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Nur wer die Heimat kennt, wird sie lieben
Zum 25. Todestag von Professor Karl Hürten am 27.10.1950

Ostern 1879. Am Gymnasium zu Münstereifel zittern 12 mehr oder weniger befähigte Primaner vor dem Abitur. 12 junge Männer erleben die Examensängste genau so wie Hunderttausende vor ihnen und nach ihnen. Doch die Lehrer der Oberprima, allen voran der damals amtierende Direktor Dr. Ungermann, kenne ihren Jahrgang und wissen, was sie von jedem einzelnen zu halten haben. Vor allem aber wissen sie von einem, der das Abitur besonders in den mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern mit Eleganz besteht, daß in ihm etwas besonderes steckt, daß von ihm etwas zu erwarten ist im künftigen Leben. Dieser junge Mann, geboren am 18. März 1856 in Brühl, heißt: Karl Hürten.

Münstereifel, 1. Mai 1889. Bei Direktor Dr. Josef Pohl am Gymnasium meldet sich Oberlehrer Karl Hürten zum Dienstantritt. Die ersten Sporen im Lehrerberuf verdiente er sich bereits an den Gymnasien in Wipperfürth, Brühl und Jülich. Nun soll er auf dem Katheder, von dem er 10 Jahre vorher noch als Lernender saß, selbst lehren, die Jugend erziehen, ihnen Mathematik und Naturwissenschaften beibringen, die er sich als Studienfächer nach seinem Abitur erwählte. Als er einige Zeit in Münstereifel tätig war, mit Land und Leuten vertraut wurde, und die Schönheiten des Städtchens sich ihm zu entschleiern begannen, da wußte er, daß er hier seßhaft werden würde, daß er hier seinen Lebensabend verbringen, und dereinst die letzte Ruhestätte unter den im Wind rauschenden Bäumen des Friedhofs finden würde.

Um die Jahrhundertwende. Das Eifelland war zu seiner Wahlheimat geworden, mit dessen inneren und äußeren Geschicken er sich verband. Der „Verschönerungsverein“ wird von ihm ins Leben gerufen, der unter seiner Initiative einen Einfluß auf die Gestaltung Münstereifels nimmt, der heute in seinem wahren Werte gar nicht mehr richtig geschätzt werden kann. Ein Jahr später suchen seine Intentionen ein größeres Feld. In der Ortsgruppe des Eifelvereins, die bis dahin nur vegetiert hatte, findet er die Möglichkeit zur Betätigung auf breiterer Basis. Verbindungen zu anderen und größeren Ortsgruppen werden aufgenommen. Der Gesamt-Eifelverein sichert sich seine wertvolle Kraft zunächst im Wegeausschuß, dann im Hauptvorstand. Nicht leere Geste ist es, wenn er 1923 die Ehrenmitgliedschaft zugedacht erhält, nicht bloße Worte sind es, die der Vorsitzende, Kaufmann, trauernd nach seinem Tode nachruft: „Seine gediegenen und anerkannten Forschungen der Eifelnatur und Kultur, seine nie versagende Bereitwilligkeit zur Mitarbeit im Eifelverein, nicht zuletzt aber die liebenswerte, bescheidene aber wertvolle Persönlichkeit rechtfertigen die Wahl des Verstorbenen in den Vorstand des Hauptvereins, dem er bis zur letzten Stunde treue Dienste geleistet hat.“.

In einer Klasse des Gymnasiums. Jeder Lehrer, und sei es der beste, hat seine Schrullen. Warum Hürten nicht auch? Sein Steckenpferd: Der Kampf gegen das Fremdwort. - Ein neuer Schüler von auswärts ist seiner Klasse zugeteilt. Vor der Stunde redet man von allen Seiten auf ihn ein, nur ja recht viele Fremdworte zu gebrauchen. Der Unterricht beginnt. Prof. Hürten schaut erwartungsvoll auf den „Neuen“: „Sagen Sie mir den Pythagoras.“ Der Schüler erhebt sich und schnattert herunter: „a plus b in Klammern zum Quadrat ist gleich a quadrat plus 2 ab plus b quadrat“. Prof. Hürten sträubt sich der wallende Bart!“ „Also wieder einer von den Plus- und Minusmännern! Das heißt: a und b, geklammert hoch zwei ist gleich a hoch zwei, zuzüglich zwei mal a mal b zuzüglich b hoch zwei! Und es heißt auch nicht Trapez, sondern Stuhlbeingeviert!“ In dieser Tonart gings weiter. Als Mitglied des Sprachreinigerverbandes kann er, der sonst sanft- und demütig von Herzen ist, in Berserkerwut geraten und merkt dann natürlich nicht, wenns eine Bande von Halbwüchsigen darauf anlegt, ihn in Rage zu bringen ...

30. Oktober 1925. Ein langer Trauerzug, Schüler in ihren bunten Mützen, Lehrer, Honorationen der Stadt, der Eifelverein, der Verschönerungsverein, alle seine Freunde und Verehrer geben dem nach schwerem Krankenlager zur Ruhe gegangenen das letzte Geleit. Prof. Hürten, der universal gebildete Lehrer, Heimatforscher, Bibliophile, Zoologe, Biologe, Chemiker, Mathematiker, der Bienenvater und Eifelwanderer und ein Mensch von unerschöpflicher Herzensgüte schied auf immer von seinem geliebten Münstereifel.

1926. Aus dem Vorwort zu Hürtens „Geschichte der Stadt Münstereifel“. Er trug zur Feststellung des Verlaufs der römischen Wasserleitung von Marmagen bis Köln bei, er war bei Auffindung des Matronenheiligtums bei Pesch beteiligt, er entdeckte den keltischen Ringwall bei Weingarten. Sein Hauptinteresse war seiner zweiten Vaterstadt Münstereifel gewidmet; ihre Geschichte sucht er bis in die kleinsten Einzelheiten aufzuklären. Sorglich sammelte er alles hierhin Gehörige nicht nur in dem durch ihn entstandenen Ortsmuseum, sondern auch in seinen Aufzeichnungen. Nachdem er 1921 aus dem Staatsdienst ausgeschieden war, faßte er diese Ergebnisse jahrzehntelanger Arbeit zu dem vorliegenden Werke zusammen. Es hat ihn bis zu seinem Tode beschäftigt.


Aus: Euskirchener Volksblatt vom 28.10.1950





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