Geschichtsseiten für Bad Münstereifel und Umgebung
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Deo, urbi, patriae
St. Michaels-Gymnasium Münstereifel
325 Jahre im Dienste des Humanismus

Im Jahre 1625, fast auf den Tag genau, erschien auf Einladung des Rates der Kölner Jesuitenpater Heinrich Rhinkop mit einem Laienbruder in Münstereifel und begann inder Johanniskirche zunächst mit Predigten, die ungeheuren Zulauf hatten. Am 1. September 1625 wurden die „Capitulationes“ zwischen dem Rat und den Jesuiten“ abgeschlossen und „das Schulwesen ward stabilyrt“ - will sagen: Die Errichtung der Jesuitenschule beschlossen und bestätigt. Heuten, nach 325 Jahren zählt man 16 Lehrkräfte, von denen 280 Schüler unterrichtet werden.

Was liegt zwischen diesen beiden Jahren, was haben standhafte Männer, denen das Lehramt nicht Beruf, sondern Berufung war, opferfreudig bis zur Hingabe eigenen Vermögens geleistet, um die mehrfach in ihrem Bestande gefährdete Kulturstätte auf ihren heutigen blühenden Stand zu führen? Die Geschichte des heute staatlichen St. Michael-Gymnasiums schreiben, kommt beinahe einer Kulturgeschichte der letzen drei Jahrhunderte gleich. So sehr greifen die Ereignisse der großen Politik ein in die Geschichte der Schule. Ohne sein Gymnasium wäre Münstereifel zur völligen Bedeutungslosigkeit herabgesunken und hätte sich nie zu dem entwickeln können, was es heute darstellt. An allen Universitäten, bis weit ins Ausland hinein, hat die Schule einen ausgezeichneten Ruf.


Bild: Dr. P.

Aber kehren wir zurück zu den Geschehnissen des Jahre 1625, dem siebenten Jahre des 30jährigen Krieges, zu dem Jahre, in dem der Rat der Stadt eine zum Michaelstag ausgestellte, gedruckte Bekanntmachung verbreiten ließ, nach der mit Bewilligung des Fürsten Wolfgang Friedrich, Pfalzgraf und Herzog von Neuburg,

das Gymnasium Sancti Michaelis

errichtet wurde und der Unterricht am Allterheiligentage beginne. 55 Schüler von Nah und Fern folgten dem Rufe und vertrauten sich der geistigen Führung der Jesuitenpatres an. Schon im Geburtsjahr der Schule zeigten sich Widerstände, zu deren Ueberwindung die Patres alle Zähigkeit zusammennehmen mußten. Die großen Erfolge der Jesuiten in Predigt und Schule riefen die weltlichen Geistlichen auf den Plan, die die Wollweberzunft zu überreden wußten, die zunächst zugesagte finanzielle Unterstützung zurückzuziehen. Fast 25 Jahre lang dauerte der Kleinkrieg. Erst nachdem Stadt und Rat eingesprungen waren, ließen sich die zuerst skeptischen Jesuitenoberen überzeugen und gaben der Schule 1649 den Rang eines Kollegs.

Auch in den äußeren politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen begründete Schwierigkeiten setzten dem jungen Unternehmen hart zu. Der 30jährige Krieg ging an der Eifel nicht spurlos vorüber, daneben verursachte der Pesthauch mehrfach eine Lahmlegung des gesamten Schulbetriebs. Erst nach dem

Westfälischen Frieden 1648

begann ein Blühen und Gedeihen der Anstalt, sodaß „es landkündig sei, was für besonderen Nutzen und Wohlfahrt nit allein dieser Stadt, sondern auch in dieser umliegenden Eifel und Vaterland hieraus erstanden und erwachsen“.

