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Das Herrengeding zu Hospelt in der Mudscheid

„In der Mudscheid“, wie der um das Pfarrdorf Mudscheid gelegene Kranz von kleinen Ortschaften und Höfen genannt wird, liegt das Hofgut Hospelt mit seiner den Heiligen Antonius und Joseph geweihten Kapelle. Wir befinden uns hier auf einem Boden, der seine besondere Geschichte hat.


Gut Hospelt - Foto vom 12. November 2009

Mudscheid war bis zum Ende de 18. Jahrh. ein Dingbezirk des Kurfürsten von Köln, der im Jahre 1785 folgende Dörfer und Höfe umfaßte: 1. Odesheim, 2. Steinberg, 3. Bergheim, 4. Ellenhausen (Ellessen), 5. Ohlerath, 6. Hilterscheid, 7. Sassert (Sasserath), 8. Ritterscheid, 9. Hohnerath, 10. Esch, 11. Willerscheid, 12. Reckerscheid, 13. Soller, 14. Hummerzheim, 15. Hospelt, 16. Obliers.

Hospelt hatte sein eigenes Herrengedingverfahren. Dort wohnte auf dem Hofgut die Familie von Wentz als Herrin des Ortes. Schon 866 wurde in einer Urkunde der Abtei Prüm ein Hofgut Hoonspalt genannt, das wahrscheinlich mit Hospelt identisch ist. Im Prümer Güterverzeichnis von 1222 kam Hospelt als Lehen der Grafen von Hochstaden vor, durch die es dem Erzstift Köln untertan wurde.

An die Familie von Wentz erinnern heute in der Hospelter Kapelle, die im Jahre 1717 ein bedeutsames Ablaßbreve erhalten hatte, also in hohem Ansehen stand, zwei mit vielen Wappen gezierte Grabsteine zu beiden Seiten des Altars. Auf dem Steine rechts vom Altare ist in lateinischer Sprache zu lesen:

„Hier ruht der Verstorbene im Grabe. Im Jahre 1718 dem 15. Januar starb Johann Friedrich von Wentz von Niederlahnstein, Herr zu Hospelt, Erbschultheiß von Mudscheid, in einem Alter von 78 Jahren, Erbauer und Stifter dieser Kapelle. Wer an seinen Gebeinen vorbeigeht, bete für die Seele des Verstorbenen“.

Die Inschrift auf dem anderen Stein lautet:

„Indem ich für mich den neuen Stein lege, erbaue ich mir eine Grabstätte. Hier ruhen v. Sybergs Gebeine. Anno 1737 den 24. April starb die hochgeborene Freifrau Maria Elisabeth von Wentz, geborene von Syberg vom Hause Hees, Frau zu Hospelt, Miterbauerin dieser Kapelle. Lebe wohl, du edles Geschlecht, lebe lange glücklich, und sei in deinen Gebeten meiner gedenk“.


Kapelle zu Hospelt - Foto vom 12. November 2009

Am 14. August 1737 hat der Sohn dieser Eheleute, Wilhelm Jakob Philipp von Wentz, mit dem Pfarrer Johann Willerscheid in Mudscheid stiftungsmäßig festgelegt, daß jeden Dienstag zur Verehrung des hl. Antonius von Padua in der Kapelle zu Hospelt eine hl. Messe gehalten werde und am Tage des hl. Antonius, sowie am Festtage des hl. Joseph ein Hochamt. Derselbe Herr von Wentz hat dann vierzehn Tage später seinen Schultheiß Johann Schreyner mit der Geschäftsführung zu Hospelt beauftragt. Er selbst wohnte zu Niederlahnstein.

Dieser Schultheiß hielt dann auch das Herrengeding zu Hospelt ab, für das, wie uns Katzfey berichtet, eine genaue Verfahrensvorschrift in einer Urkunde vom 24. März 1622 festgelegt war. Demnach spielte sich ein solches Herrengeding folgender Maßen ab:

Vorerst soll der Schultheiß der Herren von Hospelt den Kurfürstlichen Vogt und sämtliche Schöffen um die festgesetzte Zeit zur Gerichtsbank einfordern, und wenn dieselben niedergessen sind, befragen wie folgt:

1. Ich frage euch, ehrbare Schöffen, ob es heutzutag Zeit und Platz sei, Ihren Kurfürstlichen Gnaden zu Köln als unserm höchst gnädigsten Landesfürsten und Herrn, Hochgericht zu halten?

