist das barocke, an den ungastlichen Turm angelehnte Wohngebäude hin, das in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erbaut wurde. Die Herren v. Mockel überließen, wie wir aus den Pachtbriefen ersehen, bereits den „vorhoff sambt dem hauß“, also das gesamte burgliche Anwesen, der Pächterfamilie. Ihre Nachfolger, Karl und Matthäus Brewer, bedangen sich lediglich zwei Zimmer im Hause aus, um dort in den Sommermonaten ein paar Ferientage verbringen zu können; das gleiche taten die v. Belderbusch und v. Böselager.


Blick auf die 600 Jahre alte Kirche in Arloff
Zeichnung - Virnich

Die eigentlichen „Herren“ auf der Burg waren also in den letzten zweihundert Jahren die Burgpächter oder Burghalfen. Ihre Namen erfahren wir aus den noch erhaltenen Pachtbriefen 18), von denen der erste aus dem Jahre 1693 datiert. Damals betreute ein Wilhelm Müller die Burgländereien. Im Pachtkontrakt wird er als „Sohn des abgestandenen (=verstorbenen) Burghalbwinners“ bezeichnet, also muß auch schon sein Vater auf dem Hofe gewirtschaftet haben. Im Jahre 1710 schloß Wilhelm v. Mockel noch einmal einen auf 18 Jahre bemessenen Pachtvertrag mit diesem Wilhelm Müller ab, aber bereits nach zwei Jahren löste der Nachfolger des Kölner Bürgermeisters, der kurkölnische Amtsverwalter Karl Brewer, den Kontrakt und setzte an die Stelle Müllers den Halfen Johann Wilckens.

Dieser muß über ein halbes Jahrhundert auf der Burg gesessen haben, denn auch die Pachtbriefe von 1739, 1752 und 1764 - nennen seinen Namen.

Erst mit den v. Belderbusch zieht 1778 wieder ein neuer Pächter in Arloff ein, Winand Zavelsberg, dessen Pachtvertrag 1790 auf zwölf weitere Jahre verlängert wurde. Wie lange Winand Zavelsberg das Burggut bewirtschaftet hat, wann er durch die Halfenfamilie Brenig abgelöst worden ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Im Jahre 1848, als Arloff an die Freiherren v. Loe kam, war Thomas Brenig bereits Pächter des Gutes.


Die Burgmühle

Als im Jahre 1892 der Müllergeselle Heinrich Dahmen im Alter von 28 Jahren die Burg von den Freiherren v. Solemacher erwarb, saßen seine Vorfahren schon nahezu zweihundert Jahre als Burgmüller auf der Arloffer Mühle. Sie mahlten dort bereits das Getreide der Arloffer, Kirspenicher und Kalkarer, als Karl Brewer Burgherr im Dorfe wurde, und sahen nach diesem und dem Kanoniker Matthäus Brewer die Herrschaften der v. Mockel, v. Belderbusch und v. Böselager kommen und gehen. Die im Burgarchiv von Heimerzheim liegenden Pachtbriefe für das Arloffer Mühlengut reichen aber, wie wir unten sehen werden, noch über 1718 hinaus, jenes Jahr, in dem erstmals ein Angehöriger der Familie Dahmen dasselbst als Pächter genannt ist.

Die Einladungen des Arloffer Burgherren zum jülichschen Landtag - wir erwähnten bereits das Kuriosum, das sowohl vom Erzstift Köln als aus vom Herzogtum Jülich die Landtagszitationen ergingen, die Inhaber des Rittersitzes also praktisch hier wie dort Sitz und Stimme hatten - erscheinen in neuem Lichte, wenn wir erfahren, daß die Burgmühle in Arloff ausschließlich Eigentum des Jülicher Landesherrn war. Tatsächlich erwähnt auch das kurkölnische Weistum des Dorfes die Zwangsmühle mit keinem Wort, während das jülichsche sie ausdrücklich als herzoglichen Besitz proklamiert und in seiner „Ersten Acht“ ausführlich von ihr und dem Müller und seinen Rechten und Pflichten handelt 19). Verpachtet aber wurde die Mühle mit dem zugehörigen Areal, zuerst 11, später (1928) 14,5 Morgen, nicht vom Landes- sondern vom Burgherrn. Der erste noch erhaltene Pachtvertrag stammt aus dem Jahre 1651 und ist zwischen dem Burgherrn Werner Dietrich v. Friemersdorf und dem Burgmüller Peter Müller ausgefertigt.

