Der folgende Text entstammt der Veröffentlichung des u.g. Verfassers und stellt die Situation der Munitionsfabrik Hallschlag "ESPAGIT AG" in Kurzform dar:

Die Munitionsfabrik Hallschlag "ESPAGIT AG

Seit 1987/88 ist die ehemalige Pulverfabrik bei Hallschlag wieder ins Gespräch gebracht worden. In Archiven hatte ich zahllose Akten entdeckt und mir mosaikartig ein erstes Bild der Rüstungsaltlast machen können.

Publikationen:

Giftgas- und Munitionsfabrik Hallschlag-Kehr (Landkreis Daun)
Kraftzwerg e.V. Silbernaal 1 /D-38678 Clausthal-Zellerfeld
Heft 5 /Rüstungsaltlasten / 3. Bericht der Initiativen gegen Rüstungsaltlasten (Stand Januar
1990) Herausgeber/Copyright: Stiftung Leben und Umwelt Niedersachsen, Oldenburg i.O. (Dezember 1989)
Planungsgemeinschaft Boden und Umwelt (PGBU):
Ehemalige Sprengstoffabrik ESPAGIT AG bei Hallschlag, Landkreis Daun /Eifel –(Kassel 1990)
Historisch-deskriptive Untersuchung zur Eingrenzung potentiell kontaminierter Bereiche. (unveröffentlicht)
Zahlreiche ungedruckte Manuskripte der Landesbehörden anläßlich Rüstungsaltlastenseminaren in Berlin und Offenbach.
Veröffentlichungen in Zeitschriften und Tageszeitungen, mehr als 300 DIN A3 Seiten, liegen bei mir als Archivsammlung vor.
Diplomarbeit von Anne Faßbender: Historisch-Genetische Rekonstruktion der ehemaligen Sprengstoff- und Munitionsfabrik bei Hallschlag (Eifel) zum Zwecke einer geoökologischen Voruntersuchung (1995 Johannes-Gutenberg-Universität Mainz)


Vorwort

Ab Pfingsten 1991 machten unerwartete Funde von Granaten mit flüssigem Inhalt (Giftgas) Schlagzeilen. Bis 1998 sind über 40 Millionen für Sanierungen verausgabt. Nun soll eine deponieartige Abdeckung für rund 30 Millionen die restliche Hälfte der Altlast künftigen Generationen als Hypothek hinterlassen werden.

Zum Verständnis über das Zustandekommen dieser Altlast soll folgende Abhandlung beitragen:


Die "Pulverfabrik" in Hallschlag/Kehr

1911 gründete sich ein "Verein zur industriellen Entwicklung der Südeifel e.V.", mit einigen heute noch bekannten Namen. Auszug aus dem Vereinsregister beim Amtsgericht Trier (vom 28.2.1996) Verein zur industriellen Entwicklung der Südeifel eingetragener Verein, Trier

Die Satzung ist am 13. Oktober 1912 eröffnet. Der Vorstand kann dem Vorsitzenden und dem Schriftführer und deren Stellvertretern Vollmacht um Abschluß von Verträgen und Urkunden erteilen. Der Vorstand ist beschlußfähig wenn drei Mitglieder anwesend sind. Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.


Blatt 3 der Registerakten

eingetragen wird:

Vorstand

  1. Regierungspräsident Dr. Baltz in Trier, 1. Vorsitzender
  2. Kommerzienrat Louis Röchling in Völklingen, 2. Vorsitzender
  3. Landrat von Kessler in Bitburg, Schriftführer
  4. Kommerzienrat A. Reverchon in Trier, Schatzmeister
  5. Kommerzienrat Th. Simon in Bitburg, stellvertretender Schriftführer
  6. Landeshauptmann der Rheinprovinz Dr. von Renvers in Düsseldorf
  7. Direktor C. Trosset in Düsseldorf
  8. Dr. Stresemann, Präsidialmitglied des Bundes der Industriellen in Dresden
  9. P. Wallenborn, Reichs- und Landtagsabgeordneter in Remagen
  10. Direktor Konsul Martin Streffer, Direktor der Barmer Landeskammer in Cöln
  11. Generaldirektor der Humboldt: Bergrat Zörner in Köln-Kalk
  12. Königl. Oberförster Stippler in Wittlich

28. Februar 1913

Anmerkung: Theodor Simon war der Eigentümer der Bitburger Brauerei.
Der Verein ist aufgelöst von Amtswegen. eingetragen am 4.April 1952 –---------------------------------------------------------------------------------------


Akte Reg. Bez. Aachen 13883 "Industrieangelegenheiten" (1911 bis 1924) einziger Inhalt: Sekretär Assessor Dr. Müller mit Sitz der Geschäftsräume in Bitburg zwei Versammlungen bekannt.

