Geschichtsseiten für Bad Münstereifel und Umgebung
Wirtschafts-, Verkehrs-, Heimat- und Kulturgeschehen









Münstereifel heilt Kriegswunden
Bauarbeiten an mittelalterlichen Stadttoren

Münstereifel. Moderne Baugerüste an den mittelalterlichen Stadttoren des tausendjährigen Münstereifel geben beredtes Zeugnis davon, daß der Kneippkurstadt die Erhaltung ihrer berühmten baulichen Kleinodien sehr am Herzen liegt. Von den vier prächtigen Stadttoren, heute noch wie vor Hunderten von Jahren die einzigen Zugänge zu der ummauerten Stadt, werden zunächst das Werther Tor und das Orchheimer Tor wieder instandgesetzt. Beide Türme, durch die der gesamte Durchgangsverkehr des Stadt flutet, sind im Lauf des Krieges durch Bombentreffer und Luftdruck stark beschädigt worden. Bisher konnten nur notdürftige Reparaturen ausgeführt werden, um die Türme vor Einstürzen durch Witterungsschäden zu bewahren, da zunächst vordringlichere Arbeiten an Wohn- und Geschäftshäusern ausgeführt werden mußten. Nun aber ist es soweit, daß an endgültige Reparaturen gedacht werden kann.


Das Werthertor, dessen Dach im Kriege zerstört wurde, wird jetzt repariert.

Bei diesen Arbeiten handelt es sich allerdings keineswegs nur um Schönheitsreparaturen, um nutzlose Ausgaben also; es gilt vielmehr, über die Erhaltung der Wahrzeichen der Stadt hinaus, die Räume innerhalb der Tortürme neuen Zwecken dienstbar zu machen. So ist zum Beispiel an die

Schaffung einer neuen Jugendherberge

gedacht, denn Münstereifel, das im Krieg durch Bombenschäden erheblich an Wohnraum verloren hat und außerdem über 900 Flüchtlinge aufnehmen mußte, hat noch immer keine Möglichkeit, der wandernden Jugend in seinen Mauern Obdach zu gewähren. Die frühere Jugendherberge im Johannisturm, eine der schönsten Jugendherbergen weit und breit, ist jetzt seit einiger Zeit von Flüchtlingen bewohnt, so daß sie nicht mehr ihrem früheren Zweck nutzbar gemacht werden kann. 60 Jugendliche konnten früher allnächtlich hier beherbergt werden. In welche der drei anderen Türme die Jugendherberge untergebracht werden soll, steht noch nicht fest. Dagegen wird es als sicher betrachtet, daß vom nächsten Jahre ab Münstereifel wieder eine Jugendherberge haben wird.

Das schöne Heisterbacher Tor, in dem früher das wertvolle Heimatmuseum Münstereifels untergebracht war, soll, sobald es die Finanzen der Stadt gestatten, kulturellen Zwecken dienstbar gemacht werden. Es ist daran gedacht, hier

für die Kurgäste einen Lesesaal

einzurichten, der mit den führenden Tageszeitungen der weiteren Umgebung und einer wertvollen, wenn auch kleinen, Heimatbücherei ausgestattet werden soll. Münstereifeler Teppichweber, Innendekorateure und Hersteller feiner Wohnraummöbel hätten hier Gelegenheit, die Räume behaglich und geschmackvoll auszugestalten und dadurch nicht nur den Besuchern einen gemütlichen Aufenthaltsraum zu bieten, sondern gleichzeitig durch die Güte und Schönheit der Ausstattung für die hohe Qualität der Eifelerzeugnisse zu werben. Vielleicht könnte man dann sogar diese Räume als dauernde Ausstellung benutzen, in der das heimatgebundene Handwerk und Kunsthandwerk laufend seine besten Erzeugnisse zur Schau stellt.

Damit ist aber die Stadtverwaltung noch nicht zufrieden. Die Stadtmauer, die zu den bedeutendsten und besterhaltenen mittelalterlichen Befestigungswerken rheinischer Städte gehört, soll von allen häßlichen und störenden Anbauten, die in einer baulich verwahrlosten Zeit errichtet wurden, befreit werden. Gedacht ist hierbei besonders an den hohen Fabrikschornstein und den direkten Anbau in den Torkörper am Orchheimer Tor. Wahrscheinlich werden die Verhandlungen mit den zuständigen Stellen, die der Bereinigung des Stadtbildes vorangehen müssen, erhebliche innere Spannungen zutage fördern. Es ist allerdings anzunehmen, daß der Gemeinschaftssinn der Münstereifeler Bürger, der sich in der Vergangenheit mehrfach bewährt hat, auch in dieser Frage triumphieren wird. Weiterhin soll die Bresche in der Stadtmauer am Wallgraben, die von einer Bombe aufgerissen wurde, in Bälde wieder geschossen werden. Der schönste und am beifälligsten augenommene Plan der Stadtverwaltung ist jedoch die

Schaffung eines Umganges innerhalb und entlang der Stadtmauer,

da hierdurch den Kurgästen Gelegenheit zu einem beschaulichen und ungestörten Spaziergang an der sonnigen Stadtmauer gegeben würde. Vor allem aber würde ein solcher Pfad ganz neue Blicke auf die mittelalterliche Stadt erschließen und dadurch zu einem besinnlichen Erlebnis ganz neuer Art werden. Und schließlich ist auch noch daran gedacht, an verschiedenen exponierten Stellen der Stadtmauer Rekonstruktionen des früheren Wehrganges anzubringen, um so den heutigen Besuchern ein lebendiges Beispiel mittelalterlicher Stadtwehr zu geben.

Alle diese Pläne, die in engster Fühlungnahme mit der heimatlichen Denkmalpflege besprochen und entworfen werden, haben die Unterstützung aller zuständigen Behörden. Besonderen Dank schuldet die Stadt dem Provinzialbaurat Theodor Wildemann, der als Leiter der Denkmalpflege von 1914 bis heute seine vielseitigen Fähigkeiten der Stadt zur Verfügung gestellt hat. Seit je galt sein Streben der Erhaltung des mittelalterlichen Stadtbildes der Kurstadt. Seit 1945 war allerdings im Zuge des Wiederaufbaues der stark zerstörten Stadt eine Reihe vordringlicher Aufgaben zu lösen. Die wirtschaftliche Lage im Augenblick gestattet allerdings nicht, daß diese Pläne so schnell verwirklicht werden können, wie man es gerne möchte. Erfreulicherweise aber gewinnt der Gedanke, da schöne mittelalterliche Erbe, das der Stadt in den Schoß gefallen ist, auf alle Fälle zu erhalten, stetig Raum. Deswegen vielleicht besonders, weil der Fremdenverkehr, nach dem Niedergang der Wollweber-, Färber- und Gerberzünfte, heute der Haupterwerbszweig der Stadt Münstereifel geworden ist, und weil daher die Förderung aller jener Maßnahmen, die den Fremdenverkehr steigern können, letzten Endes im Interesse jedes einzelnen und der Gesamtheit liegen. Für die vielen Freunde und Besucher Münstereifels liegt hierin die Hoffnung eingeschlossen, daß vom nächsten Jahre ab Münstereifel um ein Wesentliches schöner und stimmungsvoller sein wird, als in den vergangenen Jahren.

J. E.


Aus: Kölnische Rundschau vom 2. September 1949





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