Mit einem anderen Burgmüller namens Mattheis Esser schloß Philipp Wilhelm v. Mockel im Jahr 1700 einen auf 18 Jahre laufenden Kontrakt. Schon der folgende, im Jahre 1718 von dem Burgherrn Karl Brewer unterzeichnete Pachtbrief über die Burgmühle in Arloff aber nennt - als ersten aus der Ahnenreihe Heinrich Dahmens, des oben angeführten Müllergesellen und späteren Ankäufers der Arloffer Burg - einen Frantz Heinrich Dahmen, dessen Pachtvertrag 1729 noch einmal erneuert wurde. Frantz Heinrich folgte der Sohn Anton, der auch unter den v. Belderbusch noch Burgmüller in Arloff war. Von ihm wissen wir 20), daß er nicht nur das Müllerhandwerk betrieb, sondern daneben eifrig dem Waidwerk oblag.

Die Herren v. Belderbusch hatten Anton Dahmen mit der Ausübung der Jagd im Arloffer Revier beauftragt. Mit Ausnahme von Füchsen, Wölfen und Kaninchen, die dem Burgmüller verblieben, mußte er alles erlegte Wild nach Bonn in den Belderbuscher Hof liefern, wo die adlige Familie residierte; das Schußgeld wurde ihm von dort ersetzt. Über die Anzahl der geschossenen und auftragsgemäß abgeführten Rehe, Schnepfen, Feld- und Waldhühner geben ausführliche Verzeichnisse aus den Jahren 1783 bis 1799 Aufschluß; sie alle sind von dem Ortspfarrer unterzeichnet, da Anton Dahmens „schreibens ohnerfahren“ war.

Als Burg Arloff in der Mitte des 19. Jahrhunderts von den v. Böselager an die v. Loe überging, wurde die Burgmühle, die bisher immer zusammen mit dem Burggut den Besitzer gewechselt hatte, abgetrennt. Sie ging durch Kauf in das Eigentum der Dahmens über, die sie durch mehrere Generationen hindurch in Pacht betrieben hatten und sich - wie erwähnt - über Heinrich Dahmen, einen Sohn Antons, wenige Jahrzehnte später auch zum Besitzer der Arloffer Burg selbst aufschwingen konnten. Das Mühlengut aber, das - eine seltene Ausnahme unter den zahlreichen Burgmühlen der Heimat - heute noch in Betrieb ist, gelangte über einen Schwiegersohn Anton Dahmens an die Familie Eversheim. Sein jetziger Eigentümer ist Paul Eversheim.

Anmerkungen

  1. Soweit keine besonderen Quellen angeführt sind, entstammen alle folgenden Angaben dem Heimerzheimer Burgarchiv (Urk. u. Akt. Burg Arloff

  2. Das kurkölnische Weistum von Arloff findet der Leser in Reinartz „Weistümer unserer Heimat“, Volksblatt-Verlag Euskirchen 1940, S. 28 ff; das jülichsche Weistum von Arloff ist im „Euskirchener Volksblatt“, Ausg. v. 23.8.1952 ff. abgedr.

  3. Lacomblet: Urk.-buch II, n. 335 u. 718, Urk.-Buch III, n 413 u. 869; s.a. Lacomblet, Archiv IV, S. 382

  4. Vgl. dazu unten den Abschnitt über „Die Burgmühle“.

  5. Im Burgarchiv Heimerzheim, Akt. Arloff.

  6. Historisches Archiv der Stadt Köln, St. Gereon, Akt. 27.

  7. Ebenda

  8. Lacomblet: Urk.-Buch III, n. 9.

  9. Kisky, H.: Burgen, Schlösser und Hofesfesten im Kreise Euskirchen, Veröffentlichungen der Geschichts- und Heimatfreunde des Kreises Euskirchen, Heft 6, 1960, S. 80 u. 100.

  10. Vgl. dazu Heinrichs, F.: Die Amtmänner von Münstereifel, Euskirchen und Tomberg, in „Unsere Heimat“, Beilage z. Eusk. Volksblatt 1938/39, S. 131; auch im Kurköln. Weistum von Arloff (s.o. Anm. 2) ist von „Junker Claes Mirbachs Hof“ in Arloff die Rede.

  11. Burgarchiv Heimerzheim, Akt. Burg Arloff.

  12. Ebenda

  13. Über die kurkölnischen Amtmänner aus der Familie Brewer vgl. die oben unter Anm. 2 genannte Schrift von Reinartz „Weistümer unserer Heimat“, S. 27.

  14. Burgarchiv Heimerzheim, Akt. Burg Arloff.

  15. Ebenda.

  16. Ebenda.

  17. Katasterarchiv der Regierung in Köln, Mutterrolle Arloff.

  18. Burgarchiv Heimerzheim, Akt. Burg Arloff.

  19. Vgl. dazu Anm. 2

  20. Burgarchiv Heimerzheim, Akt. Burg Arloff.

Entnommen: Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1965

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