Und wieder war der Fortbestand der Schule gefährdet durch die Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773. Wenn auch der Reichshofsrat in Wien anordnete, daß die Schule bestehen bleiben und ihr die Stiftungen weiter zugute kommen sollten, konnten die folgenden schweren Jahre nur mühsam durchgestanden werden. 1774 waren vier Jesuitenkollegien, darunter auch Münstereifel, in „Kongregationen“ umgewandelt worden. Ein subalterner Beamter hatte die gesamte Verwaltung der Schule in Händen und mußte naturgemäß so wirtschaften, daß, gleich auf welche Weise, für die herzogliche Kasse ein möglichst hoher Betrag übrig blieb. Die für die Besoldung der Lehrer und den Unterhalt der Schule bestimmten Mittel wurden in fast unerträglichem Maße beschnitten, sodaß nur allergrößter Idealismus die Lehrer von der Abwanderung zurückhalten konnte. 1792, als die schon kärglichen Gehälter nochmals erheblich gekürzt wurden, spitzen sich die Dinge noch weiter zu. Unter den Männern, die damals getreu ihrer Berufung ausharrten, hebt sich vom düsteren Hintergrund die Erscheinung von

Peter Josef Fey, dem „Retter des Gymnasiums“,

leuchtend ab. Im Kampf gegen die 1794 einrückenden französischen Truppen, mehr aber noch gegen die eigenen allzu kurzsichtigen Mitbürger, die sämtliche Gymnasialgüter als kurfürstliches Eigentum deklarierten und der Beschlagnahme der Franzosen unterwarfen, standen die Lehrer unter geistiger und geistlicher Führung des Anstaltsleiters Fey eine Zeit ohne jegliche Besoldung durch und setzten, „festen Fußes ihres Schicksals harrend, ihre angewiesenen Verrichtungen fort und waren in der Zeit des Schreckens und der Gottlosigkeit mächtige Schutzwehr gegen die Sittenlosigkeit und Irreligion“. Trotz aller Kämpfe, aller Petitionen und Vorstellungen gelang es Fey lediglich, einen geringen Teil der Güter für die Anstalt zu retten, wodurch wenigstens der Fortbestand gesichert war. Die Schülerzahl hatte um diese Zeit ihren niedrigsten Stand erreicht, der mit 42 im Jahre 1808 unter der des Gründungsjahres mit 55 Schülern lag.

Mit dem 1814 in Paris geschlossenen Frieden, dem die sofortige Räumung des Rheinlandes durch die Franzosen und Uebernahme der Geschäfte in preußische Verwaltung folgte, begann für das schwergeprüfte Gymnasium eine Zeit des Gedeihens und Aufblühens. Bereits einen Monat nach Friedensschluß forderte der damalige „Direktor des öffentlichen Unterrichts“, Josef Görres, einen ausführlichen Lagebericht ein. Beweis genug für die Wertschätzung, die das Gymnasium bereits damals bei staatlichen Stellen erfuhr. Auf Görres' direkte Veranlassung wurden 1815 die Fächer Griechisch und Hebräisch in den Lehrplan aufgenommen und im Jahre 1816 ein Mann mit der Erteilung des mathematischen Unterrichts beauftragt, der 47 Jahre lang der Anstalt das Gepräge einer Persönlichkeit von ausgezeichnetem Wissen, von überragenden pädagogischen Fähigkeiten und von bescheidener Menschlichkeit aufdrücken sollte:

Jakob Katzfey, der Biograph des Gymnasiums.

Als Peter Josef Fey am Pfingstsonntag 1834 an den Stufen des Altar, „wo der Verblichene seit 1774 Gebet und Opfer dargebracht hatte für die Erhaltung seines Gymnasiums und seiner Kirche, tot zusammenbrach“, führte Katzfey bereits neuen Jahre lang die Geschicke der Schule. Seiner umfassenden Einsicht gelang es, bald Einfluß auf die wirtschaftliche Führung zu bekommen, den erwähnten subalternen Beamten auszuschalten und der Anstalt wieder gesunde Unterlagen zu verschaffen. Unter seinem Direktorat wurde 1827 die

erste Abiturientenprüfung

abgehalten, die der Universität acht Studenten zuführte. Unter Katzfey erreichte die Anstalt weitere Marksteine auf dem Entwicklungsweg zur universalen Bildungsstätte. Zunächst wurde im Herbst 1838 der Turnunterricht in Form von gymnastischen Uebungen eröffnet. „Anständige, den Kräften der Knaben und Jünglinge angemessene Bewegungen, Stellungen und Anstrengungen, mit Fernhaltung aller Künstelei und Ostentation, machen den Inhalt dieser Uebungen aus“, äußert sich der Leiter selbst in seinem Jahresbericht.

