Neue Dokumentation zur Eisenbahngeschichte
Keine Spuren mehr von der Kreisbahn


Sonntags-POST - Werbepost vom 8.4.2001


Kerpen. (td) Im Stadtarchiv Kerpen wurde eine nicht ganz alltägliche Neuerscheinung vorgestellt. „Bergheimer Kreisbahnen 1896-1912 - Schienenwege zur Industrialisierung des Erftkreises“ lautet der Titel einer über 200 Seiten starken Dokumentation über die Entstehung und den Niedergang der Bergheimer Kreisbahnen. Das Autorenteam, bestehend aus dem Frechener Journalist Volker Schüler, dem Leiter des Rheinbraun-Archivs Manfred Coenen und dem Eisenbahn-Experten Karl Pokschewinski, brachte nicht weniger als ein Jahr mit Sichtung und Zusammenstellung aller wichtigen Quellen zu.

Von den Bahnanlagen, die für die Industrialisierung im Kreis, vor allem die Braunkohlen- und Zuckerindustrie, einst wichtige Rolle spielten, ist mittlerweile nichts mehr zu sehen.

Im 19. Jahrhundert waren die kleinen, meist privaten Kommunalbahnen unabdingbar zum Gütertransport. Nachdem die Euskirchener Kreisbahn in Betrieb war und die Frechener Bahn den Anschluss an Köln sicherstellte, forderte man auch im Kreis Bergheim eine Kreisbahn. Vor allem die Landwirtschaft sah die Notwendigkeit einer Verbindung zwischen den Zuckerfabriken und einen Anschluss an die über Horrem verkehrende Staatsbahn Köln-Aachen.

Landrat Herwarth von Bittenfeld konnte sich mit seinen Gedanken zur Kleinbahn aber nicht bei der Bevölkerung und Großgrundbesitzern durchsetzen. Enttäuscht zog sich der Landrat von der politischen Bühne zurück. Am 28. Juli 1892 wurde ein „Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlussbahnen“ veröffentlicht, das dem Kreis Bergheim ermöglichte, eine kostengünstige schmalspurige Kleinbahn zu bauen, die den örtlichen Belangen entsprach und aus eigener Kraft zu finanzieren war.

Landrat Graf Beissel lud am 1. Oktober 1893 prominente Bürger ein, um in einer Diskussion zu klären, welche Linienführung für die Erschließung des Kreises am besten sei. Die Meinungsverschiedenheiten konnten allerdings nicht ausgeräumt werden. Eine Strecke von Brauweiler nach Ehrenfeld war im Gespräch, wurde aber nie gebaut. Auch die kostengünstigen Schmalspurschienen sorgten für Auseinandersetzungen.

„Wäre es nicht sinnvoller Normalspurschienen zu verlegen, um zeitaufwendigen Umladevorgängen am Horremer Bahnhof aus dem Weg zu gehen? fragten sich viele. Jahre vergingen, bis 1896 die ersten Streckenabschnitte in Betrieb gingen. Die Hauptstrecke verlief von Frechen-Benzelrath über Horrem und Bergheim nach Elsdorf und Bedburg. Es gab zudem zahlreiche Nebenstrecken, die von Bedburg nach Niederembt, von Bergheim nach Rheidt, von Mödrath nach Liblar und Brühl oder von Kerpen nach Blatzheim und Oberbolheim führten.

Über 67,1 Kilometer erstreckten sich die Gleisanlagen, auf denen sieben Dampflokomotiven, zehn Personen- und 100 Güterwagen verkehrten. Die Verstaatlichung der Bahn im Jahre 1913 kostete die Kreisbahn ihren Namen, der Betrieb lief weiter bis in die siebziger Jahre.

Die auf 350 Exemplare beschränkte Dokumentation kostet 32,50 Mark und ist zu beziehen über Volker Schüler, Telefon/Fax: 02234 / 274397

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