Die Heraushebung der Eifel und die Entstehung ihrer Täler

E.K. in Heimatblätter, Beilage zur Dürener Zeitung, Nr. 3 vom 6. Februar 1936, Seite 48

Es ist bekannt, daß die Eifel nicht immer die Höhenlage einnahm, die sie heute hat. Es gab mehr wie einmal Zeiten, in denen sie vom Meer überflutet war, und solche, in denen sie niedrig war und unmittelbar vom Meer begrenzt wurde. Erst seit der ersten Hälfte der Braunkohlenzeit war das Meer für immer nach Norden zurückgewichen. Es stand schließlich an den heutigen Nordseeküsten. Damit war aber noch keine Ruhe eingetreten. Auf der Erdoberfläche geschieht jede Bewegung von Land und Meer in großen Zeitabschnitten. Wie bei der Bewegung eines Pendels ist es ein Hin- und Hergang. Der Hingang war noch nicht beendet und die damalige Nordseeküste wich noch immer weiter nach Norden zurück bis zur Doggerbank gegenüber Nordengland. Von nun an drang das Meer wieder gegen Süden vor und macht gegenwärtig halt an den friesischen Inseln. Man glaubt aber annehmen zu müssen, daß dieses Halten nur trügerisch ist und daß nach einigen tausend Jahren der Vormarsch wieder beginnen könnte, bis in ferner Zeit die Linie Brüssel - Venlo erreicht ist, wie es im Laufe der jüngeren Erdgeschichte schon einige Mal der Fall gewesen ist.

Mit dem Vordringen und Zurückschwanken der Meeresküsten ist aber eine andere Bewegung der Erdrinde gleichlaufend. Es ist die Hebung und Senkung des Binnenlandes. Was das Rheinland angeht, so wissen wir, daß zu Zeiten, als die Küstengegenden sich senkten, die Mittelgebirgslandschaften höher gehoben wurden. Die Kiesbetten der alten Rhein- und Moselläufe im rheinischen Gebirge hatten noch in der ausgehenden Braunkohlenzeit (Pliozän) 80 bis 90 Prozent weißes Sand- und Schottermaterial. Verschwunden war die braune und rötliche Farbe und von Geröllen blieb nur der fast unverwitterbare weiße Quarz übrig. Das ist nur möglich bei Flüssen mit trägem Gefälle, wobei alle Farben ausgewittert werden können. Somit wissen wir, daß die Gebirge, die sie durchflossen, viel niedriger waren als heute.

Umgekehrt bringt in der Folgezeit der eiszeitliche und auch der heutige Rhein weitaus überwiegend buntfarbiges Schottermaterial aus den Mittelgebirgen und sogar weit aus Süddeutschland in unsere Gegend. Der Lauf hat somit starkes Gefälle und die Gebirge sind daher höher. Diese Tatsache kann noch durch eine andere nicht minder beweiskräftige gestürzt werden. In den hohen Talrändern des Binger Loches liegen die weißen Kiesreste jenes Rheines der ausgehenden Braunkohlenzeit viel höher als alle braunkiesigen Spuren der nachfolgenden Rheinläufe des Diluviums. Bei Bonn und weiter unterhalb liegen sie aber tiefer als die jüngeren braunen Flußkiese. Es hat also eine Wippung stattgefunden. Im Süden gingen Taunus und Hunsrück langsam hoch, im Norden senkte sich ebenso langsam die Gegend von Köln, vom Niederrhein und von Holland. Die Nordseeküste rückte von Norden nach Süden vor bis zur heutigen Küstenlage.