Bereits zehn Jahre vorher war mit systematischem Musikunterricht begonnen worden, dessen Früchte sich in einem „statuenmäßigen Musikverein der Stadt“ in höchst erfreulichem Maße darboten.

Trotz empfindlichen Rückgangs der Schülerzahl, dessen Gründe in einer grundlegenden Umstellung des Lehrplanes zu suchen sind, kargte der Staat nicht mit Anerkennung für die wertvollen Dienste der Anstalt für die Menschenbildung und –formung und erhob sie 1831 in den Rang eines Gymnasiums I. Klasse. Daraufhin trat sofort eine Verdoppelung der Schülerzahl auf 130 ein, die aber nicht von langer Dauer sein sollte. Durch die Eröffnung des bischöflichen Knabenkonviktes in Trier und vieler anderer Bürgerschulen fühlten sich viele Eltern veranlaßt, ihre Kinder näher zu sich zu nehmen. Die hierdurch begründete Abwanderung der Schüler traf die Anstalt zunächst schwer. Erst als auf die Initiative Katzfeys 1856 das

Erzbischöfliche Konvikt

eröffnet wurde, konnte die Chronik eine enorme Steigerung der Schülerzahl auf 180 verzeichnen. Erst durch dieses eng mit der Geschichte des Gymnasiums verknüpfte Institut und die dadurch größeren Möglichkeiten zur Unterbringung und Beaufsichtigung von auswärtigen Studierenden war es denkbar, die Schülerzahl bis zum ersten Weltkrieg auf weit über 300 zu steigern. Seit seiner Gründung haben die geistlichen Herren des Konvikts gerne am Gymnasium als Lehrkräfte ausgeholfen und sind auch in der Verfolgung gemeinsamer pädagogischer Absichten immer vereint marschiert.

Katzveys universale Persönlichkeit findet ihre vorzüglichste Manifestation in der umfassenden „Geschichte der Stadt Münstereifel und der nachbarlichen Ortschaften“ (Köln 1854).

Kulturelle Bedeutung der Anstalt

Wenn das Mitteilungsblatt des „Vereins der alten Münstereifeler“ für die letzten sieben Jahrzehnte eine Abiturientenzahl von 1569 und eine Gesamtschülerzahl von etwa 3000 angibt, so erhellt daraus eindeutig die Bedeutung des St. Michael-Gymnasiums als Zubringeanstalt für die deutschen Hochschulen. Nach dem Abgang Katzfeys haben Männer wie Dr. Bogen, Dr. Vogt, Dr. Pohl, und in letzter Zeit der vor ca. 25 Jahren verstorbene Geheimrat Prof. Dr. Peter Meyer die Geschicke der Anstalt gelenkt. Als 1925 das 300jährige Betehen in würdiger Weise begangen wurde, waren die durch den ersten Weltkrieg in die Reihen von Schülern und Lehrern gerissenen Lücken wieder geschlossen. 155 Lehrkräfte und 250 Schüler, von den die Meisten zur Feier des 325jährigen Bestehens am 10./11. Juni in Münstereifel erwartet werden, zählte damals die von Studiendirektor Dr. Franz Hilff herausgegebene Festschrift auf. Alle diese Vielen gingen - wie Tausende vor ihnen und Tausende nach ihnen hinaus, wurden zu geistigen Elite, zu Trägern des Humanitätsgedankens, auch in einer Zeit, als er materialistischem Denken zu erliegen drohte. Sie alle legten und legen Zeugnis ab für den Geist einer Schule, der sich bewährt hat in Zeiten schwerster Bedrängnis, getreu der Inschrift über dem Hauptportal, die maßgeblich war 325 Jahre lang und richtungsweisend bleiben wird alle Zeit:

Für Gott, Stadt und Vaterland.


Aus: Euskirchener Volksblatt vom 10. Juni 1950, Volksblatt am Sonntag





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