Mitgliederversammlung in Kyllburg 3. Dezember 1911
3. Oktober 1912

Im Tätigkeitsbericht des "Verein zur industriellen Entwicklung der Südeifel e.V." von 1916 ist lesen:

"Das drei Jahre hindurch allen Widrigkeiten zum Trotz verfolgte Projekt einer Sprengstoff-Fabrik hat sich Ende 1914 verwirklicht. Auch die Bedenken des Königl. Kriegsministeriums, der Eisenbahn und sonstiger Stellen, sowie die Gegeneinwirkungen von mächtiger privater Seite konnten schließlich beseitigt werden.

Am 2. Januar 1915 wurde der erste Spatenstich zu dem großangelegten Werke getan, am 20 Februar 1915 konnte bereits die erste Lieferung an die Militärbehörde erfolgen. Heute ist das Werk eine Aktiengesellschaft mit 8 1/2 Millionen Mark Kapital umgewandelt und liefert erhebliche Sprengstoffmengen für Heereszwecke.

Zwölf Mappen zeigen die Fülle der Arbeit, die der Verein für diese Anlage in unermüdlicher Konsequenz geleistet hat. Der gesamte Ankauf des Geländes, die Ausarbeitung und Weiterverfolgung der Konzessionen, die vielseitigen Verhandlungen mit den verschiedensten Behörden, zahlreiche Reisen und Teilnahmen an den verschiedenen Sitzungen, die technische Begutachtung der Anlage, soweit nicht ausschließlich Fragen des Sprengstoffbetriebes zu entscheiden waren, die aufgrund der erhobenen

Einsprüche wiederholt vorzunehmende Verschiebung der Anlage auf dem Gelände und die Aufstellung der erforderlichen Grundpläne hierzu, die Vermittlung von Aufträgen bei der Königl. Feldzeugmeisterei in Berlin und die Bemühungen wegen der Beschaffung der ersten Rohmaterialien geschahen vereinsseitig durch den Direktor des Vereins, der auch die ganze Zeit über Generalbevollmächtigter dieses Unternehmens war.

Das endliche Zustandekommen dieses Werkes ist hauptsächlich der nachdrücklichen Unterstützung und Förderung durch den Vorsitzenden des Vereins zu danken, der durch alle erschöpfbaren Instanzen hindurch seine besondere Fürsorge diesem Unternehmen angedeihen ließ.

Das Werk beschäftigt heute einschließlich aller Nebenarbeiter mindestens 2000 Personen. Von welcher großen volkswirtschaftlichen Bedeutung dieses Unternehmen für den bezüglichen Kreis und für die in erster Linie beteiligte Gemeinde ist geht daraus hervor, daß diese Gemeinde, die einen außerordentlich hohen Steuersatz hatte, durch den Verkauf des für sonstige Zwecke ziemlich wertlosen Ödlands, das wegen seiner Lage und Beschaffenheit auch in land- und forstwirtschaftlicher Hinsicht sehr geringen Wert hatte, ihre gesamten Schulden decken konnte, noch Bargeld übrig behielt und MK. 100 000 als Kriegsanleihe zeichnen konnte, ganz abgesehen von der durch das Werk geschaffenen allgemeinen wirtschaftlichen Hebung der dortigen abgelegenen Gegend.

Durch weitere Maßnahmen seitens des Vorsitzenden ist dafür gesorgt, daß die Gemeinde dauernd den steuerlichen Nutzen aus diesem Werk erhält und selbst bei einer etwaigen Stillegung dieses Betriebes, die kaum zu erwarten ist, die Gemeinde einen entsprechenden Ausgleich findet.

