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Die Landeshoheit über Münstereifel

Das Gebiet, auf dem Münstereifel entstand, gehörte zur Grundherrschaft der Abtei Prüm, jener alten und ehrwürdigen geistlichen Korporation, die einmal das Familienkloster der Karolinger war. Der Geistliche darf nicht zu Gericht sitzen über Leib und Leben; das heißt, er darf das Hochgericht nicht ausüben. So waren die Klöster gezwungen, einen Mann zu bestellen, der diese Funktion wahrnahm. Dieser Mann ist der Vogt, dessen Amt sich nach mittelalterlichem Brauch vom Vater auf den Sohn vererbte. Im allgemeinen versuchen nun die Vögte, die Herrschaft über dem Kirchengut, in dem sie die Schützer des Rechtsfriedens sind, auszubauen. Im 12. Jahrhundert ist die Auseinandersetzung zwischen den Klöstern als Grundherren und den Vögten im vollen Gange. Wir sehen damals z. B. wie eine Persönlichkeit von der Bedeutung des Abtes Wibald von Hable und Corvey mit den Vögten ringt. Er ruft den kaiserlichen Schutz an, der ihm auch in eine von Lothar III. ausgestellten „goldenen Bulle“ zuteil wird. Die Abtei Prüm, die ebenso wie Stablo-Malmedy Reichskirchengut war, wendet sich ebenfalls an den Kaiser, damit er den Bedrückungen der Vögte wehre. Der Kaiser berief 1102 Schiedsrichter, die in Münstereifel diesen Streit schlichten sollten.

In Münstereifel begegnet im Jahr 1110 der Graf Theoderich von Are als Vogt. Die Abtei hatte also den auf der über Altenahr gelegenen Burg Are sitzenden Grafen des Ahrgaues mit der Aufgabe betraut, die Gewalt des Vogtes über ihren in dem Münstereifeler Tal gelegenen Besitz auszuüben. Die Grafen haben dieses Amt innegehabt, bis die Grafschaft Are im Jahre 1246 an das Erzstift Köln überging. Merkwürdig ist, daß auch der Graf von Jülich als Vogt genannt wird. Aber das erklärt sich wohl so, daß er Vogt über Gut der Stiftskirche war, das außerhalb des Bereiches der Grundherrschaft von Prüm lag und das wohl aus Reichsgut stammte, das der Vogt einst verwaltet hatte. Im Jahre 1119 erscheint der Graf von Jülich nämlich als Vogte der Kirche zu Münstereifel und 1230 wird er von dem Pfalzgrafen Otto mit der Vogtei belehnt. Der eigentliche Vogt in Münstereifel war also zweifellos und anscheinend auch unbestritten der Graf von Are.

Graf Friedrich von Are-Hochstaden übertrug das Erbe seines Geschlechtes dem Erzstift Köln, auf dessen Stuhl damals Konrad von Are-Hochstaden saß. Nun war der Augenblick gekommen, in dem die Abtei Prüm ihre Rechte geltend machen mußte. Der Abt, der übrigens ein Verwandter des Grafen von Are-Hochstaden war, hat dies auch getan. Er schloß 1247 mit dem Erzbischof Konrad ein Uebereinkommen, in dem er auf die Lehnsherrlichkeit über Münstereifel, Rheinbach, Ahrweiler, Wichterich und alle anderen Güter, die Graf Friedrich von Are-Hochstaden von der Abtei zu Lehen hatte, verzichtete. Als Gegengabe für diesen Verzicht bedang der Abt sich den Beistand des mächtigen Erzbischofs gegen jeden ungerechten Angriff aus. Wenn dieser Vertrag reale Verhältnisse schaffen sollte, war Vorausetzung, daß das Erzstift in der Tat den ... (Besitz?, Bestand?) von Münstereifel behauptete. Aber diese Voraussetzung sollte sich nicht erfüllen.