2. Darauf antwortet der älteste Schöffe frei: „Wenn es den Herren Beamten also gefällig!“

3. So frage ich euch dann ferner, wie ich mich bei diesem hohen Gerichtstag zu verhalten haben sollte.

4. Die Schöffen werde durch den Aeltesten antworten: „Er soll das Gericht in rechter Bahn und Frieden tun“.

5. So tue ich denn im Namen Ihrer kurfürstlichen Gnaden zu Köln, dieses ehrsame Gericht in rechter Bahn und Frieden, gebiete Zucht und Ehrbarkeit, daß keiner dem andern in seine Rede falle, auch ohne Erlaubnis weder ein- noch ausgehe.

6. Ich frage demnach sämtliche Schöffen, um die von alters gewöhnliche erste Acht, nämlich nach Maß und Gewicht in naß und trocken, wie es sich damit verhält? (Also Maß- und Gewichtsrevision. Die Wirte mußten mit ihren Kannen, die Müller mit ihren „Schutteln“ und ihrem „Viertel“ erscheinen.)

7. Ferner um die zweite Acht, ob die Grenzen im Bezirk des Dingstuhls Mudscheid eingehalten worden sind?

8. Ich frag euch ferner, ob jemand gehört oder gesehen Schelt- oder Schmähwörter, Messerkreuzen, Türenstoßen, Blutrüstungen, Waffengeschrei, Raub, Mord, Brand, Fund oder Plund, der soll solches allhier anbringen.

9. Ob einer vom andern überzäumt, überplanket, übersäet, oder an Rainen und Steinen Eintrag geschehen?

10. Ob jemand gehört oder gesehen, daß dem Haus Wensberg (1622 Herren von Hospelt und einem Teile der Mudscheid) an Pacht und Zins oder Kurmut (eine besondere Abgabe) gefährliche Eintrag geschehen?

11. Ob es sonst keine Gebote oder Verbote gebe, denen man nicht gehorsamet?

12. Ob Urkunden beseitigt, geworfen und nicht aufgehoben worden seien, oder darum Zeugnis gegeben werde?

13. Ob jemand gesehen oder gehört, daß Ihrer kurfürstlichen Gnaden oder zeitlichen Pfandherren an Jagd oder Fischereien Eintrag geschehen?

14. Ob auch an den Grenzen und den Geboten dieses Dingstuhls irgend welche Mängel seien?

15. Ob die gewöhnlichen Wege gebührend unterhalten oder ungewöhnliche Wege gebraucht werden, im letzten Falle sollen Vorschläge zur Besserung gemacht werden.

16. ob auch zur Schwächung des gemeinen Weideganges und der gnädigen Herrschaft Zehnten, aus wildem oder zahmem Land ein Pesch (Garten) oder Wiesen gemach worden seien, soll bei Verlust des Erbes allhier angegeben werden.

Die meisten dieser Fragen erscheinen uns heute unverständlich. Sie beweisen jedenfalls, wie sorgfältig die Interessen der Herrschaft geschützt wurden. Wer z. B. sein Land verbesserte, schmälerte dadurch den allgemeinen Weidegang und verringerte den Zehnten, was mit dem Verlust des Eigentums geahndet werden konnte.

Dieses besondere Gedingverfahren bezog sich, wie bereits gesagt, nur auf das Gebiet von Hospelt. Die übrigen Teile der Mudscheid mit den vielen kleinen Siedlungen hatten ihren eigenen Dingstuhl, von dem zu einer weit reichhaltigeren und teilweise noch originelleren Gedingordnung Gericht gehalten wurde. Diese Ordnung besagte ausdrücklich, daß die ganze Gemeinde um den Dingstuhl zu versammeln, zu fragen und zu erklären und dann erst zu erkenne sei. Wenn auf die verschiedenen Fragen keine Antwort oder keine Anklage erfolgte, wickelte sich das Verfahren ziemlich rasch ab. Andernfalls gab es lange Erörterungen und Untersuchungen. Und wurde einmal ein Schuldiger gefunden, „ein Mißtätiger im Kirchspiel aufgegriffen“, dann mußte derselbe geliefert werden „nach Hospelt auf den Hof, wo man finde Kerker und Stock“. Dortselbst solle der Gefangene verwahrt sein, „bis die Gemeinde ihn abhole und an das Haus von der Hardt (die Hardtburg, wo der kurkölnische Amtmann wohnte) abliefern, der möge ihn allda spannen (das heißt foltern), hängen oder losgeben, oder damit tun, was Recht ist.“

Die Herrengedinge zu Hospelt und zu Mudscheid haben ihr Ende gefunden, als der Einbruch der Franzosen in die Eifel vor 140 Jahren (Ende 1794) mit all dem ungesunden Formalismus mittelalterlicher Ueberlieferungen aufräumte. Der Bezirk des Dingstuhls Mudscheid kam zum Kanton Rheinbach, heute gehört er zum Kreise Euskirchen.


Aus: Euskirchener Volksblatt vom 7. Dezember 1934, Verfasser unbekannt.





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