Hoch auf dem Gelben Wagen durchs Rheinland
Von Josef Rubel, Merzenich-Golzheim
Schwarzes Horn auf Gelbem Wagen












Dürener Nachrichten, Samstag, 18. August 1951



Ein Besuch in der Kraftpoststelle – 80 Überlandfahrten täglich – Vorkriegsstand überschritten

Düren. – „Kinder, nee, det is ja een doller Betrieb hier“ staunte neulich einweltgewandter Berliner, als er an einem Samstagmittag auf seinen Kraftpostbus in der Gutenbergstraße wartete. Nun ja, seit den guten alten Tagen der Postkutsche sind ja auch einige Jahre ins Land gezogen. 1907 fuhr der erste Postbus in Garmisch-Partenkirchener Gebiet. 1921 trat auf der Strecke Düren – Hürtgen – Monschau der Motor erstmalig im Regierungbezirk Aachen die Nachfolge des „hafergetriebenen“ Gefährtes an. Die Strecke Düren – Schleiden wurde 1922 als zweite motorisiert und dann dehnte sich der Kraftpostverkehr immer mehr aus, ein engmaschiges Netz wurde geschaffen, das auch erhalten blieb, als die schönen gelben Busse – die stolze, alte Farbe der Post – 1933 plötzlich ein politisches Rot annahmen und der unnahbare Hoheitsadler das muntere Posthorn ablöste. Ja, dieses Liniennetz wurde noch befahren, als ein tristes Grau verkündete, dass ein gewaltiger Krieg seinem unabwendbaren Ende entgegenging und Tiefflieger zum Feind Nr. 1 jeden Vehikels auf Deutschlands Straßen wurden.

Mit einem DAAG begann es

43 Artillerietreffer hatten das Gebäude der Kraftpoststelle in der Gutenbergstraße – ihrem Sitz seit 1925 – schwer mitgenommen. Buchstäblich vor dem Nichts standen die wenigen Getreuen, die sich um ihre alte Arbeitsstätte sammelten, um wieder aufzubauen, wieder zögernd die ersten Impulse in die hart mitgenommenen Adern des Verkehrs zu schicken. Mit Werkzeugen aus der eigenen Kiste wurde begonnen, nachdem der größte Schutt und Dreck beseitigt war. Einen Bus – den ersten – stellte die Oberpostdirektion zur Verfügung. Über 100 Tieffliegereinschüsse verzierten den alten DAAG. Unverdrossen setzten die Monteure ihn instand und eines Morgens ratterte er los – die Strecke Düren – Monschau war wieder in Betrieb. Jahre emsiger Arbeit folgten. Eine Linie nach der anderen wurde eröffnet, der Wagenpark erweitert, der schlichte Backsteinbau an der Ecke Gutenberg-, Veldener-Straße wieder auf Hochglanz gebracht, die Garagen hergerichtet. Langsam konnte man darangehen, Projekte zu verwirklichen, die auch vor 1939 keine Lösung gefunden hatten.

Vor 1914 geplant – nach 1945 verwirklicht

Das älteste ist wohl die Erweiterung des Monschauer Verkehrs auf die Nebenstrecken Brandenberg – Zerkall – Brück und Kleinhau – Wehebachtal – Schevenhütte – Langewehe. Schon vor 1914 hat hier die Bevölkerung um eine Verkehrsanbindung (damals wurde die Strecke nach Germeter von der Aachen–Dürener–Verkehrsgesellschaft befahren). Ihrem Wunsch konnte nicht entsprochen werden, weil vor dem ersten Weltkrieg die technischen und wegebaulichen Voraussetzungen fehlten. Heute – nach etwa 40 Jahren – wurde der Wunsch Wirklichkeit. Am 3. Mai 1949 fuhr der erste gelbe Postbus – man war nach dem Kriege natürlich schnell wieder zur altvertrauten Postfarbe zurückgekehrt – nach Brück, am 1. Febr. dieses Jahres wurde die Strecke Kleinhau – Langerwehe eingeweiht. Dann wünschte das Amt Straß – Bergstein eine Verbindung von Gey nach Untermaubach. Seit dem 16. Juli verkehrt auch hier die Kraftpost. Ein zügiger Berufsverkehr wurde für das Maubacher Bleibergwerk in Horm eingerichtet und stark stieg auch der Verkehr auf der Strecke nach Germeter an, seit die Rodungsarbeiten für die Siedlung beim Forsthaus Raffelsbrand im Gange sind. Die Linie nach Gemünd – Schleiden aber führt seit dem 20. Mai über den Staudamm Schwammenauel und rund um den Stausee und den Kermeterberg – eine wahrhaft idyllische Fahrtstrecke. Nicht zuletzt verdient auch die kürzlich geschaffene Verbindung zwischen den alten romantischen Städtchen Nideggen und Zülpich Erwähnung. Insgesamt wird Düren von 8 Kraftpostlinien angelaufen, davon unterstehen 6 der Kraftpoststelle Düren. Von 5.50 Uhr bis 21 Uhr setzten sich brummend die schweren Wagen auf der Gutenbergstraße in Bewegung. 80 Überlandfahrten werden von Düren aus täglich durchgeführt. Rund 1500 Fahrgäste steigen allein Tag für Tag an der Gutenbergstraße in die gelben Busse. 10 weitere Haltestellen dienen der Kraftpost noch in der Stadt Düren.