Es sei hier angefügt, daß diese Maßnahmen nicht aus etwaigen Befürchtungen dem Werke gegenüber getroffen wurden, sondern aus der weitblickenden Vorsorge heraus, der Gemeinde selbst unter möglicherweise eintretenden ungünstigen Ereignissen, den Anteil zu sichern, der ihr aus vereinsseitiger Fürsorge heraus in der Verwirklichung dieses Projektes gemacht war."(Zitatende)

Unabhängig vom international kontrollierten "Dynamit-Trust" (Nobel) sollte im Kaiserreich unter Schirmherrschaft des damaligen Trierer Regierungspräsidenten zunächst ein privates Sprengmittelwerk für zivile Sprengstoffe an der 1913 gebauten Bahnlinie Stadtkyll-Malmedy gegründet werden, so wurde es der Öffentlichkeit angepriesene Tatsache ist aber, daß die von Anfang an geplante Produktion auf TNT und DNB ausgerichtet war, reine Granatenfüll-Sprengstoffe.


Das Werk

Das Werk der ESPAGIT (Eifler Sprengstoffwerke AG, Dr. Ing. Friedrich Esser) von 600 Morgen Sicherheitszone und 25 Hektar Fabrikfläche lag auf einem Bergrücken etwa 620 Meter hoch auf der Wasserscheide zwischen Kyll und Our, etwa 2 Kilometer von Ortschaften entfernt.

Werkstätten, Materiallager und Sozialgebäude waren innerhalb kürzester Zeit in massiver Stein- oder Holzbauweise erstellt.

Dem Werk angegliedert waren Wohnbaracken, wo die teilweise rund 500 weiblichen Arbeitskräfte untergebracht waren, meist zwangsweise arbeitsverpflichtete Personen ("Russenbaracke"). Andere Frauen, wie auch die rund 1500 Männer, wohnten in umliegenden Dörfern.(2 bis 3 Mark Schlafgeld pro Woche). Handwerker wurden z.B. auch trotz Protesten der Werksleitung von der heutigen DEMAG aus Jünkerath abgeworben.

Das Werk hatte selbst Handwerksbetriebe aller Art, Dampfheizung und eine eigene Stromversorgung für Beleuchtung und Motoren. Gesundheitsschädlich waren vor allem Arbeiten beim Wickeln von Rauchentwicklern, dem Fertigen von Zündern mit Pikrin und der TNT-Säurebetrieb.

Die gesundheitlichen Aspekte führten (laut einem zeitgenössischen Bericht) in der "Bizol"-Abteilung zu einer sechsstündigen Arbeitszeit, wobei streng darauf geachtet wurde, daß alle einen Respirator (Atemschutz) trugen. Milch und fetter Speck waren tägliche Sonderrationen. Bei in der Pikrinabteilung beschäftigten Frauen wurden Hautausschläge, Unwohlsein und Magenschwellungen festgestellt, und angeraten, den zur gelben Hautverfärbung führenden Staub abzuwaschen. Nach damaligen Verhältnissen waren die sanitären Bedingungen/ Waschgelegenheiten akzeptabel. Selbst eine Badeanstalt war in der Abteilung.

Mehrere promovierte Chemiker arbeiteten in dem angegliederten Labor. Ein eigenes Casino, das Gasthaus "Marfante", wurde an der Straße nach Scheid erbaut. Gaststätten in Hallschlag und Kehr hatten Konjunktur. Vor den Sicherheitsumzäunungen boten fliegende und feste Händler ihre Waren an.


Ein Produktionszwischenfall

Im Jahre 1917 kam es zum ersten schweren Fischsterben in dem Fluß Kyll bis auf die Höhe von Gönnersdorf (über 20 Flußkilometer), das zur Planung einer letztlich nie gebauten Kläranlage führen sollte. Augenzeugen berichten von rot eingefärbtem Wasser, welches Menschen und selbst Kühe krank machte. (Krankheitsbild der Blausucht = Cyanose) Aus diesem Grunde sind in der Folgezeit bei dem voll kanalisierten Gelände mutmaßlich Schluckbrunnen angelegt worden. Bekannt ist die großflächige Verrieselung der (krebserregenden und erbgutverändernden) TNT-Abwässer auf den südlichen Hängen, die damals oberflächlich "rost-rot" gefärbt waren.

Der Wasserverbrauch (ca. 500 Kubikmeter täglich) wurde durch eine heute noch erhaltene und bis vor wenigen Jahren genutzte, Fernleitung aus der "Schneifel" (Schnee-Eifel bei Mooshaus) gedeckt und durch eine zusätzliche Talsperre Brauchwasser vorrätig gehalten. Im Nitrierwerk und der Säureabteilung wurde Zumindestens TNT (Trinitrotoluol =Sicherheitssprengstoff) aus Grundstoffen hergestellt.