Das alles sei vorausgeschickt, um zu der Beschreibung der Vorgänge in unserer weiteren Dürener Umgebung zu kommen. Auch bei uns hat sich die Nordeifel seit Beginn des Diluviums gehoben, wie im Moselgebiet, am Mittelrhein und im Ardennengebiet sich die Hochebenen und Gebirge herausgehoben haben. Nur war der Betrag nicht ganz so hoch wie im Süden. Ueber die Gründe dieser Hebungen weiß man manches, wenn auch nicht alles endgültig, doch würde eine Darlegung hier zu weit führen. Wenn sich aber das Gebirge hob, so konnten die Flüsse, da ihre Quellen höher lagen und da überdies noch der Weg zum Meere verkürzt war, im Bergland reißender werden und selbst noch die im Norden vorgelagerten Ebenen, Kölner und Niederrheinische Bucht in schnellerem Gang durcheilen. Zur Zeit des ältesten Rheines, der in der Kölner Buch nur weißen Sand und kleine weiße Quarzgerölle treiben konnte, gab es in der Eifel noch keine richtigen Täler. Die Bäche und Sammeladern waren, wie überall festgestellt werden kann, eher breite Wannen oder flache Mulden zu nennen, da das Gefälle zu schwach war.

Seit dem Diluvium sind aber in der Eifel steile und tiefe Täler ausgehoben. Die ursprüngliche wellige Ebene wurde zur Hochebene emporgehoben und diese Hochebene ist wieder bis zur Gegenwart größtenteils durch Bildung großer Täler und kleinster Tälchen in ein vielgestaltiges Bergland zerschnitten worden. Wir wollen uns hier auf einige Einzelheiten aus der Geschichte der Rur beschränken. Im letzten Aufsatz über die Frühzeit der Rur (siehe Heimatblätter vom 9. Jan. 1936) wurde gesagt, daß sich die Rur unterhalb ihres heutigen Tals bewegte. Es gab wirklich eine Zeit, in der die Ebene auf dem breiten Rücken zwischen Heimbach und Vlatten und zwischen Nideggen und Wollersheim sich sehr sanft zur Dürener Ebene absenkte. Heute dagegen ist westlich von Kreuzau bis Merode ein steiler Anstieg. Auf der Ostseite der Rur ist er scheinbar nicht so steil, weil flache Rücken lappenförmig nach der Ebene vorstoßen. Die Eifelplatte um Nideggen und Vlatten ist aber darum nicht minder hoch als bei Großhau.

Die Zustände sind also gegen früher gründlich geändert. Ebene und Eifel sind seitdem mehr denn je voneinander geschieden. Wir wollen einmal folgende Rechnung aufmachen. Der Streifen Bergstein - Hasenfeld mit seinen Richtpunkten Burgberg und Meuchelberg hat sich stärker gehoben als etwa der etwas östlicher liegende Rücken von Vlatten nach Berg vor Nideggen. Der heutige Rurspiegel bei Nideggen liegt 175, der bei Düren 125 Meter über dem Meere. Das gibt 50 Meter Gefälle bis Düren. Die älteste Rurterrasse mit nachweisbaren Rurablagerungen am Burgberg liegt auf 350 Meter über dem Meere. Geben wir ihr auch 50 Meter Gefälle (sie hatte bei der damals niedrigen Lage der Eifel sicher weniger), so wäre sie in Düren in 300 Meter Meereshöhe angelangt, also 175 Meter über dem Marktplatz, was mehr als die doppelte Höhe des Annaturms ausmacht. Wir versuchen es noch einmal. Der heutige Rurspiegel bei Heimbach liegt 206 Meter über dem Meer, die höchste Rurterrasse hinter der Maulei östlich Heimbach (die höchstgelegenen Felder) auf 380 bis 390 Meter. Ziehen wir das Gefälle bis Düren, 81 Meter, ab, so würde sie in 174 Meter Höhe über Düren ankommen. Das Eifelgebiet hat sich auf dieser Strecke mehr als 175 Meter gehoben, da die Rur bei ihrem Einschneiden mit der Hebung nicht Schritt halten konnte.

Es sei aber noch kurz gesagt, daß die älteste Rur auf einer flachen Ebene zwischen der Linie Heimbach - Burgberg - Horm - Hof Hardt - Merode und der Linie Mauslei - Walbig - Wollersheim - Vettweiß sich bewegen konnte, bevor die Eifelhebung sie zwang, in der von ihr zufällig innegehabten Lage ihr Tal zu graben. Die Art, wie das festgestellt wird, ist mit wenigen Worten nicht anschaulich zu machen, da sie sehr verwickelt ist und es oft sehr lange dauert bis das Falsche vom Richtigen getrennt ist. Die Lücken sind aber heute geschlossen.

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