Man bestritt ?) dem Erzbischof Konrad von Hochstaden bald den Uebergang seines Familiengutes an das Erzstift. Der Gatte einer Nichte, Walram II. von Bergheim, erhob mit Erfolg Ansprüche. Dem Herrn von Bergheim gelang es in einem Vergleich mit dem Erzbischof, in den Besitz der Lehen zu kommen, die der Graf von Are-Hochstaden von der Abteil Prüm gehabt hatte. So wurde Walram Herr von Münstereifel. Das Erzstift aber gab die Hoffnung nicht auf, doch noch Herr der Stadt zu werden. Dieser Hoffnung konnte vor allem die Tatsache Nahrung geben, daß Walrams gleichnamiger Sohn keine Kinder hatte. In der Tat übertrug der jüngere Walram im Jahre 1286 seine Prümer Lehen dem Kölner Erzstift.

Es schien, als ob Münstereifel eine kölnische Stadt werden würde. Der Erzbischof bemühte sich, mit der Abtei Prüm als Lehnsherrin zu einem Uebereinkommen zu gelangen. Am 18. April 1299 überließ die Abtei denn auch dem Erzstift den Treueeid, zu dem ihr gegenüber Walram von Bergheim verpflichtet war; der Erzbischof inkorporierte dafür der Abtei Kirchen, über die die Mönche das Patronat hatten und zwar die von Ahrweiler, Kesseling, Tondorf, Sarresdorf und Linnich. So schien der Rechtsanspruch des Erzbischofs genügend fundiert zu sein, um nach dem Tode Walrams die Landeshoheit in Münstereifel übernehmen zu können.

Aber der Erzbischof hatte einen mächtigen Konkurrenten. Münstereifel lag in einem Gebiet, in dem sich die Interessen des Erzstiftes Köln und der Grafschaft Jülich berührten. Der Graf von Jülich streckte denn auch die Hand nach der Eifelstadt aus. Den Rechtstitel gab ihm der Umstand, daß er einmal der Erbe Walrams war, zum zweiten aber, daß dieser ihm ebenfalls Burg und Stadt Münstereifel durch Schenkung übertragen hatte. Endlich machte er geltend, das Lehen falle nicht heim, sondern komme an den nächsten Erben und dieser war der Graf von Jülich. Er hat nun die Abtei Prüm angerufen und sich offenbar unter Geltendmachung dieser Rechtslage von der Abtei Prüm belehnen lassen, als Walram im Jahr 1312 starb.

Diese Belehnung mußte den Protest des Erzbischofs von Köln hervorrufen. Er konnte darauf hinweisen, daß lange vor dem Tode Walrams von Bergheim das Recht der Abtei Prüm an Münstereifel dem Erzbischof Wiebold übertragen worden sei. Am 22. August 1317 widerrief Abt Heinrich von Prüm auf Protest hin die Belehnung des Grafen von Jülich. Die Lage war verworren. Klärung mußte die Entscheidung darüber bringen, wer Herr von Münstereifel würde. Eines war sicher: Die Abtei Prüm war nicht mehr in der Lage, Münstereifel als erledigtes Lehen an sich zu ziehen. Der Vogt hatte hier gesiegt. Es blieb nur noch die Frage, ob Köln oder Jülich die Herrschaft antreten würde. Der Rechtsstreit ist durch ein Schiedsgericht erledigt worden. Am 29. Oktober 1317 fällten Adolf Graf von Berg und Dietrich Herr von Isenburg ihren Spruch, nachdem sie beide Parteien gehört hatten: Wenn der Graf von Jülich Münstereifel von dem Abt von Prüm länger als Jahr und Tag ohne Widerspruch besessen habe, solle er es als Lehen erhalten. Die Schiedsrichter erkannten also das Lehnsrecht der Abteil Prüm an. Es dürfte da letzte Mal gewesen sein, daß es noch eine Rolle in der Geschichte Münstereifels spielte. Münstereifel aber war fortan eine Stadt der Grafschaft bzw. des Herzogtums Jülich. In der Geschichte der Stadt begann ein neuer Abschnitt, der fast fünf Jahrhunderte umfassen sollte.

H. N.

Anm. ?) = undeutliche Vorlage


Aus: Zwischen Eifel und Ville, Heimatblätter für den Kreis Euskirchen, Nr. 11 vom 15. Oktober 1949





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