Fertig- oder Halbfertigprodukte wurden mit der Bahn angeliefert und montiert, bzw. in Sprengstoff vergossen. Die Länge der Sprengstoffgießerei war bis zur Abtragung 1995 noch an großen Wällen zu erkennen.


1918 bis 1920

Über eine Woche soll die ansich weithin sichtbare Fabrik von den Besatzern unbemerkt geblieben sein und weiter produziert haben. Mit immerhin noch 1200 Beschäftigten startete man sodann mit der Zerlegung und Ausdämpfung von Granaten, die mittels Eisenbahn von anderen Depots (aus dem Raum Koblenz/Neuwied) und den französischen und flandrischen (Giftgas-) Schlachtfeldern nach Hallschlag verbracht wurden.

Behördlich genehmigt war die Lagerung von 500 000 Granaten!

Aus Sprengstoff wurde, unter Zumischung von Mineralien, versucht Dünger herzustellen. Der hatte ganz hervorragende Wachstumsförderung. Ein Zeitzeuge: "Das Getreide wuchs so hoch, daß es umfiel. Danach wollte einige Jahre auf dem Feld nichts richtig gedeihen." Exoten, unindentifizierbare Geschosse oder Blindgänger wurden täglich abseits des Fabrikgeländes im Tal gesprengt. An Stellen wo Spreng- und Giftstoffe verbrannt wurden, wächst selbst heute, nach 80 Jahren, noch kein Grashalm.


Der große Knall

Es war eine unruhige Zeit im jetztigen Belgien und im Saargebiet. So trafen in Aachen am 30. Mai 1920 etwa 130 Familien ein ,die aus Eupen und Malmedy ausgewiesen wurden, nachdem bereits vor einigen Tagen 300 solcher Familien vertrieben worden waren. Am 29. Mai 1920 entstand, nach wochenlanger Hitze und Trockenheit, "Op Kehr" ein Brand. Drei heftige Explosionen sprengten das Werk in die Luft. Zeugenschaftlich bestätigt, flog eine 15-Zentimeter-Granate (ca. 40 kg schwer) zwei Kilometer weit bis zum Grenzübergang Losheim (Heute Gasthof Balter, Krippana). Beträchtlicher Schaden entstand auf dem Gelände und in den Ortschaften Losheim, Scheid, Hallschlag, Krewinkel und Manderfeld. Die Landeszeitung vom 2.6.1920 berichtete von der Katastrophe: "...auch die großen, noch aus der Zeit des Krieges stammenden Säure- und chemischen Vorräte, die einen großen finanziellen Wert repräsentierten, fielen dem Element zum Opfer. ...ebenso das Millionenwerte darstellende wohlgefüllte Magazin..."


Nach der Explosion

Nach dem großen Knall, rollte nochmals ein Munitionszug mit Giftgasgranaten in Hallschlag ein. Ratlosigkeit herrschte angesichts des völlig zerstörten Werkes. Der amerikanische General in Koblenz ordnete die Sprengung durch Beauftragte der Berliner Firma "Schweitzer & Oppler" an. Deutsche Behörden in Prüm und Trier sowie die Ortsbürgermeister von Hallschlag und Scheid versandten bis in den August 1920 Telegramme, mit dem Appell, die Bevölkerung nicht durch die Sprengung zu gefährden.

"Es käme das Sprengen aus einem ausreichend großen Truppenübungsplatz, das Versenken im offenen Meer oder das Vergraben auf dem großen Werksgelände infrage" so zeitgenössische Unterlagen des Gewerbeaufsichtsamtes.

Danach verschwinden die über 20 000 Giftgasgranaten aus dem öffentlichen Bewusstsein.

Sicher ist aber, durch einen Aktenvermerk belegt, daß "obwohl das Problem der Giftgasgranaten durch Vergraben gelöst ist, komme man an der Vernichtung der übrigen Munition nicht vorbei". Wie mittlerweile auch die Behörden erfahren haben, sollen die Giftgasgranaten im Tal unterhalb der Verrieselungsfelder vergraben worden sein. Nachgesucht wurde bis 1998 dort nicht. Schrotthändler entsorgten widerwillig. Das Gelände war in den zwanziger Jahren mit Maschendraht eingezäunt und mit behördlich angeordneten Warnschildern versehen.