„Alte Schinken“ werden ausgewechselt

Der Vorkriegsstand an Kilometerleistung und auch im Wagenpark ist überschritten. Drei Viertel der Wagen gehören der Post, der Rest wird von Privatunternehmern im Auftrage der Post gefahren. 13 modernste Fahrzeuge stehen der Post schon zur Verfügung, die restlichen „Veteranen“ – oder „alte Schinken“, wie das geschaukelte Publikum verächtlich sagt -, über 25 Jahre alte Wagen, werden binnen eines Monats ausgewechselt. Dabei haben bis vor kurzem die Kraftpoststelle Düren die meisten alten Wagen in der ganzen OPD. Vom Zehnsitzer auf der Strecke Langerwehe – Schophoven, die übrigens bald mit der Linie Kleinhau – Langerwehe verkettet wird, bis zu den großen 43-Sitzern reicht die Skala. Alle Fahrzeuge tanken in der Gutenbergstraße, wo sie auch in liebevolle Pflege genommen werden. Heute bekommen die Schlosser die Ersatzteile schon wieder zentral zugeschickt, vor einigen Jahren mussten sie noch selbst Notlösungen suchen, um den Verkehr aufrechtzuerhalten. Natürlich ist die Garage in der Gutenbergstraße für diesen angewachsenen Betrieb zu klein, auch wenn mehr als die Hälfte der Wagen auswärts „übernachten“ (eifersüchtige Ehefrauen kennen höchstens die Fahrer), um frühmorgens die ersten verschlafenen Arbeiter zu ihren Betrieben in und um Düren zu bringen.

Zweimal täglich die Post

Natürlich – das sagt ja der Name der Kraftpost – dienen alle Fahrzeuge gleichzeitig auch der Postbeförderung. Die Poststellen, die nicht an ein Personenbeförderungssystem angeschlossen sind, erhalten ihre Post mit den Spezial-Postbeförderungswagen. Sonst aber nehmen die stolzen, gelben Busse die Briefe und Päckchen auf – und reichen die Fächer nicht aus, ja dann muß halt der einachsige Anhänger dran, um all das Glück und Leid, die Liebe und den Kummer, die die Post täglich in Form von Briefen, Mahnungen, Postanweisungen und Päckchen in viele Häuser trägt, zu befördern. Zweimal am Tage wird von jeder Poststelle die Post ab- und angefahren.

Dann untersteht der Kraftpoststelle auch noch die Kraftgüterpost nach Köln, die jeden Abend auf der Landstraße nach Köln braust. Ein schwerer Triebwagen mit Anhänger befördert die Pakete aus Düren, die über Köln-Deutz in alle Teile Deutschland und der Welt versandt werden. Auf der Rückfahrt nimmt der Wagen gleich die Dürener Paketpost mit. Zur Beruhigung für ängstliche Fahrgäste: die Fahrer im Personenverkehr sollen grundsätzlich nicht mehr als 48 Stunden in der Woche arbeiten! Unfälle infolge Übermüdung kennt die Kraftpost nicht.

Anknüpfend an die alte Tradition der munter traben den Rosse, des lustig schmetternden Hornes wird auch in Düren dieses älteste Verkehrsunternehmen der Straße – die Bundesbahn kennt erst seit 1945 einen eigenen Busverkehr – sein Netz ständig erweitern und stets im Dienste des Fortschritts, der Bequemlichkeit, des schnellen von-Ort-zu-Ort stehen. Die Menschenmengen, die in den Verkehrsspitzenzeiten in die Gutenbergstraße die Eingänge der „Krauß-Maffeis“ oder „Mercedes“ stürmen – und dem Berliner das anerkennend staunende „nee“ entlockten -, beweisen, dass auch heute noch der Verkehr – vor allem in die Eifelorte – im Zeichen des Motors und – nicht zuletzt – des Posthorns steht, auch wenn es nur noch als stolzes Erinnerungsstück auf die Wagenwand gemalt ist.












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Josef Rubel, Merzenich-Golzheim, Edition, Selbstverlag.
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