Zwei Schrotthändler (Rose aus Daun), ohne Sprengschein, war mit der Entsorgung auf dem Gelände beschäftigt. Die Rechte für die Verwertung des Schrottes hatten sie käuflich von einer Firma "Hemsoth GmbH" aus Hamburg erworben. Interessant ist in diesem Zusammenhang wiederum ein noch zugängliches Gerichtsurteil das Auskünfte höchster Brisanz ergibt.

So hatten sich die Roses 1920/21 auch an Giftgasgranaten versucht und erkrankten schwer. In der Folgezeit forderten sie für die Unschädlichmachung von Zündern und anderen gefährlichen Gegenständen Geld und waren nicht bereit in behördlichem Auftrag (Amt Stadtkyll), gefahrenträchtige Arbeiten zu verrichten, die keinen leichten Gewinn versprachen.

Wörtlich ist überliefert, daß die Reichsregierung in Berlin 1927 der (für das Gelände nunmehr verantwortlich gemachten) Gemeinde Hallschlag 3000 RM Zuschuß zu Entsorgungskosten leistete, und die Schrotthändler bei entsprechender Entlohnung versprachen, "alles ans Tageslicht zu fördern und ..."nichts mehr zu vergraben".

1927 lagerten alleine im "großen Sprengtrichter" nach Schätzungen der Schrotthändler, noch ungeborgen, ca. 10. 000 Gasgranaten, zigtausend andere Sprengkörper und Hunderttausende "scharfer" Zünder. Nach dem Bericht Gewerbeaufsichtsamtes Trier, das unermüdlich jahrelang die unerquicklichen Zustände zu verbessern versuchte, vor dem Ver/Ankauf von verunreinigtem, giftigem Material (Rohre, Holz, Mauersteine) warnte, heißt es 1928, daß nun "für alle Zeit aufgeräumt sei und nach menschlichem Ermessen keine Gefahr mehr von dem Gelände ausgehen könne".

Kurz zuvor mußte man jedoch in der Landeszeitung lesen: "...ein seit dem Kriegsende in Hallschlag beschäftigter Arbeiter von hier erlitt einen schweren Unfall. Beim Entladen eines Geschosses explodierte dieses und riß ihm den linken Arm vollständig sowie zwei Finger der rechten Hand ab. An der linken Seite erlitt der Bedauernswerte derartige Brandwunden, daß man an seinem Aufkommen zweifelt".

Noch 1965 waren die Flächen der Hallschlager Fabrik, die teilweise im Rahmen der Landsiedlung und beim Westwallbau drainiert und egalisiert wurden, insbesondere außerhalb des eigentlichen Werksgeländes, im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet ausgewiesen und teilweise von einer Kölner Firma aufgekauft.(Fa. Meissner: Anlagenbau für die Chemische- und Sprengstoffindustrie)

Nachdem mit Schreiben vom 31.7.1969 die Firma Meissner der Gemeinde Hallschlag mitteilte, daß "bei der Gesamtsituation im Hallschlager Raum in bezug auf das Gelände vorerst für uns keinerlei Möglichkeit besteht, einen Gewerbebetrieb dort aufzumachen, wie schon bereits immer wieder betont, wegen der Aversion der dortigen Bevölkerung gegen unsere Branche", wurde das ruinenübersäte Gelände am 26.1.1979 als "land- und forstwirtschaftliche Fläche" ausgewiesen.

Bis in die neueste Zeit, während der Feldarbeit, auch während des Westwallbaus und der Urbarmachung der heute landwirtschaftlich genutzten Umgebung von 1934 bis 1938 durch das "Rheinische Heim", wurden durch Landwirte Granaten gefunden, auch solche die schon mal qualmten.

Nur die Behörden und die fachkundigen Kampfmittelräumer in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und dem angrenzenden Belgien bemerkten angeblich nichts. Angeblich wurden nie Auffälligkeiten festgestellt, selbst vor 1991 seien nie Granaten des Ersten Weltkrieges gefunden worden, so die (falsche) Antwort auf eine parlamentarische Anfrage.

Bis Mitte 1998 wurden über 1700 Granaten, davon über 300 Kampfstoffgranaten geborgen, davon fast 10 Prozent außerhalb des durch Einzäunung gesicherten Sanierungsbereichs auf landwirtschaftlichen Flächen.

Autor: Gunther Heerwagen

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